Rheinische Post Erkelenz

Brandaktue­lles Theaterstü­ck

- VON KURT LEHMKUHL

Bisweilen atemlose Spannung und unheimlich­e Stimmung herrschten in der Erkelenzer Stadthalle: Das Junge Theater Bonn führte „Geheime Freunde“von Rudolf Herfurtner nach dem Roman „Der gelbe Vogel“von Myron Levoy auf.

ERKELENZ Das Junge Theater Bonn hätte bei der Aufführung des Theaterstü­cks „Geheime Freunde“in der Erkelenzer Stadthalle mehr Zuschauer verdient gehabt. Diejenigen, die gekommen waren, sparten nach dem Ende nicht mit Beifall und applaudier­ten den zum Teil sehr jungen Akteuren stehend.

Das Theaterstü­ck „Geheime Freunde“, das Rudolf Herfurtner nach dem Roman „Der gelbe Vogel“von Myron Levoy verfasst hat, gehört schon seit 2010 zum Repertoire des Jungen Theaters Bonn. Der Roman von 1977, der ursprüngli­ch als Jugendroma­n für Furore sorgte, beschäftig­t sich mit dem Erwachsenw­erden in einer schwierige­n Zeit, handelt von Jugendlich­en, die in einem Armenviert­el von New York in der Zeit des Zweiten Weltkriege­s leben und die nicht nur mit den Irrungen und Wirrungen ihrer Pubertät, sondern auch mit den Auswirkung­en des Krieges und religiösen Verblendun­gen aufwachsen. Der jüdische Junge Alan, befreundet mit dem katholisch­en Shaun und im ständigen gewalttäti­gen Clinch mit dem Judenhasse­r Condello, wird zum „geheimen“Freund der traumatisi­erten Naomi. Sie hatte die Ermordung ihres Vaters durch NaziScherg­en miterleben müssen und findet auch nach der Emigration nach New York nicht ihren Seelen- frieden. Erst Alan gelingt es, ihr wieder einen Zugang zur Welt zu verschaffe­n.

Durch die Freundscha­ft mit Naomi leidet seine Freundscha­ft mit Shaun, dem Alan die freundscha­ftliche Beziehung zu Naomi verschwie- gen hat. Zugleich strebt Alan nach Selbstbest­immung und muss doch immer wieder erkennen, dass er so handelt, wie es ihm die Eltern auferlegen. Wissen es die Eltern immer besser als ihre heranwachs­enden Kinder? Kann die Freundscha­ft ein Trauma überwinden? Wie weit geht Freundscha­ft, und wodurch zeigt sich Freundscha­ft? Viele Frage, die richtigerw­eise unbeantwor­tet blieben, weil auch das Ende nicht eitel Sonnensche­in versprach. Es bleibt nur bei allen die Hoffnung.

Bisweilen atemlose Spannung und unheimlich­e Stimmung herrschten im Saal und auf der Bühne beim Spiel der Akteure. Beeindruck­end war nicht nur das Bühnenbild, bei dem es gelungen war, die Wohnung von Alans Familie, Naomis Schlafzimm­er und das triste Leben auf der Straße gleicherma­ßen darzustell­en, beeindruck­end war auch das schauspiel­erische Können der noch jugendlich­en Darsteller. Der 2003 geboren Oscar Kafsack ging in der Rolle von Alan vollkommen auf, Louise Buhl, 2002 geboren, überzeugte als gebrochene Naomi. Benedikt Lewalter, der als Shaun agierte, und Gustavo Maia Jochen, der als Condello auftrat, sind 2001 geboren. Die Jugendlich­en ergänzten sich perfekt zu den Schauspiel­ern Jan Herrmann als Alans Vater, Andrea Brunetti als Alans Mutter und Gisela Hoensch als Mrs. Liebmann, die Naomi beherbergt.

Nach dem Stück blieben das Bedauern, dass es zu wenig Besucher hatte, und die Erkenntnis, dass „Geheime Freunde“mehr ist als nur ein Stück, das Vertreibun­g und Judenhass in Kriegszeit­en thematisie­rt. Es ist mit seiner Thematik brandaktue­ll, und es ist dem Jungen Theater Bonn zu danken, dass es das Stück nach wie vor aufführt, wenngleich die jugendlich­en Darsteller immer wieder altersbedi­ngt durch jüngere ausgetausc­ht werden müssen.

 ?? RP-FOTO: JÜRGEN LAASER ?? Die jugendlich­en Schauspiel­er Oscar Kafsack (Alan), Louise Buhl (Naomi), Benedikt Lewalter (Shaun) und Gustavo Maia Jochen (Condello) gingen in ihren Rollen – neben Jan Herrmann, Andrea Brunetti und Gisela Hoensch – auf.
RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Die jugendlich­en Schauspiel­er Oscar Kafsack (Alan), Louise Buhl (Naomi), Benedikt Lewalter (Shaun) und Gustavo Maia Jochen (Condello) gingen in ihren Rollen – neben Jan Herrmann, Andrea Brunetti und Gisela Hoensch – auf.

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