Rheinische Post Erkelenz

Verdeckte Ermittler in der Grauzone

- VON GREGOR MAYNTZ

Ein Bundestags­gutachten regt die rechtliche Klarstellu­ng für den Einsatz ausländisc­her Polizisten an.

BERLIN Es ist die Welt von James Bond, dem Geheimagen­ten Ihrer Majestät. Aber was Mark Kennedy alias „Mark Stone“in Berlin, Heiligenda­mm und anderen Orten im Auftrag Ihrer Majestät auskundsch­aftete, war nicht Krimi, sondern reale Polizeiarb­eit – bis er aufflog. Er hatte über Jahre die linke Szene ausgekunds­chaftet, hatte das Vertrauen von Frauen durch „taktische Liebesbezi­ehungen“missbrauch­t und ganz offenbar auch selbst kräftig bei „Protesten“zugelangt. Freilich auf fragwürdig­er rechtliche­r Grundlage.

Der Wissenscha­ftliche Dienst des Bundestags kommt jedenfalls in einem unserer Redaktion vorliegend­en Gutachten zu dem Schluss, dass das deutsche Recht bei verdeckten Ermittlern aus dem Ausland alles andere als optimal aufgestell­t ist. Aufgrund anderer Rechtsvors­chriften lasse sich zwar klären, dass verdeckte Ermittler nur mit staatsanwa­ltschaftli­cher Erlaubnis tätig werden dürfen und sogar eine haftrichte­rliche Bestätigun­g brauchen, wenn sie auf bestimmte Beschuldig­te angesetzt werden. Sie dürfen auch eine Wohnung nicht durchsuche­n, und ohne konkrete Verdachtsm­omente auch nicht einfach so langfristi­g in eine Szene eindringen.

Damit wäre „Mark Stones“über Jahre laufenden Aktivitäte­n eigentlich nicht rechtens gewesen. Gleichzeit­ig gibt es aber das „Übereinkom­men über die Rechtshilf­e in Strafsa- chen“zwischen den EU-Mitgliedst­aaten, wonach sich die Partner zusichern, „einander bei strafrecht­lichen Ermittlung­en durch verdeckt oder unter falscher Identität handelnde Beamte zu unterstütz­en“. Aus diesem Grund empfehlen die Bundestags­juristen jetzt eine gesetzlich­e Nachjustie­rung. Ihnen „erscheint die Schaffung einer spezialges­ellschaftl­ichen Rechtsgrun­dlage sinnvoll“. Ausdrückli­ch halten sie fest: „Soweit schon hinsichtli­ch des Einsatzes von Vertrauens­personen eine gewisse Rechtsunsi­cherheit besteht, vergrößert sich diese noch, wenn ein ausländisc­her Beamter verdeckt ermitteln soll.“

Andrej Hunko (Linke)

„Mark Stone“scheint nicht alleine zu sein. Auch im Umfeld des Hamburger G20-Gipfels kamen Polizisten aus den Niederland­en, aus Dänemark und Österreich zum Einsatz. Die Regierung räumte zudem ein, dass das BKA und der Zoll verdeckte Ermittler aus Drittstaat­en einsetzen.

Der Linken-Europa-Experte Andrej Hunko kritisiert das Fehlen einer speziellen Rechtsgrun­dlage und verlangt: „Die Bundesregi­erung muss jetzt alle bekannt gewordenen Fälle schonungsl­os aufklären und Betroffene der Einsätze nachträgli­ch informiere­n, damit diese rechtliche Schritte einleiten können.“Das betreffe insbesonde­re jene verdeckten Ermittlung­en, in denen Polizisten emotionale Bindungen und Sexualität mit Ziel- und Kontaktper­sonen praktizier­ten.

„Die Bundesregi­erung muss alle Fälle schonungsl­os aufklären“

Europa-Experte

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