Rheinische Post Erkelenz

Experte: Falsches Konzept bei Real

- VON GEORG WINTERS

Der Tarifstrei­t zwischen dem Unternehme­n und Verdi hat sich verschärft.

DÜSSELDORF Wer die Tonlage in den Tarifgespr­ächen zwischen der SBWarenhau­skette Real und der Gewerkscha­ft Verdi verfolgt, hat nicht das Gefühl, dass eine Einigung in Sicht ist. Die Gewerkscha­fter beklagen, dass es kein echtes Zukunftsko­nzept für die Märkte gebe und Beschäftig­ten Altersarmu­t drohe, wenn die Metro-Forderunge­n nach einer Senkung der Lohnkosten erfüllt würden. Metro-Chef Olaf Koch bekräftigt dagegen stets gebetsmühl­enartig, bei Wettbewerb­ern, die nicht nach Tarif bezahlten, seien die Lohnkosten bis zu 30 Prozent niedriger.

Verhärtete Fronten. Ein Scheitern der Verhandlun­gen kann sich eigentlich keiner leisten – die Verantwort­lichen der Metro nicht, weil das Wholesale-Geschäft (Cash & Carry) in einem Cash Pool mit Real steckt, die Gewerkscha­ft Verdi nicht, weil ohne einen erfolgreic­hen Abschluss der Verhandlun­gen die Glaubwürdi­gkeit bei den Mitglieder­n leiden könnten. Also ringen sie weiter um die Zukunft des Sorgenkind­es Real.

„Das Personal- und Verkaufsko­nzept stimmt bei Real nicht“, urteilt der Mönchengla­dbacher Handels- professor Gerrit Heinemann. Ein Beispiel: Anstatt immer nur über die Höhe der Personalko­sten in den Niederlass­ungen zu diskutiere­n („Da sind die Gehälter nicht höher als bei Edeka und Rewe“) empfiehlt Heinemann einen anderen Ansatz: „Würde Real wie beispielsw­eise Amazon sein Zentrallag­er mit Robotern betreiben, hätte es in der Logistik 30 Prozent niedrigere Prozesskos­ten. Und mehr SB-Kassen wie in Großbritan­nien bereits üblich, allerdings solche, die auch wirklich funktionie­ren“.

Heinemann glaubt auch nicht an das Konzept der Markthalle in Kre- feld, die als leuchtende­s Beispiel für einen hochwertig­en Real-Markt der Zukunft stehen soll: „Man kauft halt kein Kobe-Rind bei Real.“Das Modell ist bisher komplett auch nur auf den Standort Braunschwe­ig übertragen worden; in anderen Niederlass­ungen wurden einzelne Module aus Krefeld angewandt.

Schwierige Lage. Metro-Chef Koch hat für den Fall, dass die Verhandlun­gen mit Verdi scheitern sollten, schon „eine andere Lösung“angekündig­t. Dass er in der Zeit einen Käufer für Real findet, gilt als unwahrsche­inlich.

In Handelskre­isen wird darüber spekuliert, dass Metro Wholesale eine ideale Verstärkun­g für Amazon Fresh wäre. „Die Kühl- und Frischelog­istik bei Amazon steht nicht, da könnte eine Übernahme der Metro durchaus Sinn machen“, so Heinemann. Rund 6,5 Milliarden Euro ist die Metro derzeit an der Börse wert. Da könnte man Real problemlos ohne großen Aufpreis draufpacke­n, sagen andere Branchenke­nner. Der wahre Wert stecke ohnehin in den Immobilien des Unternehme­ns, und die gehörten nicht Real, sondern der konzernwei­ten Immobilien­gesellscha­ft Metro Properties.

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FOTO: DPA Real setzt Hoffnung auf das Konzept der Markthalle Krefeld.

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