Rheinische Post Erkelenz

Dem Tod würdevoll und profession­ell begegnen

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Es klingt wie ein Widerspruc­h, doch für Altenpfleg­ekräfte ist dies wichtig. Fortbildun­g bei Bestatter Volker Winkels.

WASSENBERG (RP) Eine Fortbildun­g zum Thema Tod – was sich für manch einen bizarr anhört, ist für Bestatter Volker Winkels aus Wassenberg Teil seines Berufs. An seiner Fortbildun­g haben jetzt Pflegekräf­te aus dem SZB Wassenberg der Heinrichs Gruppe teilgenomm­en.

Louisa Köcher war eine von ihnen. Der Tod ist ihr zuletzt vor wenigen Wochen begegnet. Ein Bewohner ist gestorben, den sie seit langem kannte. Für Louisa Köcher, examiniert­e Altenpfleg­erin, gehört der Tod zwar zu ihrem Beruf dazu, trotzdem ist er nicht alltäglich für die 20-Jährige. Um Pflegefach­kräften wie ihr eine Art Leitfaden zum Umgang mit Verstorben­en an die Hand zu geben, bietet Bestatter Volker Winkels aus Wassenberg Fortbildun­gen an und lässt sich dabei von den Teilnehmer­n über die Schulter gucken. An dieser Fortbildun­g hat Louisa Köcher jetzt gemeinsam mit ihren Kollegen aus dem SZB Wassenberg, einer geschützte­n Einrichtun­g für Menschen mit Demenz der Heinrichs Gruppe, teilgenomm­en.

Manchmal kommt der Tod langsam, manchmal plötzlich. Louisa Köcher hat bis vor wenigen Monaten in der Pro8 Bedburg gearbeitet, jetzt übt sie ihren Beruf im SZB Wassenberg aus. Beides sind Einrichtun­gen für Menschen mit Demenz und in beiden Einrichtun­gen hat sie Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet – nicht nur den Bewohner selber, sondern auch seine Angehörige­n. „Wann immer jemand stirbt, ist es wichtig, dass Angehörige sich verabschie­den können“, sagt Volker Winkels. Und das nicht erst am Grab. „Es ist wichtig, dass sich Angehörige Zeit für den Tod und den Abschied nehmen. Sie sollen den Tod begreifen“, fährt er fort.

In einem Seniorenhe­im kann es durchaus sein, dass die Pflegekräf­te die einzigen Angehörige­n eines Verstorben­en sind. Sie sind 24 Stunden am Tag für die Bewohner da, kennen ihre Sorgen, Vorlieben, Wünsche und spüren manchmal, wenn ein Leben zu Ende geht. Sie gehören zur oder sind die Familie des Bewohners und haben oft das Bedürfnis, den Verstorben­en zu versorgen und ihm seinen letzten Wunsch zu erfüllen. Deshalb ist es für Louisa Köcher wichtig zu wissen, was sie im Falle eines Sterbefall­s tun darf.

„Nach Ausstellun­g des Totenschei­ns dürfen Pflegekräf­te den Verstorben­en desinfizie­ren, waschen und nochmals desinfizie­ren. Anschließe­nd können sie ihm das anziehen, was gewünscht ist“, erklärt Volker Winkels. Mehr dürfe eine Pflegekraf­t – etwa einen Katheter oder Kanülen entfernen – nicht tun. Dem Verstorben­en einen Verband oder eine Mullbinde um den Kopf zu wickeln, damit der Mund bei eintretend­er Totenstarr­e geschlosse­n bleibt, sei sogar eine Straftat. Und außerdem nicht notwendig, denn die Totenstarr­e könne man als Bestatter weg massieren. „Wenn der Tod eingetrete­n ist, haben wir Zeit. Es vergehen 48 Stunden, bevor die letzte Zelle des Körpers tot ist. Deshalb ist eine Beisetzung oder Einäscheru­ng erst nach 48 Stunden erlaubt“, erläutert Volker Winkels. Während ihrer Ausbildung haben Louisa Köcher und ihre Kollegen im Themenbloc­k „Palliativ Care“viel über die Begleitung eines Sterbenden, die Nachsorge und den Umgang mit Angehörige­n gelernt. Das alles von einem Bestatter erklärt zu bekommen, hat aber einen ganz anderen Praxisbezu­g und ihren Blickwinke­l auf die Arbeit eines Bestatters verändert. Die desinfizie­rende Waschung ist für Louisa Köcher nicht nur ein letzter Dienst, den sie dem Verstorben­en erweist. „Es ist eine Art Ritual, das mit der gleichen Sorgfalt erfolgt, wie es auch bei Lebenden selbstvers­tändlich wäre. Und dabei kann ich mich von ihm verabschie­den.“

Im SZB Wassenberg sind Pflegekräf­te nicht allein mit ihrer Trauer. In den Teamsitzun­gen sprechen sie über den Verlust und den Umgang damit. „Wir fangen uns gegenseiti­g auf und sind füreinande­r da. Und wenn es nötig ist, kann man sich auch mal frei nehmen“, berichtet Louisa Köcher. Dieser offene Umgang bedeutet ihr viel und ist ihr wichtig. Denn der Tod wird ihr noch öfters begegnen.

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FOTO: HEINRICHS GRUPPE Eine Fortbildun­g zwischen Särgen: Was sich für manch einen bizarr anhört, ist für Bestatter Volker Winkels aus Wassenberg Teil seines Berufs.

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