Neuanfang für Gladbachs Judo-Frauen
Nach dem Rückzug aus der Bundesliga wird der 1. JC voraussichtlich in der Oberliga starten. Die Top-Athleten bleiben dem Klub zwar erhalten, allerdings nicht mehr in der Mannschaft. Eine Kooperation mit Borussia gibt es im Nachwuchs.
JUDO Um Weihnachten wuchs bei Erik Goertz die Wehmut. Das hatte nichts mit der Jahreszeit zu tun, sondern mit alten Fotos, die sich der Vorsitzende des 1. JC Mönchengladbach ansah. Bilder aus 18 Jahren Bundesliga der Damen-Mannschaft – nun ist die Erstligazugehörigkeit endgültig Geschichte. Nach dem Jahreswechsel setzten sich die Judoka zusammen und fassten anschließend den Entschluss, nach den Herren 2017 aus der Zweiten nun auch die Damen aus der Ersten Liga abzumelden. „Die Kaderdecke ist zu dünn geworden“, begründet Goertz die Entscheidung, die ihm nach fünf Bronzemedaillen bei den Deutschen Meisterschaften (2005, 2011, 2014, 2015, 2016) und dem zweiten Platz bei der Euro-Team-Challenge 2017 sehr schwer fiel. „Das ist mir schon auf den Körper geschlagen“, sagt Goertz.
Ihm sind nach der abgelaufenen Saison zwei Stützen weggebrochen: „Julia Tillmanns geht nach Wiesbaden und macht da eine BeamtenAusbildung. Da war die erste Stütze weg. Und die zweite, Stephanie Manfrahs, lässt ihre tolle Karriere ausklingen und will nicht mehr Erste Liga kämpfen“, berichtet Goertz. Das alleine hätte wohl noch nicht zu einem Rückzug der Damen geführt, aber zudem müssen die Top-Kämpferinnen des 1. JC ihren Fokus in diesem Jahr anders legen: Mira Ulrich (bis 48 Kilogramm), Sheena Zander (-63) und Samira Bouizgarne (+78) werden voraussichtlich für die Nationalmannschaften nominiert werden und so Kampftermine haben, die parallel zu Liga-Wett- kämpfen stattfinden. „Mira ist in ihrer Gewichtsklasse die Nummer zwei in Deutschland, Sheena die Nummer vier – aber die Top drei sind alle verletzt“, erklärt Goertz. „Beide werden wahrscheinlich zum Grand Prix nach China fliegen und würden so Bundesliga-Kämpfe verpassen. Und Samira ist im Schwergewicht die Top-Athletin in Deutschland und wird daher auch viel mit der Nationalmannschaft unterwegs sein. Man muss dann entscheiden zwischen Einzel- und Mannschaftskarriere“, sagt Goertz. Und das im Übrigen neben dem „normalen“Leben: Bouizgarne geht auf ein Sportinternat in Köln, Ulrich studiert noch Jura, Zander ist bei einem Zahnarzt angestellt und hat ihre volle auf eine halbe Stelle reduziert, um in ihrem Sport noch einmal voll angreifen zu können. Immerhin steht dieses Jahr noch die Weltmeisterschaft in Baku (Aserbaidschan) an, 2019 (WM) und 2020 (Olympische Spiele) geht es nach Tokio (Japan). Das sind große Ziele.
So musste der 1. JC auch im Sinne der Athleten die Entscheidung treffen, sich aus der Ersten Liga zurückzuziehen. „Die drei bleiben alle bei uns, aber nicht mehr als Mannschafts-, sondern nur als Einzelkämpfer“, erklärt Goertz und ergänzt: „Wir müssen jetzt die Priorität auf den Einzelsport setzen. Da haben wir mit den drei Mädels und den Männern Marc Odenthal und Marcel Bizon insgesamt vier bis fünf Kandidaten, die es nach Tokio schaffen können. Auch wenn ich am Ende froh bin, wenn es nur einer von ihnen schafft: Das muss man als Verein auch erstmal haben.“Und die Jugendarbeit bleibt ein Aushängeschild: „Unsere U16 war letztes Jahr Dritter in Deutschland. Das ist eine Bomben-Truppe, die jetzt noch zwei Jahre U18 vor sich hat. Die wirft man aber nicht alleine in die Bundesliga. Wir wollen sie nicht verheizen“, sagt Goertz. Diese jungen Kämpferinnen sollen nun die Erste Mannschaft bilden, die voraussichtlich in der Oberliga starten wird. „Da können sie aufsteigen, und dann sind wir in zwei, drei Jahren wieder da“, sagt der erste Vorsitzende. „Die Herren sind ja auch gerade wieder aus der Ober- in die NRW-Liga aufgestiegen. Ein Neuanfang muss also nicht schlecht sein.“
Die Alternative zum BundesligaRückzug wäre gewesen, Kämpferinnen einzukaufen. „Das ist aber nicht das, wofür wir stehen, und dafür haben wir kein Geld“, sagt Goertz, dessen Sponsorensuche oft enttäuschend endete: „Jeder Gladbacher will Borussia sponsern“, sagt er. „Das kann man auch keinem vorwerfen. Keine Stadt definiert sich so sehr über Fußball wie Gladbach.“
Da lag es nahe, dass sich auch der 1. JC mit dem Top-Klub der Stadt beschäftigt – und zu einer Einigung kam: „Wir kooperieren im Nachwuchsbereich“, berichtet Goertz. „Die Torhüter können bei uns FallTraining machen. Die Nachwuchsschule von Ajax Amsterdam macht das schon seit Jahren. Wir wollen mit Borussia noch im Januar in der NRW-Sportschule anfangen.“