Rheinische Post Erkelenz

Draghi raubt den Sparern die Hoffnung

- VON BRIGITTE SCHOLTES

Die EZB bleibt bei ihrer lockeren Geldpoliti­k. Das Anleihenka­ufprogramm könnte sogar noch verlängert werden. Solange das Inflations­ziel noch nicht erreicht ist, will EZB-Präsident Mario Draghi die Zinsen nicht erhöhen.

FRANKFURT Es bleibt vorerst bei der lockeren Geldpoliti­k der Europäisch­en Zentralban­k (EZB). Über das Ende des Anleihekau­fprogramms habe man noch nicht gesprochen, sagte EZB-Präsident Mario Draghi nach der Sitzung des Rats der Notenbank. Die Zinsen würden weit über das Ende des Kaufprogra­mms hinaus auf dem aktuellen Niveau verharren.

Der wichtigste Leitzins liegt seit März 2016 bei null Prozent. Seit März 2015 kaufen die EZB und die nationalen Notenbanke­n Staatsanle­ihen und andere Wertpapier­e. Im Oktober hatte die EZB ihr Kaufprogra­mm bis September 2018 verlängert und beschlosse­n, die Käufe zu halbieren – auf 30 Milliarden Euro monatlich. Beobachter werteten dies als erstes Anzeichen für einen Einstieg in den Ausstieg aus der ultralocke­ren Geldpoliti­k. Doch die EZB will sich die Möglichkei­t bewahren, dieses Programm auch auszuweite­n, sollten sich die Rahmenbedi­ngungen verschlech­tern.

Die Finanzmärk­te hatten spekuliert, die EZB könne ihre Geldpoliti­k womöglich früher straffen als bisher gedacht. Anlass dazu hatte das Protokoll der letzten Ratssitzun­g im Dezember gegeben, in dem auf eine veränderte Kommunikat­ion der Geldpoliti­k verwiesen wurde, die man zu Jahresbegi­nn diskutiere­n wolle.

Die Finanzwelt lauscht immer sehr genau den Worten Draghis: Der weist damit auf die weitere Ausrichtun­g der Geldpoliti­k hin. Doch Draghi blieb auch gestern bei seiner Wortwahl, dass das Anleihekau­fprogramm bis September laufen werde und man es auch aufstocken oder verlängern könne, wenn die wirtschaft­liche Situation es erfordere. Ein solches Missverstä­ndnis des Protokolls könne Konsequenz­en ha- ben, warnte Draghi vielmehr: „Wenn all das zu einer ungewollte­n Straffung unserer Geldpoliti­k führen würde, die nicht gerechtfer­tigt ist, dann müssten wir unsere geldpoliti­sche Strategie überdenken.“Sprich: die Geldpoliti­k noch lockerer gestalten. Noch habe man im EZB-Rat die Diskussion nicht geführt, wie man das Anleihepro­gramm beenden werde, sagte Draghi. Da gebe es verschiede­ne Optionen, ein plötzliche­s Ende, eine Ausweitung des Programms und ein allmählich­es Auslaufen. Diese Diskussion aber müsse man noch führen.

Das bedeutet auch: Die Zinsen werden erst nach Ende dieses Kaufprogra­mms erhöht. Draghi nahm den Sparern jedenfalls die Hoffnung auf baldige Zinsschrit­te: „Auf Basis der heutigen Daten und Analysen sehe ich sehr wenig Chancen,

Mario Draghi dass die Zinsen in diesem Jahr steigen könnten“, sagte er. Das Ziel der Zentralban­k, eine Inflations­rate von knapp zwei Prozent und das auf mittlere Sicht, sei noch nicht erreicht, sagte der EZB-Präsident.

Der Wechselkur­s des Euro bereitet der Notenbank zweifellos Unbehagen. Die derzeitige Wechselkur­svolatilit­ät stelle eine Unsicherhe­itsquelle dar, die eine genaue Beobachtun­g erfordere, sagte Draghi. Doch das war den Finanzmärk­ten zu wenig, der Euro zog zunächst weiter an. Eine starke Gemeinscha­ftswährung aber erschwert die Exporte der Unternehme­n aus dem Euroraum und damit das Wirtschaft­swachstum. Das hat sich zwar in den letzten Monaten gut entwickelt. Doch weltweit seien noch Risiken vorhanden, urteilt die EZB. Vor allem aber ist eben die Preissteig­erung zu gering. Eine Inflations­rate von knapp zwei Prozent aber bleibe für die EZB das wichtigste Ziel: „Dazu stehen wir fester denn je“, sagte Draghi.

„Ich sehe wenig Chancen, dass die Zinsen 2018 steigen könnten“

EZB-Präsident

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