Rheinische Post Erkelenz

Neuanfang für Gladbachs Judo-Frauen

- VON GEORG AMEND

Nach dem Rückzug aus der Bundesliga wird der 1. JC voraussich­tlich in der Oberliga starten. Die Top-Athleten bleiben dem Klub zwar erhalten, allerdings nicht mehr in der Mannschaft. Eine Kooperatio­n mit Borussia gibt es im Nachwuchs.

JUDO Um Weihnachte­n wuchs bei Erik Goertz die Wehmut. Das hatte nichts mit der Jahreszeit zu tun, sondern mit alten Fotos, die sich der Vorsitzend­e des 1. JC Mönchengla­dbach ansah. Bilder aus 18 Jahren Bundesliga der Damen-Mannschaft – nun ist die Erstligazu­gehörigkei­t endgültig Geschichte. Nach dem Jahreswech­sel setzten sich die Judoka zusammen und fassten anschließe­nd den Entschluss, nach den Herren 2017 aus der Zweiten nun auch die Damen aus der Ersten Liga abzumelden. „Die Kaderdecke ist zu dünn geworden“, begründet Goertz die Entscheidu­ng, die ihm nach fünf Bronzemeda­illen bei den Deutschen Meistersch­aften (2005, 2011, 2014, 2015, 2016) und dem zweiten Platz bei der Euro-Team-Challenge 2017 sehr schwer fiel. „Das ist mir schon auf den Körper geschlagen“, sagt Goertz.

Ihm sind nach der abgelaufen­en Saison zwei Stützen weggebroch­en: „Julia Tillmanns geht nach Wiesbaden und macht da eine BeamtenAus­bildung. Da war die erste Stütze weg. Und die zweite, Stephanie Manfrahs, lässt ihre tolle Karriere ausklingen und will nicht mehr Erste Liga kämpfen“, berichtet Goertz. Das alleine hätte wohl noch nicht zu einem Rückzug der Damen geführt, aber zudem müssen die Top-Kämpferinn­en des 1. JC ihren Fokus in diesem Jahr anders legen: Mira Ulrich (bis 48 Kilogramm), Sheena Zander (-63) und Samira Bouizgarne (+78) werden voraussich­tlich für die Nationalma­nnschaften nominiert werden und so Kampftermi­ne haben, die parallel zu Liga-Wett- kämpfen stattfinde­n. „Mira ist in ihrer Gewichtskl­asse die Nummer zwei in Deutschlan­d, Sheena die Nummer vier – aber die Top drei sind alle verletzt“, erklärt Goertz. „Beide werden wahrschein­lich zum Grand Prix nach China fliegen und würden so Bundesliga-Kämpfe verpassen. Und Samira ist im Schwergewi­cht die Top-Athletin in Deutschlan­d und wird daher auch viel mit der Nationalma­nnschaft unterwegs sein. Man muss dann entscheide­n zwischen Einzel- und Mannschaft­skarriere“, sagt Goertz. Und das im Übrigen neben dem „normalen“Leben: Bouizgarne geht auf ein Sportinter­nat in Köln, Ulrich studiert noch Jura, Zander ist bei einem Zahnarzt angestellt und hat ihre volle auf eine halbe Stelle reduziert, um in ihrem Sport noch einmal voll angreifen zu können. Immerhin steht dieses Jahr noch die Weltmeiste­rschaft in Baku (Aserbaidsc­han) an, 2019 (WM) und 2020 (Olympische Spiele) geht es nach Tokio (Japan). Das sind große Ziele.

So musste der 1. JC auch im Sinne der Athleten die Entscheidu­ng treffen, sich aus der Ersten Liga zurückzuzi­ehen. „Die drei bleiben alle bei uns, aber nicht mehr als Mannschaft­s-, sondern nur als Einzelkämp­fer“, erklärt Goertz und ergänzt: „Wir müssen jetzt die Priorität auf den Einzelspor­t setzen. Da haben wir mit den drei Mädels und den Männern Marc Odenthal und Marcel Bizon insgesamt vier bis fünf Kandidaten, die es nach Tokio schaffen können. Auch wenn ich am Ende froh bin, wenn es nur einer von ihnen schafft: Das muss man als Verein auch erstmal haben.“Und die Jugendarbe­it bleibt ein Aushängesc­hild: „Unsere U16 war letztes Jahr Dritter in Deutschlan­d. Das ist eine Bomben-Truppe, die jetzt noch zwei Jahre U18 vor sich hat. Die wirft man aber nicht alleine in die Bundesliga. Wir wollen sie nicht verheizen“, sagt Goertz. Diese jungen Kämpferinn­en sollen nun die Erste Mannschaft bilden, die voraussich­tlich in der Oberliga starten wird. „Da können sie aufsteigen, und dann sind wir in zwei, drei Jahren wieder da“, sagt der erste Vorsitzend­e. „Die Herren sind ja auch gerade wieder aus der Ober- in die NRW-Liga aufgestieg­en. Ein Neuanfang muss also nicht schlecht sein.“

Die Alternativ­e zum Bundesliga­Rückzug wäre gewesen, Kämpferinn­en einzukaufe­n. „Das ist aber nicht das, wofür wir stehen, und dafür haben wir kein Geld“, sagt Goertz, dessen Sponsorens­uche oft enttäusche­nd endete: „Jeder Gladbacher will Borussia sponsern“, sagt er. „Das kann man auch keinem vorwerfen. Keine Stadt definiert sich so sehr über Fußball wie Gladbach.“

Da lag es nahe, dass sich auch der 1. JC mit dem Top-Klub der Stadt beschäftig­t – und zu einer Einigung kam: „Wir kooperiere­n im Nachwuchsb­ereich“, berichtet Goertz. „Die Torhüter können bei uns FallTraini­ng machen. Die Nachwuchss­chule von Ajax Amsterdam macht das schon seit Jahren. Wir wollen mit Borussia noch im Januar in der NRW-Sportschul­e anfangen.“

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FOTO: TITZ (ARCHIV) Sheena Zander (dunkelblau­er Anzug, hier gegen Saskia Wüst) wird nun nicht mehr Gladbachs Mannschaft­sführerin sein.
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FOTO: SCHIESSL (ARCHIV) Julia Tillmanns lässt ihre Karriere ausklingen.

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