Das lange Warten auf die Nummer sechs
Nach drei Jahren ist Christoph Kramer wieder ein Tor gelungen. Gegen Schalke unterstrich er seinen Wert für Borussia.
Christoph Kramer schleppte sich an die Seitenlinie, vor zwei Wochen war er noch geschleppt worden, nicht nur das war also eine gute Nachricht. Zwar konnte er wieder nicht durchspielen, doch Kramers Einsatz gegen den FC Schalke dauerte immerhin 79 Minuten, nachdem gegen den FC Bayern nach der üblen Kollision mit Jannik Vestergaards Schulter bereits in der elften Minute Schluss gewesen war.
Doch die wichtigste Szene seines Arbeitstages gegen Schalke hatte sich in der 23. Minute ereignet: Ecke Thorgan Hazard, Matthias Ginter verlängerte auf den zweiten Pfosten, wo Christoph Kramer den Ball mit einem langen Bein über die Linie spitzelte. Sein Gegenspieler Breel Embolo hatte reglos wie eine Telefonzelle herumgestanden. Fast drei Jahre musste Kramer auf diesen Moment warten. „Ein ungewohnt gutes Gefühl“, sagte er nach seinem ersten Tor seit dem 17. Dezember 2014, erzielt bei einem 4:1 gegen Werder Bremen.
Zehn Tage pausierte Kramer zuletzt, um eine Schädelprellung richtig auszukurieren. Nun schmerzten in der Schlussphase die Beine. „Beide Waden haben zugemacht. Der Rasen war neu verlegt und sehr tief. Wenn man eine Woche nichts gemacht hat, merkt man das schon“, sagte Kramer und schob hinterher: „Aber für Freiburg bin ich bereit.“
Der 26-Jährige führt in dieser Saison eine On-off-Beziehung mit seiner Fitness. Im September schleppte sich Kramer mit einer Maske durch zwei Spiele, weil er einen Nasenbeinbruch erlitten hatte. Im Oktober verpasste er drei Pflichtspiele aufgrund muskulärer Probleme und pumpte beim 1:1 gegen den FSV Mainz bereits 30 Minuten nach seiner Einwechslung. Schon da unterstrich er aber seinen Wert und half, den Ausgleich zu erzwingen. Im November folgte der Knockout gegen die Bayern, weshalb sich Kramer im Dezember nun Richtung Winterpause schleppt. Doch drei Spiele – zwei in der Bundesliga, eins im DFB-Pokal – und bis zu 300 Minuten liegen vor ihm und Borussia.
Dass sein Tor nicht zum Sieg reichte, fand Kramer „schade“. „Man kann gar nicht so richtig sagen, woran es lag, dass wir nicht gewonnen haben. Ein bisschen symbolisch dafür ist das Eigentor, finde ich“, sagte er. Jannik Vestergaard hatte in der 62. Minute ins eigene Tor getroffen. „Sicherlich hatten wir nach der Pause nicht mehr die ganz große Dominanz und standen etwas zu tief, trotzdem haben wir die Schalker im Zaum gehalten.“Borussia wiederum habe die eine oder andere Kontersituation nicht gut optimal ausgespielt, was sich – offensiv ging bei ihm eben überraschend viel – auch Kramer ankreiden lassen musste. Nach einer technisch feinen Aktion hätte er abziehen kön- nen. „Da hätte ich ihm einen linken Fuß gewünscht, als er frei am Sechzehner stand“, sagte Manager Eberl.
Doch besonders kritisch gingen weder er noch Trainer Dieter Hecking mit dem Schrittmacher des Gladbacher Mittelfeldes um. „Chris ist ein unfassbar wichtiger Spieler. Ich freue mich, dass er für seine Präsenz und Aktivität mit dem Tor belohnt wurde“, sagte Eberl. Auf ähnliche Weise lobte Hecking den Sechser: „Man hat gesehen, wie wichtig Chris für uns ist. Jetzt ist es wichtig, dass er schnell regeneriert“, sagte der 53-Jährige. „Unsere Personallage ist nicht so rosig, dass ich in einem der beiden Spiele auf ihn verzichten könnte.“
Tore und Vorlagen – oder im Fall von Yann Sommer Paraden – sind hilfreich, um bei der Wahl zum „Spieler des Spiels“für sich zu werben. Starke Laufwerte, eine gute Zweikampfbilanz und munteres Dirigieren im Spielaufbau überzeugen die Fans selten. Für sein Tor und seine Leistung gegen Schalke wurde Kramer nun mit der Auszeichnung belohnt. Wer weiß, wie lange die Nummer sechs auf Bundesligator Nummer sieben warten muss.