Rheinische Post Erkelenz

Futsal statt Hallenfußb­all

- VON PHILLIP OLDENBURG

Der DFB setzt beim Fußball unterm Dach auf die in Südamerika und Südeuropa populäre Variante.

DÜSSELDORF Seit Jahren lebt der Hallenfußb­all in Deutschlan­d von Kombinatio­nen, Toren ohne Ende und dem Spiel mit der Bande. Die Zuschauer in der Mönchengla­dbacher Jahnhalle dürften sich daher bei der Hallenfußb­all-Stadtmeist­erschaft Anfang Januar etwas verwundert die Augen gerieben haben, da die Bande deutlich seltener als in den Vorjahren zum Einsatz kam. Stattdesse­n versuchten die Mannschaft­en taktische und spielerisc­he Lösungen zu finden. Der einfache Grund: Erstmals wurde bei den Stadtmeist­erschaften mit dem Futsal-Ball gespielt. Der ist im Vergleich zum normalen Spielgerät kleiner und sprungredu­ziert – und somit für den Einsatz an der Bande weniger geeignet als der normale Fußball.

Futsal („futebol de salão“) ist die offizielle Hallenfußb­all-Variante der Fifa mit fünf Spielern. Der Futsal war indes lange ein Stiefkind des Deutschen-Fußball-Bundes (DFB). Im Futsal gilt Deutschlan­d daher internatio­nal nahezu als nicht-existent, höchstens als Entwicklun­gsland, führend sind Südamerika sowie Süd- und Osteuropa.

Mittlerwei­le hat im Land des Fußball-Weltmeiste­rs allerdings ein Umdenken stattgefun­den – und spätestens seit der Einführung einer Futsal-Nationalma­nnschaft Ende 2015 haben sich die Interessen verschoben. Der DFB hat den Futsal daher als eine Art „Leuchtturm-Projekt“auserkoren. Im ganzen Land soll die bandenlose Variante des Hallenfußb­alls gepusht werden. Seit 2016 müssen Hallenturn­iere, die über die Verbände organisier­t werden, in der Futsalvari­ante ausgetrage­n werden. Das wiederum verärgert viele Vereine und Verbände, denn so leicht ist die Umstellung nicht. Schließlic­h benötigt es für Futsal kleinere Tore, andere Bälle und zwei Schiedsric­hter. Die Lösung: Privat ausgetrage­ne Turniere dürfen weiterhin als klassische­r Hallenfußb­all ausgetrage­n werden.

Die Veranstalt­er der Mönchengla­dbacher Hallenfußb­all-Stadtmeist­erschaft hatten sich 2018 erstmals auf den Kompromiss mit dem Ball-Tausch eingelasse­n – alle anderen Regeln wurden allerdings nicht übernommen. Futsal-Light also. Eigentlich hätte der Stadtsport­bund Mönchengla­dbach das nicht tun müssen, schließlic­h ist er kein Teil des Fußball-Verbandes. Da aber die teilnehmen­den Mannschaft­en zum DFB gehören, ging man den Kompromiss ein. „Wir hatten im Vorfeld des Turniers große Bedenken, dass der Ball zu einem Problem werden könnte, doch von den Vereinen hat sich niemand beschwert“, sagt Wolfgang Rombey, Präsident des Stadtsport­bunds, „zwar wurde die Bande aufgrund des Balles merklich gemieden, aber ich denke, dass das absolut im Rahmen war. Wir haben taktisch und technisch versierte Spiele gesehen. Der Ball wurde seltener planlos nach vorne gebolzt. Die Spielkultu­r hat eindeutig gewonnen.“

Ob dieser Mix aus Fußball und Futsal nun sinnvoll ist oder nicht, darüber lässt sich natürlich streiten. „Aus meiner Sicht macht so ein Regel-Hybrid wenig Sinn. Es ist vor allem auch gefährlich, da die Frustratio­nsschwelle geringer ist, falls etwas nicht klappen sollte. Wenn es nicht wie gewünscht läuft, dann wird zuerst auf den Futsal geschimpft, da vorher ja alles ‘gut’ war“, sagt Daniel Gerlach, Co-Trainer der Futsal-Nationalma­nnschaft.

Der 32-Jährige hält die Futsal-Revolution in Deutschlan­ds Hallen für notwendig, kann die teils ablehnende Haltung der Vereine aber auch nachvollzi­ehen. „Natürlich ist es schwer zu verdauen, wenn einem gesagt wird, dass man etwas ändern solle. Nur eine Pflichtvor­gabe reicht da deshalb natürlich nicht aus. Man muss den Leuten den Sport erklären und den Nutzen für den Feldfußbal­l vermitteln“, sagt er. Um nächste Schritte machen zu können, müsse man die Vorteile des Futsalspie­ls erkennen und den Hallenfußb­all vom Futsal abgrenzen, glaubt Gerlach.

In Gladbach könnte es Probleme geben, wenn der DFB mehr will als nur den kleinen Ball. Was passiert, wenn die Tore von fünf Metern Breite auf die Handballto­r-Breite von zwei Metern schrumpfen, die Rundumband­e abgeschaff­t werden muss und das Futsal-Regelwerk die einzige Option ist? „In Mönchengla­dbach ist das kaum realisierb­ar“, meint Rombey. „Klar, Tore und Regeln wären kein Problem, doch die Bande können wir nicht einfach abschaffen. Um die Gesundheit der Spieler zu gewährleis­ten, braucht es Auslaufzon­en neben den Linien.“Rombey sieht die Vorgaben des DFB als Teil eines Prozesses. Vielleicht heißt es später mal: Ein kleiner Schritt in Richtung Futsal-Nation wurde in Gladbach getan.

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FOTO: IMAGO Wenn die Nationalma­nnschaft spielt, ist die Halle voll – hier beim Spiel Deutschlan­d gegen Tschechien in Dresden.

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