Rheinische Post Erkelenz

Keine Partei mehr

- Barbara Illgen Tönisvorst Jürgen Reich Kaarst Klaus Simon Erkrath

Die längstjähr­ige Volksparte­i SPD hat nach der letzten Bundestags­wahl nicht nur ihren Charakter als Volksparte­i verloren, sondern sie ist überhaupt nicht mehr als Partei anzusehen. Sie ist vielmehr ein loser und halbherzig­er Zusammensc­hluss dreier Gruppierun­gen: der SPD-Spitze, ihrer Delegierte­n und ihrer Basis. Die eine Gruppe sagt Ja, die zweite Jein und die dritte sagt Nein. Politische Entscheidu­ngen werden nicht mehr von den dafür gewählten Spitzenpol­itikern getroffen, sondern diese verstecken sich – demokratis­ch bis auf die Knochen – hinter der Basis, der sie die Entscheidu­ngsfindung überlassen. Eine Partei, die bei einer Wahl die zweithöchs­te Stimmenanz­ahl gewinnen konnte, deren höchster Repräsenta­nt aber direkt nach der Wahl und vielfach wiederholt hinterher eine jegliche Regierungs­verantwort­ung ablehnt, der aber für den Fall, dass doch, die Basis verant- wortlich machen will, eine solche Partei handelt im Wortsinn verantwort­ungs-los. Aber die SPD ist ja auch nicht mehr als Partei anzusehen. Oh Willy Brandt, sei froh, dass Du diesen Verfall Deiner Partei nicht mehr ansehen musst! Zu „Bürgervers­icherung ist wie DDR 2.0“/ RP-Wirtschaft­sgipfel (RP vom 16. Januar): Herr Bäte von der Allianz spricht uns aus der Seele. Die SPD hat damals die Einbahnstr­aße für Krankenver­sicherte eingeführt. Einmal privat, immer privat versichert. Jetzt möchte sie die Tore weit öffnen, damit alle, die bisher nur geringe Beiträge in der privaten Krankenver­sicherung bezahlt haben, jetzt aber starke Beitragsst­eigerungen spüren, wieder in die gesetzlich­e Kasse zurückkehr­en können. Für die gesetzlich­en Kassen heißt das, sie müssen einen extremen Kostenanst­ieg verkraften. Dies geht nur, wenn Leistungen weiter reduziert oder die Beiträge erhöht werden. Natürlich nicht für Beamte, die bekommen Sonderkond­itionen plus Beihilfele­istungen. Zweiklasse­nmedizin bleibt. Wer es sich leisten kann, wählt Zusatzvers­icherungsl­eistungen. Weg mit der Diskussion über eine Bürgervers­icherung. Zu „Evangelisc­he Kirche will auch Muslime in Kitas einstellen“(RP vom 13. Januar): Schafft sich die Evangelisc­he Kirche ab? Was die Landessyno­de der Evangelisc­hen Kirche im Rheinland trotz anhaltende­n Mitglieder­schwunds da beschlosse­n hat, belegt den Trend: Die Kirche zerlegt sich weiterhin selbst. Einerseits werden den Mitglieder­n weiterhin Weihnachts­märchen und naiver Wunderglau­be verkündet, anderersei­ts irrt sie in einem Beliebigke­itstaumel umher, der mit einer theologisc­h unhaltbare­n Ein-GottVorste­llung aller Religionen daherkommt. Stellten bisher gerade für junge Familien konfession­elle Kindergärt­en und Schulen noch eine Alternativ­e zu bildungspo­litischen Fehlentwic­klungen dar, hat sich Kirche nun auf Regelungen, vergleichb­ar denen in Schützenve­reinen, eingelasse­n.

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