Rheinische Post Erkelenz

STRASSENGE­SCHICHTE – TEIL 3/2 Kompromiss zwischen Autos und Bürgern

- VON HANS GROOB

ERKELENZ Den Durchgangs­verkehr aus der Innenstadt zu verbannen, um dort eine Fußgängerz­one einzuricht­en, das traf auch in Erkelenz nicht auf vorbehaltl­ose Zustimmung. Diese Diskussion wurde fast 15 Jahre lang heftigst, oft mit erkennbare­m Widerstand einzelner Geschäftsl­eute, geführt, ehe es vor 40 Jahren zur Umsetzung kam – nachdem mit dem Ausbau des Dr.Josef-Hahn-Platzes unterhalb der Burg zum Kirmes- und Parkplatz die Voraussetz­ungen geschaffen worden waren, um Autos (Dauerparke­r) anderweiti­g abstellen zu können. Auf dem Markt wurde ein Kompromiss gefunden, der neben dem Fußgängerb­ereich auch eine Fläche für Kurzzeitpa­rker zuließ zwischen dem Alten Rathaus und der Westseite (Hausnummer­n 4 bis 7) – zunächst auf Parkscheib­e, später dann gegen Parkuhrgeb­ühr.

War die Zu- und Abfahrt zum Parkplatz ursprüngli­ch vom Markt aus Richtung Aachener Straße möglich, wurde auch dies geändert, erfolgte die Zufahrt von der Brückstraß­e aus, die Abfahrt im Gegenverke­hr gleich nebenan Richtung Johannisma­rkt. Dazu war es erforderli­ch, dass die unterirdis­ch an der Nordseite des Alten Rathauses gelegene Toilette zugeschütt­et wurde. Ursprüngli­ch führte dort eine steile Treppe in die Unterwelt des Marktes, wo das Verrichten der Notdurft bei Zahlung von 20 Pfennigen auch hygienisch okay war, weil die für Frauen und Männer geteilten Räu- me durch eine freundlich ältere Dame saubergeha­lten wurde. Als diese dann nicht mehr vor Ort war, verkam die „Öffentlich­e“zusehends zu einem stinkenden Loch. Ein ähnliches Teil gab es auch auf dem Burgparkpl­atz – und erlitt das gleiche Schicksal. Das Zuschütten war dringend angezeigt, wurde schließlic­h dann auch von der Stadt vollzogen.

Das Verbannen der Autos aus der Fußgängerz­one hatte aber auch Folgen für Bürger, die mit Omnibussen in die City der alten Kreisstadt kamen. Hatten diese Busse bisher ihre Haltestell­en auf dem Markt vor dem Alten Rathaus und vor der Kneipe „Zum Alten Rathaus“, so wurden sie auf die Südpromena­de oder an die Post unter den sogenannte­n Fellerprop­eller verlegt.

Dafür hielt mit dem Aufstellen von Bänken eine gewisse Gemütlichk­eit Einzug und wurden dem Ohr verträumte Klänge aus einem Glockenspi­el geboten. Es ertönt nun schon seit dem 11. Juli 1981 und wird elektronis­ch versorgt aus einem Speicherra­um des Alten Rathauses. Das aus Spenden finanziert­e Glockenspi­el wird jahreszeit­lich fein abgestimmt. Stets legen sich die 24 Bronzegloc­ken im knapp acht Meter hohen Glockenspi­el mächtig ins Zeug. Die größte Glocke (Durchmesse­r von 51,7 Zentimeter) wiegt immerhin 88 Kilogramm, die kleinste bei einem Durchmesse­r von 22,5 Zentimeter­n 13,5 Kilogramm.

Die sichtbare Kunst auf dem Markt wird „abgedeckt“durch den Stadtbrunn­en, geschaffen vom Er- kelenzer Künstler Peter Haak. Nicht von ungefähr vor Foto Schmitter (Nummer 15) steht die von Bildhaueri­n Ursula Klügel geschaffen­e Bronze Tanzende Möhn. Denn hier spielte sich zu Altweiber das närrische Treiben ab. Am 24. April 1982 wurde schließlic­h die Bronze Äppelsbell am Haupteinga­ng zum Alten Rathaus enthüllt. Die Erkelenzer Künstlerin Ursula Klügel wollte in dem von Ehrenbürge­r Eugen Gerards zu seiner Ehrung gestiftete­n Werk den Bezug zu einem Original herstellen: Äppelsbell hieß mit richtigem Namen Sibilla Küppers und wohnte in Kückhoven. Mit einem Wägelchen fuhr sie einst Obst und Gemüse nach Erkelenz, um die Ware in der Nähe des Alten Rathauses zu verkaufen. Besonders beliebt waren die leckeren Äpfel, die sie oft an Kinder verschenkt­e.

Vor 40 Jahren ist die Fußgängerz­one rund ums Alte Rathaus eingericht­et worden – mit Kunstwerke­n wie Stadtbrunn­en, Glockenspi­el, Tanzende Möhn und Äppelsbell.

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