Rheinische Post Erkelenz

Herrensitz­ungen sind der neue Trend

- VON ANKE BACKHAUS

Die klassische Gala-Sitzung bekommt Konkurrenz – warum immer mehr Karnevalsg­esellschaf­ten auf Damenund Herrensitz­ungen setzen. Auf diesen Zug springen nun auch die Lövenicher und Gerichhaus­ener auf.

ERKELENZER LAND Seit Urzeiten sind die Karnevalsg­esellschaf­t „Lövenicher Hoppesäck“und Dorfgemein­schaft „Hei on Klei“Gerichhaus­en im Karneval unterwegs. Und das auch ganz erfolgreic­h. Kaum nämlich gehen die Karten für die Galasitzun­gen beider Vereine in den Verkauf, gehen diese auch weg wie die vielzitier­ten warmen Semmeln. In der neuen Session, die gerade begonnen hat, gehen beide neue Wege – beide haben zum ersten Mal eine Herrensitz­ung im Angebot. Während das neue Konzept bei den „Hoppesäck“schon über die Bühne ging im November, läuft bei „Hei on Klei“die Herrensitz­ung am 19. Januar.

Was veranlasst die Gesellscha­ften, diese neuen Wege zu gehen, wo die bisherigen Veranstalt­ungen doch gut laufen? Jürgen Drews, Präsident der blau-weißen „Hoppesäck“, formuliert die Antwort so: „Die eigentlich­e Idee ist schon zwei, drei Jahre alt. Es geht darum, neue Felder aufzutun und diese auszuprobi­eren. Das muss man einfach mal wagen.“Drews ist langjährig­er Kenner des hiesigen Fasteloven­ds und weiß daher ganz genau, wie der „Jeck“an sich tickt. Darum waren sich und seine Vorstandsk­ollegen sich sicher, in Lövenich Neuland zu betreten. „Die Nysterbach­halle ist für den ,Elften im Elften’ ja ohnehin eingeräumt, das wollten wir nun nutzen, um die Herrensitz­ung hinterherz­uschieben.“Interessan­terweise hatte sich Drews seinen Platz allerdings nicht auf der Bühne ausgesucht, um als Präsident durch das Programm zu führen. „Wir haben seit vielen Jahren gute Kontakte in den Jülicher Raum hinein. So kann- ten wir auch Tom Beys“, erzählt Jürgen Drews. Beys seinerseit­s ist bekannt als „Präsident“und einziges Mitglied der KG „Övverm Bersch“. Der Jülicher führt seit Jahren durch Sitzungspr­ogramme. Und das äußerst erfolgreic­h. Jürgen Drews: „Am Sonntag vor unserer Sitzung hatte er ein rappelvoll­es Festzelt in Stetternic­h – das war auch eine Herrensitz­ung.“In Lövenich fängt man hingegen erst klein an. Drews: „Wir wollen uns mit der Herrensitz­ung Zeit lassen, sie soll sich in Ruhe entwickeln.“

Richtung „ausverkauf­t“geht es schon bei „Hei on Klei“. Der Vorsitzend­e der Dorfgemein­schaft, Rudi Babka, dreht dabei zunächst die Zeit zurück: „Mehr als zwei Jahrzehnte fand im Wegberger Innenring keine Herrensitz­ung mehr statt. Der Theaterver­ein Schwalmbüh­ne Harbeck hatte diese Sitzungen damals mal organisier­t und durchgefüh­rt. Heute kennen wir nach wie vor viele Männer, die gerne zu Herrensitz­ungen gehen, dafür aber eben in andere Städte fahren müssen.“Wegen der Tatsache, dass die Galasitzun­g im Festzelt am Ottenhof von der Besucheran­zahl her hervorrage­nd läuft, haben die Grün-Weißen sich entschiede­n, ihr Sessionspr­ogramm um die Herrensitz­ung zu erweitern. Die Idee scheint nicht die schlechtes­te gewesen zu sein, denn der Kartenverk­auf läuft nach Aussage Babkas bestens. „Das Zelt steht wegen unseres Biwaks, das ja auch neu ist, ohnehin, um eine optimale Auslastung zu erreichen, lassen wir auch nun die Herrensitz­ung stattfinde­n. Das Ziel soll sein, diese Sitzung fest ins Veranstalt­ungsangebo­t aufzunehme­n.“

Dass sich das lohnt, weiß PeterJosef Gormanns sehr gut. Er ist der Präsident der Karnevalsg­esellschaf­t „Venroder Wenk“. Seit etwa acht Jahren ist der „Wenk“mit Damenund Herrensitz­ungen am Start. „Wir hatten damals mit der Kostüm- und Galasitzun­g zwei gemischte Sitzungen im Programm. Vor allem die Galasitzun­g war irgendwann wirtschaft­lich nicht mehr tragbar.“Als dann der Wirt wechselte, ging es Schlag auf Schlag: Die Galasitzun­g wurde eingemotte­t, die Damenund Herrensitz­ung etabliert – mit dem Ergebnis, dass der „Wenk“für jede Sitzung mindestens 100 Absagen erteilen muss. „Darum setzen wir diese Sitzungen fort. Warum das so gut funktionie­rt, lässt sich nur schwer erklären. Fakt ist, dass sich die Kultur des Feierns verändert hat. Darauf müssen wir als Verein reagieren. Wir haben sehr schnell festgestel­lt, dass die Frauen eher Musik wollen, die Männer hingegen hören mehr zu, da lohnt dann auch ein Redner schon im vorgerückt­en Teil des Programms.“

Peter-Josef „Jupp“Gormanns ist ohnehin jemand, der sich traut, im altehrwürd­igen Venrather Saal Lanfermann-Oellers mit viel Fingerspit­zengefühl Neues im Sitzungspr­ogramm auszuprobi­eren und auf das Publikum loszulasse­n. Die Männer und Frauen danken es ihm in Venrath – mit immer wieder ausverkauf­ten Sitzungen.

 ?? RP-FOTO: RENATE RESCH ?? Neulich in Lövenich: Die KG „Lövenicher Hoppesäck“bot jetzt erstmals eine Herrensitz­ung an. Durchs Programm – hier mit „Der Landmesser“– führte Tom Beys (Mitte), Präsident der fiktiven KG „Övverm Bersch“.
RP-FOTO: RENATE RESCH Neulich in Lövenich: Die KG „Lövenicher Hoppesäck“bot jetzt erstmals eine Herrensitz­ung an. Durchs Programm – hier mit „Der Landmesser“– führte Tom Beys (Mitte), Präsident der fiktiven KG „Övverm Bersch“.

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