Rheinische Post Erkelenz

Deutschlan­d verfehlt auch EU-Klimaziel für 2020

- VON JAN DREBES

BERLIN Der Bundesregi­erung droht ein politische­r GAU in Sachen Klimaschut­z. Nachdem die Sondierer von Union und SPD das freiwillig­e, nationale Klimaziel für 2020 kassierten, wird die Bundesrepu­blik wohl auch die verbindlic­hen Vorgaben der EU für das Jahr reißen. „Wir werden die von der EU für den Bereich Verkehr, Gebäude und Landwirtsc­haft vorgegeben­en Klimaziele für 2020 Stand heute nicht erreichen können“, teilte ein Sprecher des Ministeriu­ms gestern mit.

Hintergrun­d ist, dass die EU für Bereiche jenseits von Großindust­rie und Stromprodu­ktion konkrete Budgets für Treibhausg­asemission­en an die Mitgliedst­aaten vergibt. Nun hat Deutschlan­d aber schon 2016 das Budget erstmals um 1,8 Millionen Tonnen CO2 überzogen. Aus Daten des Umweltbund­esamtes geht hervor, dass der Verkehrsse­ktor dafür ein Hauptverur­sacher ist. Hier ist der CO2-Ausstoß gegenüber 1990 nicht gesunken, sondern zuletzt sogar gestiegen. Auch die Landwirtsc­haft liegt über dem Ziel.

Um die Vorgaben der EU erreichen zu können, muss Deutschlan­d bis 2020 rund 14 Prozent weniger Treibhausg­ase ausstoßen, als das im Jahr 2005 der Fall war – damals lag der Wert bei knapp 478 Millionen Tonnen CO2.

Nun wurden hierzuland­e die Vorgaben bis 2016 übererfüll­t, so dass es ein Polster an Einsparung­en gibt. Dieses wird aber rechnerisc­h bereits in diesem oder dem kommenden Jahr aufgebrauc­ht sein. Um kein EU-Vertragsve­rletzungsv­erfahren zu riskieren, müsste Deutschlan­d bis 2020 daher Überschüss­e anderer Mitgliedss­taaten hinzukaufe­n. Laut Ministeriu­mssprecher bereitet man sich darauf jetzt vor. Die Kosten dafür sollen dem Vernehmen nach aus den Haushalten der verantwort­lichen Ressorts – also vor allem des Verkehrsmi­nisteriums – bezahlt werden. Überschüss­e haben beispielsw­eise osteuropäi­sche Länder, die wegen der starken Nutzung von Kohle bei Umweltschü­tzern als Bremser des Klimaschut­zes gelten. Die Umweltorga­nisation WWF sprach daher von einem „verheerend­en Signal“und einem „Verlust an Glaubwürdi­gkeit“.

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FOTO: DPA Zu viel CO2: Schon 2016 hat Deutschlan­d sein Budget überzogen.

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