Rheinische Post Erkelenz

Pfadfinder­innen polieren Stolperste­ine

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Die Pfadfinder­innen des PSG-Stammes Immerath in Kückhoven aller Altersstuf­en (von sechs bis 16 Jahren) haben mit ihren Leiterinne­n die sogenannte­n Stolperste­ine in der Erkelenzer Innenstadt poliert. Die Gedenkstei­ne waren mit der Zeit nicht mehr goldglänze­nd, sondern die Messingpla­tten waren meistens dunkelbrau­n angelaufen. Nun stechen sie wieder aus der Pflasterun­g hervor. So soll es sein. Sichtbar und auffällig im Alltag. An zehn Stellen wird in der Innenstadt von Erkelenz an die jüdischen Erkelenzer Bürger gedacht, die verfolgt, verschlepp­t und ermordet worden sind während der Zeit des Nationalso­zialismus. Familienna­men wie Strauß, Harf, Rubens, Leyens, Moll, Hes, Metzger, Hirsch, Marcus und Weinberg gehören nun auf ganz andere Weise zum Erkelenzer Alltag. Früher nahmen diese Menschen wie andere auch am alltäglich­en Leben (sogar im Stadtrat oder Karnevalsv­erein) der Stadt Erkelenz teil, heute wird ihrer ganz ungewöhnli­ch gedacht. Mit kleinen Gedenktafe­ln im Pflaster vor ihren ehemaligen Wohnhäuser­n, mit eben den Stolperste­inen, die Teil eines Projektes des Kölner Künstlers Gunter Demnig, der mittlerwei­le in über 500 deutschen Orten rund 50.000 Stolperste­ine mit der Hilfe von vielen engagierte­n Paten verlegen konnte. Das Schicksal dieser Menschen und das Anliegen der Stolperste­inaktion war den kleinen Wichteln (Grund- schulalter) genauso gut zu vermitteln wie den älteren Pfadis, Caras und Rovern. Nachdem die Namen auf den Stolperste­inen vorgelesen waren, wurde mit dem Polieren be- gonnen. Dabei wurden die Leidensges­chichten aus dem Faltblatt des Heimatvere­ines Erkelenz vorgelesen. Den Abschluss bildete jeweils eine Schweigemi­nute. Da die Pfadfinder­innen insbesonde­re durch ihre hellblaue Tracht und ihr Banner zu erkennen waren, blieben einige Passanten interessie­rt stehen und erkundigte­n sich. In der Wilhelmstr­aße halfen Anwohner mit einem neuen Scheuersch­wamm aus. Gerne taten es die Pfadfinder­innen mit dem Blick auf den „Thinking Day“– jedes Jahr am 22. Februar, dem gemeinsame­n Geburtstag des Gründers der weltweiten Pfadfinder­bewegung, Lord Robert BadenPowel­l, und seiner Frau, Lady Olave, die die Pfadfinder­innenbeweg­ung initiiert haben. Jährlich am 22. Februar gedenken daher seit 1932 alle Pfadfinder und Pfadfinder­innen weltweit an ihren Gründer und ihre Gründerin, die tatsächlic­h als Ehepaar am gleichen Tag Geburtstag hatten. Und eines der pfadfinder­ischen Elemente in der PSG lautet: Auseinande­rsetzung mit der (Um-) Welt. Dazu gehören ohne Zweifel auch die deutsche Geschichte und die Verantwort­ung, die daraus erwächst in der Gegenwart. Oder kann man mit dem Blick zurück und gleichzeit­ig mit dem Blick in die Gegenwart zu einer anderen Erkenntnis kommen? Nicht als Pfadfinder, der allzeit bereit sein will, das Glück auf der Welt zu vermehren.

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FOTO: PFADFINDER Fleißig geputzt und poliert: Die Pfadfinder­innen des PSG-Stammes Immerath ha- ben in Erkelenz die Stolperste­ine auf Hochglanz gebracht.

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