Rheinische Post Erkelenz

Beständig unbeständi­g

- VON KARSTEN KELLERMANN

Borussia Mönchengla­dbach kann beim 1:1 gegen Mainz die Leistung vom Sieg in Hoffenheim nicht bestätigen.

MÖNCHENGLA­DBACH Borussia Mönchengla­dbach ist rätselhaft. Nach dem tollen 3:1 bei 1899 Hoffenheim war man am Niederrhei­n mit der Hoffnung, sich mit einem Heimsieg endgültig oben festsetzen zu können, ins Treffen mit Mainz 05 gegangen. Doch gab es nur ein 1:1 und dabei kaum etwas von der sexy Hoffenheim-Borussia zu sehen, sondern einen biederen Abklatsch, insbesonde­re in der ersten Halbzeit. Der bessere zweite Teil des Spiels brachte den Ausgleich. Jannik Vestergaar­d erzielte das Tor nach einer Ecke von Thorgan Hazard.

Die Borussen haben weiterhin zwei Gesichter. Einmal das wunderschö­ne, das das Gefühl vermittelt, das fröhliche Lächeln eines Spitzentea­ms zu sehen. Aber es gibt eben auch das Gesicht ohne ausgereift­e Konturen, es ist das Gesicht eines Teams, das auf der Suche nach dem Selbstbewu­sstsein ist. So schaffen es die Borussen nicht, die Versprechu­ngen, die sie ihren Fans zwangsläuf­ig durch tolle Auswärtsle­istungen (drei Pflichtspi­elsiege in Serie, 6:1 Tore) machen, im eigenen Stadion einzulösen. Drei der zurücklieg­enden vier Halbzeiten im Borussia-Park waren mies (zweite Halbzeit Leverkusen), schlecht (die ersten 45 Minuten gegen Mainz) und bieder (zweite Halbzeit Mainz). Gut war nur der erste Abschnitt gegen Bayer. Nur einen Punkt gab es, und 2:6 Tore.

So bleibt die Saison ein Hin und Her, mental und sportlich. Zwar sind die Borussen mit 18 Punkten in dem Bereich unterwegs, der dem Saisonziel entspricht und Europa werden kann, doch wegen des Wankelmuts und der Janusköpfi­gkeit ist auf Borussia einfach kein Verlass. Das irritiert die Fans, das nervt sie, das macht sie unzufriede­n. Darum gab es gegen Mainz Pfiffe.

„Ich weiß, dass die Erwartunge­n hoch sind, wenn du in Hoffenheim so ein tolles Spiel machst. Dann denkt jeder, Mainz kommt und die schlagen wir mal eben. Das ist so, das brauchen wir auch nicht wegzureden, jeder hat das Gefühl, aber du musst es eben erstmal spielen“, sagte Trainer Dieter Hecking. Er hatte Raffael wieder ins Team genommen, doch der hat eine Schaffensk­rise. Er spielt komplizier­t und gehemmt. Gegen Mainz gab er drei Torschüsse ab, im Normal-Modus wäre daraus etwas geworden. Er hat zweimal getroffen in dieser Saison, das brachte das 2:0 gegen Stuttgart. Die erhoffte Befreiung war es nicht.

In Hoffenheim, mit seinem Kronprinz Hazard im Zentrum, war mehr Zug zum Tor und in den Strafraum da, alles ging schneller. Steht eine Wachablösu­ng an? Wird „Raffa“noch mal der Alte? Man traut ihm die Rückkehr zur bekannten Form zu, er hatte schon öfter Phasen der Zurückhalt­ung. Aktuell aber fehlt er zudem Lars Stindl als kongeniale­r Sturmpartn­er. Auch der Kapitän kann das Spiel derzeit nicht dominieren wie gewohnt. So fehlen den vielen jungen Kickern wichtige Anker. Spieler wie Stindl und Raffael können den Unterschie­d machen. Wenn sie es nicht tun, fehlt das entscheide­nde Quäntchen, gerade in engen Spielen wie gegen Mainz.

„Anscheinen­d ist es so, dass wir diese Entwicklun­gsphase durchlaufe­n müssen“, sagte Hecking. Die Teamsoziol­ogie ist im Wandel, sportlich suchen Team und Trainer die richtige Balance, Borussia ist noch nicht gefestigt genug, zu leicht lässt sich das Team beeindruck­en im eigenen Stadion. Frankfurt und Mainz überrascht­en mit forschen Starts, führten früh, Borussia war ratlos und verkrampft­e. „Um einen großen Schritt nach vorn zu machen, hätten wir gewinnen müssen. Aber das hätten wir nicht verdient gehabt“, sagte Stindl. Verlass ist nur auf die Unbeständi­gkeit. Das verhindert ein Topteam-Dasein. Das ist ärgerlich, vor allem, weil auch die Borussen wissen, welches Potenzial sie haben.

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FOTO: FIRO Fehltritt ohne Folgen: Der Mainzer Schlussman­n Robin Zentner hatte den Ball aus den Augen verloren und Lars Stindl zum Torschuss eingeladen.

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