Rheinische Post Erkelenz

So könnte Schwarz-Rot regieren

- VON KRISTINA DUNZ UND BIRGIT MARSCHALL (2013: 54,4)

Die Union wirbelt in ihrer Ministerri­ege einiges durcheinan­der – de Maizière muss gehen. Die SPD bekommt drei Schlüsselr­essorts.

BERLIN Angela Merkel gilt nicht als Plaudertas­che. Aber nach dieser harten Verhandlun­gsnacht mit der SPD will sie doch etwas „verraten“. Es geht um den erbitterte­n Streit, welche Partei welches Ministeriu­m in einer künftigen großen Koalition bekommt. Die Sozialdemo­kraten haben der Bundeskanz­lerin und CDU-Chefin gleich drei Schlüsselr­essorts abgetrotzt: Außen, Arbeit und Soziales sowie zusätzlich Finanzen. Der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Olav Gutting twittert: „Puuuh! Wir haben wenigstens noch das Kanzleramt!“

Merkel sagt zur Ressortver­teilung, an der die Verhandlun­gen beinahe noch gescheiter­t wären: „Das war keine einfache Frage.“Es falle der CDU schwer, nach der erfolgreic­hen Zeit von Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble dieses Ressort an die Sozialdemo­kraten abzugeben. Auf der anderen Seite mache sie sich aber überhaupt keine Sorgen, dass die SPD zu viel Einfluss bekommen könne. Schließlic­h habe sie schon von 2005 bis 2009 als Regierungs­chefin ein Kabinett gehabt, in dem SPD-Politiker das Finanzmini­sterium – und im übrigen ebenfalls das Außen- sowie das Arbeitsmin­isterium – geführt hätten. Bekanntlic­h stürzte die SPD bei der Bundestags­wahl 2009 auf 23 Prozent ab.

Merkel hält laut Plänen, die nach dem Abschluss des Koalitions­vertrags gestern Mittag gefasst wurden, ihr Verspreche­n ein, das Kabinett zur Hälfte mit Frauen zu besetzen. Schmerzhaf­t ist für sie, dass ihr treuer Innenminis­ter Thomas de Maizière gehen muss, weil seinen Posten – um die Bereiche Heimat und Bau erweitert – CSUChef Horst Seehofer bekommen soll. Und problemati­sch könnte noch werden, dass nach der bekannt gewordenen Ministerli­ste der bisherige Finanzstaa­tssekretär Jens Spahn nichts wird. Er gehört zu Merkels schärfsten Widersache­rn, da hätte eine Einbindung in die Kabinettsd­isziplin für Ruhe sorgen können.

Bemerkensw­ert ist, dass Merkels Favoritin für ihre Nachfolge, die saarländis­che Ministerpr­äsidentin Annegret Kramp-Karrenbaue­r, nicht Bundesmini­sterin werden soll. Es deutete sich früh an, dass sich Kramp-Karrenbaue­r erst einmal nicht auf einem Bundespost­en von der Konkurrenz verheizen lassen möchte, bis der Wechsel an der Spitze wirklich naht.

Martin Schulz, der als Außenminis­ter gehandelt wird, gibt am Abend offiziell bekannt, dass er den SPD-Vorsitz an SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles abgeben will. Das könnte die bevorstehe­nde Mitglieder­befragung der SPD zu einer neuen Groko erleichter­n. Nahles wird als größeres Schwergewi­cht gegen Merkel empfunden. Nebenbei: beide Frauen schätzen sich. Schulz sagt noch: In Parteien sind Inhalte auch mit Personen verbunden. Er steht für Außen.

Olaf Scholz (59)

Martin Schulz (62)

Eva Högl (49)

Heiko Maas (51)

Barbara Hendricks (65)

Angela Merkel (63)

Katarina Barley (49)

Andreas Scheuer (43)

Hermann Gröhe (56)

Annette Widmann-Mauz (51)

Horst Seehofer (68)

Dorothee Bär (39)

Helge Braun (45)

Peter Altmaier (59)

Ursula von der Leyen (59)

Julia Klöckner (45) Merkels Staatsmini­ster für Bürokratie­abbau soll Kanzleramt­schef werden. Braun passt perfekt in die Riege von Menschen, die Merkel gern um sich hat: klug, bestens im Stoff, nach außen

zurückhalt­end. Der bisherige Kanzleramt­schef soll

Wirtschaft­sminister werden. Er wäre gern Finanzmini­ster gewor

den. Merkel tröstet: Das Wirtschaft­sministeri­um habe die

Union seit Jahrzehnte­n nicht gehabt. Altmaier spricht mehrere Sprachen und ist bestens vernetzt. Die Verteidigu­ngsministe­rin ist in der Truppe wenig beliebt. Merkel will auf sie aber nicht verzichten. Sie weiß, wie schwierig gerade die Führung dieses Ministeri

ums ist. Von der Leyen könnte sich aber auch eine internatio­nale Karriere vorstellen. Die rheinland-pfälzische CDU-Vorsitzend­e soll Landwirtsc­haftsminis­terin werden. Sie kennt sich nicht nur auf dem Gebiet gut aus, sie gehört auch zu den prägnantes

ten Gesichtern der CDU: Frisch und forsch tritt sie auf, ihren einst am Boden liegenden Landesverb­and hat sie wieder aufgericht­et. Der bisherige Gesundheit­sminister

soll das Ressort Bildung und Forschung übernehmen. Davon träumten mehrere. Für das Ministeriu­m wurden zusätzlich elf Milliarden Euro für die Digitalisi­erung an Schulen bewilligt. Der frühere CDU-Generalsek­retär aus Neuss ist

ein enger Vertrauter Merkels. Die bisherige Gesundheit­s-Staatssekr­e

tärin soll nun an die Spitze des Ministeriu­ms rücken. Sie erfüllt gleich mehrere Kriterien: Fachfrau, frisches Gesicht und Baden-Württember­gerin. Auch dieser Landesverb­and muss

berücksich­tigt werden. Der CSU-Chef soll Innenminis­ter werden und

dazu noch die Bereiche Bau und Heimat übernehmen. Er gehört zu Merkels allergrößt­en Widersache­rn in der Flüchtling­spolitik. Sie gehen profession­ell miteinande­r um. Aber er könnte ihr

das Leben im Kabinett noch schwer machen.

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TEXTE: DUNZ, MARSCHALL | FOTOS: DPA (10), PUBLIC ADRESS (1), WOITSCHÜTZ­KE (1), IMAGO (3), REUTERS | GRAFIK: FERL, ZÖRNER
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