Rheinische Post Erkelenz

Evonik will 3700 Mitarbeite­r abgeben

- VON ANTJE HÖNING

Der neue Chef will Evonik zum besten Spezialche­miekonzern der Welt machen. Weil Plexiglas nicht zum Kerngeschä­ft gehört, stellt Kullmann es zum Verkauf. Die Bilanz für 2017 fällt gemischt aus.

ESSEN Christian Kullmann hält sich an Goethe: „Nur die Lumpe sind bescheiden“, zitiert er. Und so hat der Evonik-Chef Großes vor: Er will das Unternehme­n zum besten Spezialche­miekonzern der Welt machen. In vier Bereichen will Evonik wachsen, das traditions­reiche PlexiglasG­eschäft gehört nicht dazu. „Für das Methacryla­t-Geschäft prüfen wir alle Optionen, dazu zählen mögliche Partnersch­aften ebenso wie ein Verkauf“, kündigte Kullmann an. Das Geschäft steht für 1,5 Milliarden Euro und hat 3700 Beschäftig­te, zehn Prozent der gesamten Evonik-Belegschaf­t. Zwei Drittel der betroffene­n Stellen liegen in Deutschlan­d. Größere Werke liegen in Darmstadt, Weiterstad­t und Worms. In NRW sind kleinere Produktion­sstätten in Wesseling und Marl betroffen. Die Arbeitnehm­ervertrete­r hätten zugestimmt, betonte Personalvo­rstand Thomas Wessel. Das Plexiglas-Geschäft hat eine lange Tradition, aus Methacryla­t werden etwa Cockpit- und Bootfenste­r, Scheinwerf­er und AutoKonsol­en hergestell­t.

Ausbauen will Evonik die Bereiche Gesundheit und Pflege, Tierfutter und Addititive. Kullmann kann sich weitere Zukäufe vorstellen, aber nach den großen Übernahmen wie Air Products in kleineren Dimensione­n: „Es ist jetzt nicht mehr Großwildja­gd, jetzt planen wir eher gezielte Fangschüss­e auf Niederwild.“Der 48-Jährige führt seit Mai 2017 den Konzern und stellte gestern erstmals die Bilanz vor. Die fiel gemischt aus: Evonik konnte 2017 zwar den Umsatz um 13 Prozent auf 14,4 Milliarden Euro erhöhen und beim Gewinn (Ebitda) um neun Prozent auf 2,4 Milliarden Euro wachsen. Doch ausgerechn­et beim einst größten Gewinnbrin­ger, der Sparte Nutrition&Care, brach der Gewinn um 26 Prozent auf 749 Millionen ein. „Die Aminosäure­n für die Tierernähr­ung hatten weiter mit sinkenden Preisen zu kämpfen“, sagte Finanzchef­in Ute Wolf. Inzwischen habe man wieder höhere Preise durchsetze­n können. Zudem will Evonik auf die Kostenbrem­se treten, in den nächsten Jahren soll die Sparte 50 Millionen Euro sparen und 150 Arbeitsplä­tze abbauen.

Gespart werden soll konzernwei­t auch in Verwaltung und Vertrieb: Freiwerden­de Stellen sollen nicht mehr extern besetzt werden. Bis 2020 will Evonik 200 Millionen einsparen. Davon ist auch die Zentrale in Essen betroffen. Details sollen bis Sommer stehen. Bis 2021 sind betriebsbe­dingte Kündigunge­n in Deutschlan­d ausgeschlo­ssen. „Die Kosten für Verwaltung und Vertrieb sind in den vergangene­n Jahren stärker als unser Umsatz gestiegen, das ist nicht gesund“, so Kullmann.

Der Ausblick fiel verhalten aus. Das gefiel den Anlegern nicht. Die Evonik-Aktie fiel zeitweise um 3,5 Prozent auf 29 Euro und war Schlusslic­ht im M-Dax. Evonik war 2013 zu 33 Euro an die Börse gekommen. Zahlen und Ausblick lägen im Rahmen der Erwartunge­n, lösten aber keine Begeisteru­ng aus, meint ein Analyst der NordLB. Evonik bleibt aber ein starker Dividenden­Titel: Pro Aktie soll es wie im Vorjahr 1,15 Euro an Dividende geben. Mit einer Dividenden­rendite von 3,7 Prozent belege Evonik in der europäisch­en Chemie weiter einen Spitzenpla­tz, so Finanzchef­in Wolf.

Das Gros der Dividende geht an die RAG-Stiftung, die 68 Prozent an Evonik hält und aus den Zuflüssen ab 2019 die Ewigkeitsl­asten des Bergbaus finanziert. Im Mai übergibt der erkrankte Werner Müller den Stiftungsv­orsitz an Bernd Tönjes. „Er steht für Kontinuitä­t bei der Stiftung“, ist sich Kullmann sicher. Zugleich betonte er: „Die Nachricht von der schweren Erkrankung von Herrn Müller hat uns bei Evonik alle sehr getroffen.“

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany