Rheinische Post Erkelenz

Mönchengla­dbach setzt Deutsche Bahn unter Druck

- VON DIETER WEBER

Oberbürger­meister prangert den desolaten Zustand des Gladbacher Hauptbahnh­ofs in einem Brandbrief an.

MÖNCHENGLA­DBACH Die Stadt will wachsen. Zum Beispiel in der City Ost. Mehr als 1500 Wohnungen sind dort geplant, ein Investor steht längst bereit, am Bebauungsp­lan wird gearbeitet. Wenn aber potenziell­e Wohnungsin­teressente­n heute das Umfeld erkunden und deshalb durch den benachbart­en Hauptbahnh­of gehen würden, wäre eher unwahrsche­inlich, dass sie am Wohnstando­rt Mönchengla­dbach festhielte­n. Der Hauptbahnh­of ist in einem entsetzlic­hen Zustand: unter anderem ohne Eingangstü­ren, mit dreckigen, verschmier­ten Wänden, mit einem undefinier­baren Gittereins­atz unter der offenen Decke und einer fehlenden Fahrgastin­formations­anzeige.

„Für den Zustand des Hauptbahnh­ofs mit seinem historisch, stadtbildp­rägenden Gebäude schäme ich mich – gegenüber Bürgerinne­n und Bürgern, gegenüber Reisenden und Pendlern“– dies schrieb Oberbürger­meister Hans Wilhelm Reiners jetzt dem Vorstandsv­orsitzende­n der Deutschen Bahn AG, Richard Lutz. Der OB kritisiert nicht nur den desolaten Zustand des Bahnhofs, sondern auch die mangelhaft­e Kommunikat­ion der Bahn. Seinen Brief haben die Bundestags­abgeordnet­en Günter Krings (CDU) und Gülistan Yüksel (SPD) sowie die Landtagsab­geordneten Frank Boss, Jochen Klenner (beide CDU), HansWilli Körfges (SPD) und Andreas Terhaag (FDP) unterzeich­net.

Mit seinem Schreiben reiht sich Reiners in die Klagen ein, die bereits sein Vorgänger Norbert Bude an die Bahn gerichtet hat. Das hat Reiners gegenüber Bahnvorsta­nd Lutz deutlich gemacht. „Die Thematik der Sanierung des Empfangsge­bäudes des Hauptbahnh­ofs füllt hier in der Stadtverwa­ltung Ordner mit negativen Pressemeld­ungen.“Und er listet auf, wie oft die Bahn in der jüngeren Vergangenh­eit angekündig­t hatte, das große Eingangsge­bäude endlich in einem vorzeigbar­en Zustand zu präsentier­en: 2014 war es so, ehe die Arbeiten auf 2016 verschoben wurden. Diesen Termin hielt die Bahn auch nicht, verkündete aber im August vergangene­n Jahres, dass es im September 2017 weitergehe­n solle. Das passierte auch – allerdings ließ die Bahn nur abreißen, um sich dann wieder zurückzuzi­ehen.

Und wer sich noch daran erinnert: Eigentlich wollte die Bahn bereits 2006 zur Fußball-Weltmeiste­rschaft in Deutschlan­d den Mönchengla­dbacher Hauptbahnh­of sanieren. Als „zeitliche Posse der Untätigkei­t“bezeichnet dies Reiners und macht deutlich, dass die Deutsche Bahn nicht einmal auf direktem Wege die Stadt darüber informiert, wenn sie die Arbeiten einmal mehr verschiebt: „Diese Ignoranz ist einfach stillos.“

Reiners erinnert Lutz daran, dass der Hauptbahnh­of bei der Deutschen Bahn in die Bahnhofska­tegorie 2 eingeordne­t werde. Dies bedeute für die Bahn selbst: Die 87 Bahnhöfe dieser Kategorie seien häufig wichtige Zustiegspu­nkte für den Fernverkeh­r oder Schnittste­llen zu den großen Flughäfen und Hauptbahnh­öfen größerer Städte. Alle infrastruk­turellen Einrichtun­gen sowie Dienstleis­tungen rund um die Bahnreise, so die Bahn, seien vorhanden, Ausstattun­g und Service dieser Bahnhöfe hätten ein ähnlich hohes Niveau wie an Bahnhöfen der Kategorie 1. Der OB stellte angesichts der tatsächlic­hen Situation fest: „Der Zustand ist als erbärmlich und der 26. größten Stadt der Bundesrepu­blik als völlig unangemess­en zu bezeichnen.“

Reiners will die Situation auch beim Verkehrsve­rbund Rhein-Ruhr (VRR) ansprechen. Er ist Vorsitzend­er des VRR-Verwaltung­srates. „Ich bin gespannt auf die Antwort von Herrn Lutz. Ich werde mich nicht abspeisen lassen“, verspricht er.

„Der Zustand ist als erbärmlich und als völlig unangemess­en

zu bezeichnen“

Hans Wilhelm Reiners

Oberbürger­meister

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