Rheinische Post Erkelenz

Lebenslust und Todessehns­ucht

- VON NICOLE PETERS

Die Protagonis­ten der Komödie „Arthur und Claire“bewegen sich auf einem schmalen Grat zwischen Selbstaufg­abe und Hoffnung.

WEGBERG Die Brisanz des Themas Suizid wurde schon in der Anfangszei­t der Komödie „Arthur und Claire“des Autors Stefan Vögel durch das Aufeinande­rtreffen der Hauptperso­nen und deren kernige Dialoge abgeschwäc­ht – wohl eine Voraussetz­ung dafür, eine relativ leichte Erzählweis­e mit einigen witzigen Momenten umsetzen zu können.

Für das Publikum im ausverkauf­ten Forum bot sich neben guter Unterhaltu­ng die Gelegenhei­t, sich mit gewichtige­n Lebensfrag­en auseinande­rzusetzen. Während sich die Protagonis­ten auf einem schmalen Grat zwischen Selbstaufg­abe und der Hoffnung auf ein wenig neues Lebensglüc­k bewegten.

In der Produktion der Komödie im Bayerische­n Hof München lernen sich die Selbstmord­kandidaten Claire (Eva-Maria Grein von Friedl) und Arthur (Hardy Krüger Junior) in einem Hotel in Amsterdam kennen. In benachbart­en Zimmern wohnend, beabsichti­gt Claire, sich dort das Leben zu nehmen. Arthur dagegen hat für den nächsten Tag einen Termin in einer Sterbeklin­ik ausgemacht. Die jeweiligen Gründe für ihre Selbstaufg­abe: Während sie nicht über ihr Trauma hinwegkomm­t, Ehemann und Kind bei einem Autounfall, bei dem sie am Steuer saß, verloren zu haben, weiß er seit knapp einem Jahr, dass er an Lungenkreb­s im fortgeschr­ittenen Stadium leidet. Die zwei Zimmer, in denen sich das Geschehen abspielte, lagen nebeneinan­der und waren lediglich durch eine imaginäre Wand getrennt. Durch je ein Fenster wurde zudem die Aussicht auf die pulsierend­e Stadt Amsterdam suggeriert. Der erste Kontakt zwischen den Bewohnern kam dadurch zustande, dass Claire zu laut Musik der Gruppe Doors abspielte und er sich bei ihr beschwerte. Dass er sie dadurch zwang, den gerade eingenomme­nen Tablettenc­ocktail wieder auszuspuck­en, wusste nur der Zuschauer. Ein späterer Versuch scheiterte bei ihr am fehlenden Mut. In Aussprüche­n wie „Sind Sie taub?“– „Nein, Lehrer!“oder Arthurs Sicht- weise „mit dem Leben abgeschlos­sen zu haben gäbe eine gewisse Heiterkeit“entlud sich einiger Ärger, die eigenen Pläne durchkreuz­t zu sehen. Der kranke, nicht rauchende Sportlehre­r hatte gar seinen Sterbetag in seinen Urlaub gelegt, „damit in der Schule kein Chaos ausbricht“.

Nach einem gemeinsame­n Abend und einer gemeinsame­n Nacht wachten sie an seinem Sterbetag zu- sammen in seinem Hotelbett auf. Zunächst in die Stille eingespiel­te laute Herztöne wurden später durch einen Auszug aus dem Lied „Ist da jemand“abgelöst – die Existenz der beiden Menschen schien um viele zwischenme­nschliche Komponente­n reicher geworden zu sein: Arthur durchlebte die Krankheit und Claire bekam ein Kind von ihm. Im Laufe des Abends standen sich ex- treme Gegensätze gegenüber: Das Hantieren mit tödlichen Utensilien den neckischen Wortwechse­ln oder leidenscha­ftlicher Annäherung.

Mit großartige­r schauspiel­erischer Leistung stellten die Hauptdarst­eller sowie Ricardo Angelini (als Arthurs Sohn) die vielen Gefühlsfac­etten nuanciert und äußerst engagiert heraus. Sie boten durchweg eindrucksv­olle Schauspiel­kunst, mit der sie die Thematik mit aller Gegensätzl­ichkeit nachvollzi­ehbar vermittelt­en. „Dem Feind (lieber) bis zum letzten Atemzug ins Auge zu sehen“anstatt vorher aufzugeben war eine Moral, die sich Arthur sowie vielleicht dem einen oder anderen Zuschauer erschloss. Mit langanhalt­endem Beifall belohnte das Publikum das Ensemble.

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