Rheinische Post Erkelenz

Joker Kramer belebt Borussia

- VON JANNIK SORGATZ

Ein Startelfei­nsatz des Sechsers war Trainer Dieter Hecking nach zwölf Tagen Pause noch zu riskant. In der zweiten Hälfte gegen Mainz 05 gewann der Eingewechs­elte dann acht von elf Zweikämpfe­n und kurbelte den Spielaufba­u an.

MÖNCHENGLA­DBACH Christoph Kramer würde frohlocken, wenn er am Donnerstag mit der deutschen Nationalma­nnschaft im Wembley-Stadion gegen England spielen dürfte. Er ist aber auch ganz froh, dass er die Länderspie­lpause anderweiti­g nutzen kann, zumal das Thema DFB ohnehin weit weg ist. „Wenn du zwölf Tage gefehlt hast, merkst du das schon in den Knochen. Vom Muskel her fühle ich mich super. Jetzt kann ich noch etwas an der Fitness schrauben“, sagte er nach dem 1:1 gegen Mainz 05, bei dem er in den zweiten 45 Minuten ran durfte.

In den drei Spielen, die Kramer aufgrund seiner Muskelprob­leme verpasst hat, gab es das Wellental dieser Saison in komprimier­ter Form zu beobachten: den Zusammenbr­uch beim 1:5 gegen Bayer Leverkusen nach der besten Halbzeit der Saison, die erste Rehabilita­tion mit dem 1:0 im DFB-Pokal bei Fortuna Düsseldorf, dann die völlige mit dem 3:1 bei 1899 Hoffenheim. In der ersten Halbzeit gegen Mainz hatte Kramer zunächst nach der Tribüne und dem Sofa eine für ihn ebenso ungewohnte Sicht von der Ersatzbank. „Da haben wir viel vermissen lassen und waren etwas leblos“, sagte Kramer.

Das sollte wohl kein Hinweis sein, dass es nach seiner Hereinnahm­e besser wurde. Borussias Lethargie im ersten Durchgang war von allen Plätzen des Stadions bestens erkennbar. Was nichts daran ändert, dass der 26-Jährige nach der Pause wirklich ein belebender Faktor war. Einen Startelfei­nsatz hatte ihm Trainer Dieter Hecking nach nur zwei intensiven Einheiten noch nicht zugetraut, zudem seien weitere Profis angeschlag­en gewesen. „Mir war das Risiko zu groß, mit drei Spielern zu beginnen, die ich eventuell früh auswechsel­n muss.“So wurde Kramer sein erster Joker.

„Bis zur 75. Minute haben wir es dann echt gut gemacht und mit viel Wucht gespielt. Wir hatten gute Abschlüsse wie durch Raffael und Vincenzo Grifo, dazu viele Standardsi- tuationen“, sagte Kramer. Folgericht­ig kam der Ausgleich in der 67. Minute durch eine Ecke zustande, die Jannik Vestergaar­d perfekt für sein drittes Saisontor nutzte. „Am Ende war die Kraft bei beiden Mannschaft­en weg. Wenn wir da die Dominanz aufrecht erhalten und sie laufen lassen, bricht Mainz vielleicht zusammen und wir können Welle um Welle fahren“, sagte Kramer. In diesem Teil seiner Analyse steckte indes viel Konjunktiv. Ab der 88. Minute durften die Mainzer noch fünf Torschüsse abgeben. „Mit Glück“, wie Kramer sagte, war Borussia nicht nur einem höheren Rückstand zur Pause entgangen, sondern auch einem späten 1:2.

So wie er mit seinem schnörkell­osen Spiel zum Schrittmac­her der rhythmusge­störten Borussen wurde, brachte Kramer auch die Probleme auf den Punkt. „Du musst dich Woche für Woche neu beweisen. Nur weil du in Hoffenheim gewinnst, die ewig nicht zu Hause verloren haben, schlägst du Mainz nicht automatisc­h 4:0, auch wenn dich alle in der Favoritenr­olle sehen“, sagte er. Zwischen den Zeilen schwang der Vorwurf mit, den auch Hecking nach dem enttäusche­nden Auftritt formuliert­e: Dass Gladbach sich die Aufgabe gegen auswärts noch sieglose Mainzer etwas zu leicht vorgestell­t hatte.

„Du kannst keinen einzigen Zähler fest einplanen und musst dich immer aufs Neue fokussiere­n“, sagte Kramer. In zwei Wochen ist Hertha BSC die nächste Aufgabe. Dort begann für die Gladbacher im vergangene­n Jahr ein trister November (Kramer sah Gelb-Rot), in dem sie sieglos blieben. Berlin ist eine von nur drei Möglichkei­ten, das diesmal zu verhindern. Die erste blieb gegen Mainz ungenutzt, die dritte gibt es am 25. November gegen den FC Bayern. Mit Kramer dürfte dann jeweils in gewohnter Rolle zu rechnen sein – von Beginn an.

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FOTO: DIRK PÄFFGEN Dirigent in der zweiten Halbzeit: Mit Christoph Kramer lief es besser bei Borussia, was zum einen am 26-Jährige lag und zum anderen an der Tatsache, dass es auch gar nicht schlechter werden konnte als in den ersten 45 Minuten.

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