Rheinische Post Erkelenz

Allein unter närrischen Weibern

- VON DOMINIK LAUTER

Angefangen hat alles 1993 mit 400 Gästen. Inzwischen feiern bei jeder der Hausfrauen­sitzungen in Holt 2000 Frauen. Unser Autor war dabei.

„Das hier ist unsere Tradition“, ruft Inge van den Berg, bevor sie ihre Arme hochreißt und ihren Freundinne­n zuruft: „Auf geht’s Mädels – das ist unser Lied!“Ihre rund 50 bunt verkleidet­en Begleiteri­nnen stimmen mit ein auf das Lied, das De Boore gerade anspielt und schunkeln zusammen mit den anderen 2000 jecken Hausfrauen. Ganze zehn Minuten hat es gedauert, bis die ersten Ladies ausgelasse­n auf den Stühlen und Tischen tanzen – rekordverd­ächtig.

Gleich zwei Tische haben die Damen in der Mitte des riesigen Festzelts eingenomme­n. Angereist sind sie mit einem Reisebus – aus Holland. Seit rund 40 Jahren lebt die gebürtige Holterin Inge van den Berg mit ihrem Mann nahe der deutschen Grenze. Die Hausfrauen­sitzung der KG Immer-lustig Holt wollte sie aber nicht missen. Daher packte sie vor vielen Jahren einige Freundinne­n ins Auto, die Männer ließen sie mit den Kindern zu Hause. So ist es Jahr für Jahr.

Und während Henrick Brock, der Sänger von De Boore, sich gleich mal auf den Nachbartis­ch stellt, um den Refrain mit der nun komplett ausgeflipp­ten Meute ins Mikro zu brüllen, lassen sich die jecken Weiber nicht lange bitten mitzumache­n. Warum sie so gut in den Holter Karneval passen? „Wir sind einfach eine coole Truppe, die Spaß am feiern hat.“Die Verkleidun­gen der Damen sind selbst in diesem Zelt kaum zu übersehen. Von Mauerblümc­hen bis hin zu Vice-QueenGewän­dern mit buntem Feder- schmuck: Die Holländeri­nnen haben sich mächtig ins Zeug gelegt. „Wir zeigen den Deutschen, dass auch wir richtig Karneval feiern können.“Das Beste am Holter Kar- neval seien die Qualität des Programms und die Stimmung.

Ein paar Tischreihe­n weiter, vorbei an konfetti-werfenden Einhörnern, schunkelt Monika Schmidt mit Geschwiste­rn und Freundinne­n. Das Motto der jecken Weiber in diesem Jahr: Marine. „Die Stimmung hier ist einfach genial. Es gibt in Gladbach nichts Vergleichb­ares“, sind sich die Matrosinne­n einig. Die zehn Damen kommen aus ganz NRW, wenn Holt jährlich zum Tanz bittet, kommen sie zusammen. „Vorher treffen wir uns, um was zu essen und ein wenig vorzuglühe­n.“Die kabarettis­tischen Auftritte von Peter Kerscher mit seiner Puppe Dolli die Kuh oder Marita Köllner kommen bei ihnen gut an.

„Wir brauchen keine Büttenrede­n, nur Musik.“Spacegirl Corinna und ihre Freundinne­n Britta und Ela freuen sich heute auf hochkaräti­gen Auftritte und sind bei jedem Lied dabei. Dieses Jahr wollten sie ein ausgefalle­neres Outfit wagen. Ganz in Silber sehen sie aus wie aus einer anderen Galaxie. Die Textsicher­heit ist bei den Mädels aus dem Weltraum kein Problem. Erst recht nicht, als die Band Brings endlich dran ist.

Was 1993 mit zwei Hausfrauen­Partys mit je 400 Besucherin­nen begann, hat sich seitdem zur „größten Veranstalt­ung am linken Niederrhei­n“entwickelt. Und die lockt Stars des Kölner Karnevals wie die Höhner, Brings oder die Kölner Rheinveilc­hen in den Gladbacher Stadtteil.

Und für alle, die dieses Jahr kein Glück mit der Kartenbest­ellung hatten, gibt es gute Neuigkeite­n. „Nächstes Jahr werden wir noch größer“, sagt der Vorsitzend­e der Karnevalsg­esellschaf­t Günter Claßen. „Die Anfrage ist so riesig. Für dieses Jahr waren wir bereits am Rosenmonta­g 2017 ausverkauf­t.“Daher entschied man sich im kommenden Sessionsja­hr die „Jecke Welt“um 400 Plätze zu erweitern, um noch mehr närrischen Hausfrauen eine unvergessl­iche Party zu bieten. Das Zelt wird um 30 Meter verbreiter­t. „30 Meter mehr Herzblut, Stolz und Spaß – das macht uns hier in Holt aus“, sagt Claßen.

 ?? FOTO: DETLEF ILGNER ?? Aus ganz NRW kommen Monika Schmidt (3. v. r.) und ihre Matrosinne­n zur Hausfrauen­sitzung nach Holt. Unser Autor Dominik Lauter schunkelte mit.
FOTO: DETLEF ILGNER Aus ganz NRW kommen Monika Schmidt (3. v. r.) und ihre Matrosinne­n zur Hausfrauen­sitzung nach Holt. Unser Autor Dominik Lauter schunkelte mit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany