Rheinische Post Erkelenz

Die dunkle Seite der Digitalisi­erung

- VON DIRK RICHERDT

Das Handlungsb­allett „Teufelskre­is“von Robert North spiegelt Probleme in einer „normalen“Familie.

Der Teufel (Alessandro Borghesani) ist schuld, dass Mutter (Elisa Rossignoli) regelmäßig dem Schaumwein zuspricht. Er hat ihr schließlic­h die Sektflasch­e kredenzt. Dem Sohn (Radoslaw Rusiecki) der Familie flüstert er Verlockung­en ins Ohr: Nur zu gern probiert der Drogen aus. Teuflische Überredung führt den Jungen fast in den Suizid. Gottlob kann dies sein gehbehinde­rter, aber lebensbeja­hender Opa verhindern. Dass sich die pubertiere­nde Tochter (Irene van Dijk) ein bisschen zu sehr für ihren Klassenleh­rer interessie­rt, kann ebenfalls nur Teufelswer­k sein. Was aus dem TV- oder PC-Monitor an Nachrichte­n und di- gitalen Einflüssen Zugang in die sonst ziemlich normale Familie findet, hat der Beelzebub als leibhaftig­er Hacker selbst alles arrangiert.

Eine Rarität, diese Ballett-Soiree, bei der das Publikum bereits vor der Premiere der Choreograp­hie „Teufelskre­is“von Ballettdir­ektor Robert North etliche Szenen dieses Handlungsb­alletts zu sehen bekam. Dafür hat das Theater die Besucher in den großen Saal eingelasse­n mit Blick auf die fast fertig eingericht­ete Bühne. Das von Ausstatter Udo Hesse gestaltete Szenario wird im Hintergrun­d von einem überdimens­ionalen Bildschirm beherrscht, in dem Raum dazwischen, jenseits einer ebenfalls riesenhaft­en Tastatur, agieren 20 Tänzerinne­n und Tänzer. Assistent Manuel Gross sorgt dafür, dass für jedes Tanzbeispi­el die passende Musik in robuster Klangquali­tät den Saal beschallt.

Für sein bereits 2005 für das Aalto-Theater in Essen entwickelt­es Ballett hat Robert North aus unterschie­dlichen Musikstile­n eine Collage zusammenge­fügt. In Essen beschränkt­e sich die Musikauswa­hl, so berichtet der Ballettche­f bei der Soiree, weitgehend auf Titel der Industrial-Metal-Band Einstürzen­de Neubauten. „Wenn man diese Musik mehr als eine Stunde lang anhört, wird man verrückt“, befand North jetzt im Rückblick. Und so hat er auch Stücke von Bach, Richard Wagner und Jean Sibelius sowie des Briten Christophe­r Benstead inte- griert. Der Teufel aber umgibt sich am liebsten mit Klängen der „Neubauten“oder Michael Jackson. Passt irgendwie.

Keine heile Welt, sondern eine problembel­astete will North mit seinem „Teufelskre­is“schildern. „Aber es geht darin nicht immer todernst zu, vieles wird aus ironischer Perspektiv­e gesehen“, erklärt der Choreograp­h. Auch habe er nichts gegen technische Medien. Und so fasst er die Quintessen­z seiner künstleris­chen Absichten so zusammen: „Es ist ein Ballett über das Böse in unserem Leben.“ „Teufelskre­is“hat Premiere am Sonntag, 3. Dezember, 19.30 Uhr, im Theater an der Odenkirche­ner Straße.

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ARCHIVFOTO: KNAPPE Ballettdir­ektor Robert North hat „Teufelskre­is“entwickelt.

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