Checkliste für angehende Gründer
Krankenversicherung, Gründungszuschuss, Kundenakquise: Wer aus der Festanstellung in die Selbstständigkeit wechselt, muss viele Dinge angehen.
„Ich schmeiß hin und mach mich selbstständig.“Gedacht haben das viele Berufstätige schonmal. Die Zahl derer, die tatsächlich den Sprung ins Selbstständigen- oder Freiberuflerdasein wagen, ist aber deutlich kleiner. Wer sich vorher mit den folgenden sieben Fragen auseinandersetzt, hat aber eine gute Grundlage für das Abenteuer Gründung: Will ich das wirklich? Im Zorn kündigen und als eigener Chef neu anfangen: Das klingt verlockend, ist aber genau falsch. „Die Gründung sollte immer positiv motiviert sein“, sagt die Hamburger Karriereberaterin Svenja Hofert. Am besten gelingt der Start in die Freiheit, wenn es nicht Knall auf Fall geht, sondern schrittweise – mit etwas Freiberuflichkeit nebenher zum Beispiel, die man dann langsam ausweitet. Habe ich genug Zeit? Wichtige Frage. Denn es gibt einiges an Formularen auszufüllen, zu regeln, zu organisieren und zu beantragen. Ein Zeitaufwand, den man nicht unterschätzen sollte: „Das meiste davon sollte man vor der Gründung erledigen“, sagt Andreas Lutz, Vorsitzender beim Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD). „Ein Monat ist vermutlich zu knapp, zwei bis drei braucht man dafür in der Regel schon.“ Was will ich machen? Die Antwort auf diese Frage bestimmt, wie schwer die Gründung fällt. Eher leicht haben es etwa IT-Fachkräfte, die in die selbstständige Projektarbeit wechseln. „Die sind oft schnell zu 80 oder 100 Prozent ausgelastet“, sagt Hofert. Zu- (bü) Kündigung Einem Arbeitnehmer, der auf der auf Facebook in zahllosen Wort- und Bildbeiträgen seinem Hass gegen Ausländern freien Lauf lässt, kann fristlos gekündigt werden. Noch dazu, wenn er den Namen seines Arbeitgebers mit ins Spiel bringt. In dem konkreten Fall hatte der Beschuldigte behauptet, sein Facebook-Account sei durch Dritte geknackt worden. Vor Gericht kam er damit nicht durch. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso ihm „ein angebliches Hacking seines Accounts nicht aufgefallen“sei, urteilten die Richter. (ArG Gelsenkirchen, 5 Ca 1444/15) Arbeitszeit Gehört das Umziehen zur bezahlten Arbeitszeit oder nicht? Das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz hat eine Grundsatzentscheidung gefällt. „Eine Umkleidezeit zählt – vorbehaltlich einer abweichenden tariflichen Regelung – dann zur vergütungspflichtigen Arbeitszeit, wenn der Arbeitgeber das Tragen einer bestimmten Arbeitskleidung vorschreibt und das Umkleiden im Betrieb vorgenommen wird.“Dürfe der Mitarbeiter hingegen die Dienstkleidung bereits zu Hause anlegen beziehungsweise erst dort ablegen, so sei grundsätzlich nicht von einer „Fremdnützigkeit des Umkleidens“auszuge- dem ersparen sie sich kleinteilige Rechnungen und mühsame Kundenakquise. Bei den verkammerten Berufen – Architekten oder Anwälten etwa – ist der Start komplizierter. „Da gibt es aber immerhin Vorgaben zu den Honoraren, die Branchen haben relativ feste Strukturen.“Andere Freiberufler haben diesen Luxus nicht – und damit oft die anspruchsvollste Gründung vor sich. Habe ich einen Plan? Die Antwort auf diese Frage sollte „Ja“sein, denn ohne geht es nicht. Einen Businessplan hen. (LAG Rheinland-Pfalz, 7 Sa 513/15) Elternzeit Geht eine Arbeitnehmerin (hier eine Ärztin) nach der Geburt ihres Kindes in Elternzeit und nimmt in dieser Zeit eine befristete Teilzeitbeschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber an, so gilt für dieses Arbeitsverhältnis nicht der bei Elternzeit übliche Kündigungsschutz, da die Babypause nur mit der Tätigkeit beim Hauptarbeitgeber zusammenhängt. (Bundesarbeitsgericht, 2 AZR 596/04) Mindestgröße Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat entschieden, dass eine junge Frau nicht wegen ihrer Körpergröße von der Bewerbung zur Polizistin ausgeschlossen werden darf. Diese Mindestkörpergröße (es ging um das Mindestmaß von 1,63 Meter für Frauen in NRW) widerspreche der im Grundgesetz verankerten „Bestenauslese“, nach der der Zugang zum Beamtenverhältnis nur von Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung abhängig gemacht werden dürfe. Ein Erlass des Innenministeriums reiche nicht aus, um die Frau vom weiteren Auswahlverfahren für die Einstellung in den gehobenen Polizeivollzugsdienst auszuschließen. (VwG Düsseldorf, 2 K 7427/17) zu schreiben ist das A und O der Gründung, sagt Lutz: „Und zwar wirklich zu schreiben, nicht bloß zu kopieren.“Für viele Gründungen gibt es im Netz zwar Vorlagen. Wer die blind übernimmt, setzt sich mit den wichtigen Fragen, die ein solcher Plan enthält, aber gar nicht auseinander. Woher kommen meine Kunden? Das hängt stark von der Jobsituation vor dem Start in die Selbstständigkeit ab. „Da sollte man vorher sehr gründlich drüber nachdenken, wie man vorgeht und welche Kontakte oder Netzwerke man schon hat“, sagt Lutz. Ansonsten ist das Klappern in eigener Sache ein wichtiger Bestandteil der Gründung – also Networking, Kundenakquise und der Aufbau professioneller Aushängeschilder: eine Webseite zum Beispiel, anständige SocialMedia-Profile und Visitenkarten. In was will ich investieren? Die meisten Gründer werden gerade am Anfang jeden Euro zweimal umdrehen. Der Impuls ist nachvollziehbar, aber nicht unbedingt richtig. „Natürlich brauche ich nicht gleich teure Büroräume“, sagt Lutz. „Aber ein CoworkingPlatz statt des Home Office kann die paar 100 Euro schon wert sein.“Auch ein Steuerberater oder ein Buchhaltungsbüro lohnt sich oft schon von Anfang an – weil es Zeit schafft für die eigentliche Arbeit. Wovon will ich leben? Auch wer nichts oder wenig investiert, braucht für den Start Geld – allein schon, um die Miete und den Lebensunterhalt zu bezahlen. Hinzu kom- men weitere Kosten, etwa für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung. Und die sind oft happig: „Unter 400 Euro pro Monat geht es meistens nicht“, sagt Lutz. Wer unterstützt mich? Zur Überbrückung der schwierigen Gründungsphase gibt es verschiedene Fördermaßnahmen, den Gründerkredit StartGeld der KfW-Förderbank etwa, allen voran aber den Gründungszuschuss der Bundesagentur für Arbeit. Anspruch darauf haben laut
Recht & Arbeit Zur Überbrückung der schwierigen Gründungsphase gibt es verschiedene Fördermaßnahmen
Agentur alle Gründer, die aus der Arbeitslosigkeit – auch wenn sie nur ein paar Wochen dauert – in eine selbstständige Tätigkeit wechseln. Daran zu kommen, kann aber knifflig sein. „Die Erfahrung zeigt, dass viele den Zuschuss eben doch bekommen, wenn sie den Antrag richtig stellen“, sagt Lutz. Wer beantwortet meine Fragen? Nicht nur für den Antrag auf Gründungszuschuss lohnt sich der Besuch bei einem Gründungsberater: Denn er kennt vielleicht auch noch andere Fördermaßnahmen, er prüft den Businessplan auf Herz und Nieren und weiß um sonstige Fallstricke. Einen Überblick über existierende Angebote gibt es unter www.existenzgruender.de beim Bundeswirtschaftsministerium. Darüber hinaus rät Lutz, andere Selbstständige aus der gleichen Sparte zu befragen – selbst wenn das eigentlich Konkurrenten sind.