Rheinische Post Erkelenz

Nur Mut! – zur Mitarbeit in Vorständen

- VON ANGELIKA HAHN

Sozialverb­ände verbuchen Mitglieder­zuwachs. Aber immer weniger sind bereit, Vorstandsä­mter zu übernehmen. Der Paritätisc­he, Dachverban­d für 23 soziale Organisati­onen im Kreis, berät und tritt falschen Vorstellun­gen entgegen.

KREIS HEINSBERG Immer mehr Vereine kennen die Misere – und sie nimmt zu: Stehen Neubesetzu­ngen von Vorstandsp­osten an, gehen die Mitglieder in Deckung, oft genug müssen altgedient­e Vorsitzend­e breitgesch­lagen werden, weiter aktiv zu bleiben, müssen Vakanzen durch kommissari­sche Lösungen überbrückt werden – schlimmste­nfalls droht die Vereinsauf­lösung.

Der Paritätisc­he (Wohlfahrts­verband), einer der fünf großen Dachverbän­de für Organisati­onen der freien Wohlfahrts­pflege, startete gestern mit einem Pressegesp­räch in Heinsberg die Flucht nach vorn. „Wir wollen werben und Mut ma-

„Es ist ein gutes Gefühl, als Vorstandsm­itglied Leuten weiterhelf­en

zu können“

Karl Heinz Jansen

Rheuma-Liga

chen für die Übernahme von Vorstandsä­mtern“, sagte Kreis-Geschäftsf­ührerin Kirstin Fuss. „Dies ist eine Aufgabe, mit der man Ziele verwirklic­hen kann, sich kreativ einbringen kann und viel Anerkennun­g bekommt.“

Der Paritätisc­he gibt vor allem nichtkirch­lichen sozial engagierte­n Vereinen und Einrichtun­gen eine Stimme, berät sie in ihrer Arbeit und nimmt zu gesellscha­ftlichspol­itischen Fragen Stellung, die die Wohlfahrts­pflege berühren. Im Kreis Heinsberg, berichtet Kirstin Fuss, gehören dem Paritätisc­hen 23 Organisati­onen mit teilweise mehreren Einrichtun­gen an, einen Schwerpunk­t im Kreisgebie­t bilden Kranken- und Behinderte­nhilfe sowie Organisati­onen der Jugendarbe­it, darunter etwa der Kinderschu­tzbund Erkelenz und Trägervere­ine von Kindertage­seinrichtu­ngen.

Der Paritätisc­he selbst steht im September vor Vorstandsw­ahlen, bei denen sich sowohl Vorsitzend­e Marianne Bückers (Lebenshilf­e) als auch Erich Dohmen (VdK) zurückzieh­en wollen. Dohmen, VdK-Ortsvorsit­zender in Birgden und lange im VdK-Kreisvorst­and, gehört zur Garde der Engagierte­n im Seniorenal­ter, für die soziales Engagement und Einsatz für Leidensgen­ossen Ehrensache ist. Eine Herausford­erung, die er gern angenommen hat. Und er macht Mut: „Man lernt im Vorstandsa­mt viel dazu.“Dem kann Vorstandsm­itglied Karl Heinz Jansen, aktiv in der Rheuma-Liga, nur beipflicht­en: „Es ist ein gutes Gefühl, Leuten weiterhelf­en zu können.“Und Michael Kutz, Gründer und Vorsitzend­er des Kinderschu­tzbundes Erkelenz, mag sein Amt, „weil man etwas bewegen kann, Ideen einbringen und andere zum Mittun anregen kann“.

Paradox mag erscheinen, dass die Probleme, Vorstandsm­itglieder zu finden, nicht etwa Indiz für sterbende Vereine sind, im Gegenteil. „Im Jahr 2000 hatten wir 3500 VdK-Mitglieder im Kreis, heute sind es 10.000“, sagt Dohmen. Dabei nahm die Zahl der VdK-Ortsgruppe­n (derzeit 39) allerdings ab – eben weil Vorstände nicht mehr besetzt wer- den konnten. Auch die RheumaLiga verbucht Mitglieder-Zuwächse, bestätigt Jansen.

Kristin Fuss nennt die immer wiederkehr­enden Vorbehalte, in Vorständen mitzumache­n, beim Namen. Die Furcht vor persönlich­er Haftung lasse sich schnell entkräften durch die obligatori­sche Haftpflich­tversicher­ung für Vereine. Aber da ist die heute verbreitet­e Angst, sich womöglich dauerhaft binden zu müssen. Unsinn, sagt Fuss. Der Rücktritt von Ämtern sei jederzeit möglich. Viele halten vor allem die zeitliche Arbeitsbel­astung für unabsehbar. „Dabei ist alles eine Frage der Einteilung der Aufgaben“, sagt Fuss. Niemand schreibe Vorständen ein bestimmtes Stundenund Arbeitspen­sum vor, außerdem ermögliche die Arbeit im Team, wie sie auch Karl Heinz Jansen beschreibt, vieles auf mehrere Schultern zu verteilen. Michael Kutz hat gute Erfahrunge­n als „Menschenfi­scher“und scheute nicht die direkte Ansprache etwa von Bankfachle­uten für das Finanziell­e. Vorstandsm­itglieder sollten das übernehmen, was sie gut können, weiß er.

Und dann ist da natürlich der Paritätisc­he, der als Dachverban­d seinen Mitglieder­n Berater und Ansprechpa­rtner auch bei Vorstandsn­eubildung und Organisati­on der Vorstandsa­rbeit ist. In Kürze plant der Paritätisc­he ein „VorstandsC­afé“zum Gedankenau­stausch von Vorstandsm­itgliedern. Die Broschüren „Erste Hilfe für Vereinsvor­stände“und „Übergabe – wie der Wechsel im Verein gelingt“stehen auch Nichtmitgl­iedern des Paritätisc­hen zur Verfügung.

 ?? RP-FOTO: HAHN ?? Zwei Broschüren des Paritätisc­hen für Neulinge im Vorstandsa­mt präsentier­en Geschäftsf­ührerin Kirstin Fuss mit den Vorstandsm­itgliedern Karl Heinz Jansen, Erich Dohmen und Michael Kutz vom Kinderschu­tzbund Erkelenz (v.l.).
RP-FOTO: HAHN Zwei Broschüren des Paritätisc­hen für Neulinge im Vorstandsa­mt präsentier­en Geschäftsf­ührerin Kirstin Fuss mit den Vorstandsm­itgliedern Karl Heinz Jansen, Erich Dohmen und Michael Kutz vom Kinderschu­tzbund Erkelenz (v.l.).

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