INTERVIEW KATARINA BARLEY (SPD) „Martin Schulz’ Schritt ist folgerichtig“
Frau Barley, finden Sie es richtig, dass Martin Schulz auf ein Regierungsamt verzichtet? BARLEY Ich habe Respekt vor der Entscheidung von Martin Schulz. Das zeugt von persönlicher Stärke. Sein Schritt, nicht ins Kabinett einzutreten, ist angesichts der massiven Kritik folgerichtig. Ich danke ihm, dass er in einer schweren Zeit für die SPD Verantwortung übernommen hat. Außerdem bin ich froh, dass wir jetzt wieder über politische Inhalte sprechen können und über die Dinge, die wir im Koalitionsvertrag durchgesetzt haben. Was war Ihre erste Reaktion, als Sie die Vorwürfe von Sigmar Gabriel gegen Martin Schulz gehört haben? BARLEY Ich bin immer gut damit gefahren, persönliche Kritik auch per- sönlich zu äußern. So werde ich es selbst auch weiterhin halten. Differenzen sollten immer zwischen den Beteiligten geklärt werden und nicht in der Öffentlichkeit. Blicken wir nach vorn: Die JusoKampagne gegen die große Koalition läuft bereits. Mit welchen Argumenten wollen Sie dagegenhalten? BARLEY Der Koalitionsvertrag bringt für sehr viele Menschen in Deutschland unmittelbar spürbare Verbesserungen. Die SPD hat richtig viel durchgesetzt. Was das Mitgliedervotum angeht, bin ich deswegen sehr optimistisch. Wir können auf das Erreichte stolz sein. Und wenn es doch anders kommt? BARLEY Darüber spekuliere ich nicht. Sicherlich ist die Stimmung in der Partei momentan vom Wahlergebnis geprägt, trotz guter Arbeit in den Jahren zuvor. Aber eines ist gewiss: Die nächste große Koalition hätte eine andere Grundstimmung. Angela Merkel sitzt nicht mehr so fest im Sattel, wie sie es bisher tat. Es kriselt heftig in der CDU, da gibt es tiefe Verletzungen, und viele scharren mit Blick auf den Generationenwechsel mit den Hufen. Wir werden so noch mehr Dinge durchsetzen und den Menschen zeigen können, was die SPD draufhat. Hilft die Ressortverteilung, um das Mitgliedervotum zu gewinnen? BARLEY Eindeutig ja. Da hat die CDU verloren. Mit dem Finanz-, Arbeitsund Familienressort besteht die große Chance für die SPD, soziale Politik aus einem Guss zu machen. Hätten Sie gedacht, dass die SPD mit Finanzen, Außen und Arbeit drei Schlüsselministerien bekommt? BARLEY Ich habe mir das nicht vorstellen können. Wir haben extrem gut verhandelt. Möchten Sie in der nächsten Koalition Familienministerin bleiben? BARLEY Ich möchte erstmal über die Inhalte des Vertrages diskutieren und erst danach, wer welches Ressort übernimmt. Aber ich kann sagen, dass ich die Aufgaben im Familienministerium mit großer Freude und Energie ausübe. Es gibt den Vorschlag, den nächsten Parteivorsitzenden per Ur-Wahl zu bestimmen. Was halten Sie davon? BARLEY Es geht jetzt gerade darum, dass unser Land schnell eine stabile Regierung bekommt, die wichtige Reformen umsetzen kann. Die entscheidende Frage ist jetzt nicht, wie die SPD künftig ihre Vorsitzenden wählt. Natürlich geht es auch darum, wenn Schulz ankündigt, den SPD-Vorsitz an Nahles übergeben zu wollen und das einen erheblichen Teil der innerparteilichen Kritik ausgelöst hat. BARLEY Andrea Nahles hat das Zeug für eine hervorragende Parteichefin. Sie steht dafür ein, aus der SPD eine moderne Mitgliederpartei zu machen, in der Beteiligung eine Selbstverständlichkeit ist. Der Ur-WahlIdee kann ich grundsätzlich etwas abgewinnen und bin dafür offen, denn die direkte Beteiligung der Mitglieder schafft Vertrauen. Das ist aber mit Sicherheit nicht die Lösung all unserer Probleme, das muss auch allen klar sein. Wir müssen an ganz vielem arbeiten, an der Kommunikation nach innen und außen. Und an einer besseren Vermarktung unserer Erfolge. Jetzt geht es um die Bildung der Regierung. Das ist unser Fokus.