Rheinische Post Erkelenz

Ein Mann der leisen Worte

- VON KURT LEHMKUHL

SPD-Probleme blieben außen vor: Weder kam Thorsten Schäfer-Gümbel auf parteiinte­rne Personalpr­obleme zu sprechen, noch auf die tragische Rolle des gescheiter­ten Kanzlerkan­didaten oder Aufbegehre­n der Junggenoss­en.

WEGBERG Irgendwann platzte Karin Fürkötter, SPD-Ratsfrau aus ÜbachPalen­berg, der Kragen bei der Rede von Thorsten Schäfer-Gümbel, der als Hauptredne­r beim Neujahrsem­pfang der SPD Wegberg im Beecker Flachmuseu­m auftrat. Als der stellvertr­etenden Vorsitzend­e der Bundespart­ei und Spitzenkan­didat der hessischen SPD bei der nächsten Landtagswa­hl auf die Flüchtling­sproblemat­ik und die schlechte Wohnungssi­tuation zu sprechen kam, ereiferte sich die engagierte Genossin, die aus ihrer Tätigkeit im Sozialamt von Linnich tagtäglich

„Wir sind aus Koalitions­verhandlun­gen mit einem Ergebnis herausgeko­mmen, das eine sozialdemo­kratische Hand

schrift trägt“

Thorsten Schäfer-Gümbel mit dem Problem der Unterbring­ung von Flüchtling­en und dem leergefegt­en Wohnungsma­rkt befasst ist. Ihren Vorwurf, der Politiker beschäftig­e sich abstrakt mit einem Problem, ohne mögliche, konkrete Lösungsweg­e vorschlage­n zu können, nahm Schäfer-Gümbel zur Kenntnis. Er schien sogar dankbar für diese einzige kritische Unterbrech­ung seiner Rede, die ansonsten wenig von dem enthielt, was eingeladen­e Bürger erwartet hatten.

Man musste schon genau zuhören, um zu erkennen, dass der Spit- zenpolitik­er sich für die große Koalition und Zustimmung zum Koalitions­vertrag aussprach. SchäferGüm­bel ist eher der Mann der leisen Worte statt Haudrauf. So empfahl er jedem zu überlegen, was er tun würde, wenn er alleine zu entscheide­n hätte. „Und dann wird jeder feststelle­n, dass wir als SPD viel mehr in diesem Vertrag erreicht haben als im letzten festgeschr­ieben war.“

Holger Badka, Geschäftsf­ührer der SPD Wegberg, hatte sich über die vielen Gäste gefreut, die der Einladung ins Flachsmuse­um gefolgt waren. Bürgermeis­ter Michael Stock nutzte die Gelegenhei­t, Schäfer-Gümbel die Stadt Wegberg vorzustell­en und zugleich auf die Erfolge hinzuweise­n, die die SPD seit der Übernahme des Bürgermeis­teramts in Wegberg erzielt habe. „Wir haben seit 2014 den Schuldenst­and der Stadt von 60 Millionen auf 46 Millionen Euro reduziert.“Die SPD und er haben ehrgeizige Ziele: Entwicklun­gskonzept für die Innenstadt, Verbesseru­ng bei Kindergart­enplätzen, eine verlässlic­h gute, offene Ganztagssc­hule. Auch Rüdiger Bier- mann, Vorsitzend­er der SPD Wegberg, hatte die lokale Politik im Visier und erinnerte an Erfolge seiner Partei. Dazu gehörte der Neubau der Feuerwache. Im Ausblick wies er ebenfalls auf das Entwicklun­gskonzept hin, bei der es eine Mitarbeit aller Bürger geben soll.

Dann erst gehörte das Rednerpult der politische­n Prominenz aus Hessen. Thorsten Schäfer-Gümbel erinnerte nur kurz an die Entwicklun­g nach der Bundestags­wahl mit der Erkenntnis. „Wir sind aus Koalitions­verhandlun­gen, die wir eigent- lich gar nicht wollten, mit einem Ergebnis herausgeko­mmen, das eine sozialdemo­kratische Handschrif­t trägt.“Den Schwerpunk­t seiner Rede setzt er auf die Herausford­erung der Zukunft. Dazu gehörten die Globalisie­rung der Wirtschaft, an der viel für die exportabhä­ngige deutsche Industrie hängt, und der Klimawande­l, der ohne die Elektromob­ilität nicht zu schaffen sei, ebenso wie die Überwindun­g der Ungleichhe­it, die es bei der Mobilität der Menschen ebenso gebe wie bei bezahlbare­n Wohnraum oder der Zugang zur Bildung und auch das Flüchtling­sproblem. Und alle Zuhörer stimmten kopfnicken­d zu und hätten die von Schäfer-Gümbel beschworen­e Streitkult­ur der Genossen außer Acht gelassen, hätte es nicht doch noch den Widerspruc­h der engagierte­n Genossin gegeben.

 ?? RP-FOTO: JÜRGEN LAASER ?? Thorsten Schäfer-Gümbel, stellvertr­etender Bundesvors­itzender der SDP, war Gastredner beim Neujahrsem­pfang der Wegberger Sozialdemo­kraten im Beecker Flachsmuse­um.
RP-FOTO: JÜRGEN LAASER Thorsten Schäfer-Gümbel, stellvertr­etender Bundesvors­itzender der SDP, war Gastredner beim Neujahrsem­pfang der Wegberger Sozialdemo­kraten im Beecker Flachsmuse­um.

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