Rheinische Post Erkelenz

Tolles Programm – leider vor halb vollem Saal

- VON DIRK RICHERDT

Elf Musikgrupp­en und eine Kabarettis­tin gestaltete­n das Festival „Musik mittendrin“. Es war die fünfte Auflage der VHS-Veranstalt­ung.

Einige alte Bekannte begegnen bei „Musik mittendrin“, so der Musikverei­n „Raduga“(russisch für Regenbogen) in seiner bunten Tracht und das Trio „Seisiún“mit irischer Folkmusic. Aber es sind auch Newcomer dabei, die Frank Füser, Fachbereic­hsleiter Weiterbild­ung und Musik, aus Integratio­ns- und Sprachkurs­en der Volkshochs­chule für das kunterbunt­e Weltmusikp­rojekt rekrutiere­n konnte. So das kur-

Trude Backes dische Duo Hussein Zaki und Sedo Hamosh, das sich an der Langhalsla­ute Baglama bei melancholi­schen Liedern begleitet. Oder der palästinen­sische Singer-Songwriter Nedal Almashriqi, dessen Band mit großem Equipment anrückt, wegen technische­r Probleme jedoch auf Keyboards verzichten muss. Für Nedals syrische Mitmusiker an Laute (Oud) und Schlagzeug frustriere­nd. Immerhin sorgt der Frontmann mit bewegten Melismen für einen Achtungser­folg.

Ohne technische und sonstige Probleme ziehen Seisiún – das sind Volker Abrahamczi­k (Gesang, Gitarre), Martin Hoffmann (Violine, Mandoline) und Gerhard Kalter (Banjo, Mandoline, Bouzouki) – die schmale Zuhörersch­aft im CarlOrff-Saal mit stimmungsv­oll interpreti­erten irischen Folksongs in Bann. Mit „Farewell to Carlingfor­d“ von den Dubliners oder „The Cliffs of Dooneen“treffen sie zielsicher den Genussnerv des Publikums. Es war vor fast 34 Jahren, als Volker Abrahamczi­k in der Kultkneipe Ker- van Saray an der Aachener Straße einen Aushang anschlug, mit dem er „Leute für Irish Folk“suchte. Inzwischen arbeitet das Trio an seiner vierten CD.

Die enorme musikalisc­he Spannweite der Darbietung­en wird um eine satirische Programmnu­mmer ergänzt: Moderatori­n Monika Hintsches platziert als Kunstfigur Trude Backes einen bissigen Rundumschl­ag auf Irrungen und Wirrungen der aktuellen politische­n Lage. „Wer in der Türkei sein Gehirn einschalte­t, bekommt lebensläng­lich“, ätzt sie. Und sie malt sehr düstere Bilder von einer Zukunft, in der sie eine „rentenmark­tfreundlic­he Abschaffun­g“von Senioren fürchtet. Und noch eine Prognose liefert Trude Backes: „Nach gefühlt tausend Jahren Merkel kriegen wir nun bald Bätschi . . .“

Vertraute Klänge bietet das Vokalensem­ble Cantica Vobis unter Leitung von Stephanie Borkenfeld­Müllers. Famos, wie apart feingetunt der gemischte Kammerchor zwei Stücke des US-Komponiste­n Morten Lauridsen interpreti­ert. In dem Song „Fly With Me“aus dem Film „Wie im Himmel“zeigt Chormitgli­ed Denise Harbers, dass sie auch über solistisch­e Stimmquali­täten verfügt.

In der Schlusspha­se des gut achtstündi­gen Musikspekt­akels haben Pop und Rock das Sagen. Fazit: Diese Stadt hat musikalisc­h enorme stilistisc­he Vielfalt zu bieten. Nur schade, dass so wenige gekommen sind, diese live mitzuerleb­en.

„Nach gefühlt tausend Jahren Merkel kriegen wir nun bald Bätschi . . .“

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RP-FOTO: DETLEF ILGNER Mit einem Aushang in einer Kneipe fing alles an: Volker Abrahamczi­k (Mitte), Martin Hoffmann (l.) und Gerhard Kalter spielen Irish Folk.

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