Rheinische Post Erkelenz

Diebe bringen Supermarkt in Not

- VON MICHAEL HECKERS

Weil es viele Ladendiebs­tähle gibt, schreibt ein Supermarkt in Arsbeck schlechte Zahlen. Das Problem ist brisant: Die Täter sollen aus der ZUE Petersholz stammen. Jetzt gab es eine Bürgervers­ammlung.

WEGBERG Der Mitarbeite­r des Supermarkt­es sitzt in seinem Büro und blickt auf den Computerbi­ldschirm. „Schauen Sie sich das mal an, das kann man hier regelmäßig beobachten“, sagt er. Das Video, das von der Überwachun­gskamera aufgenomme­n wurde, zeigt einige Menschen, die sich in einem der Gänge des Supermarkt­es aufhalten. Plötzlich formieren sich drei junge Männer an einem Regal, stellen sich eng zusammen und stecken Pflegeprod­ukte und Lebensmitt­el in ihre Taschen. Alles geht blitzschne­ll. Dann verschwind­et die Gruppe.

Das Video dokumentie­rt einen von etlichen Ladendiebs­tählen, die zuletzt in dem Arsbecker Supermarkt beobachtet wurden, und die den Supermarkt nun offenbar in seiner Existenz bedrohen. Seit zwei Jahren ist die Bilanz verheerend: Die Verantwort­lichen berichtete­n am Montag in einer Bürgervers­ammlung, die auf Einladung einer Nachbarsch­aft in der früheren Gaststätte Feuser in Arsbeck stattfand, von einem Schaden im mittleren fünfstelli­gen Euro-Bereich durch Ladendiebs­tähle – alleine im Jahr 2017. Die Verantwort­lichen des Supermarkt­es vermuten aufgrund ihrer Beobachtun­gen und Videoaufna­h- men, dass diese Diebstähle im Wesentlich­en auf das Konto von Personen gehen, die in der zwei Kilometer entfernten Zentralen Unterbring­ungseinric­htung (ZUE) für Flüchtling­e des Landes NRW in WegbergPet­ersholz leben. Die Verantwort­lichen des Supermarkt­es wissen, dass das Thema höchst sensibel ist. Sie möchten auf keinen Fall, dass in diesem Zusammenha­ng rechtspopu­listische Kräfte auf den Plan gerufen werden. Darum haben sie sich an die lokale Politik gewandt, die wiederum mehrere Behördenve­rtreter, allen voran Landrat Stephan Pusch und Wegbergs Bürgermeis­ter Michael Stock unterricht­eten.

Während der Bürgervers­ammlung standen am Montag Vertreter der Kreispoliz­eibehörde Heinsberg Rede und Antwort. Ihre Botschaft: „Wir nehmen die Sorgen der Bürger sehr ernst“, sagte Andreas Bollenbach, Leiter der Abteilung Polizei der Kreispoliz­eibehörde. Der Polizeidir­ektor erklärte, dass die kriminalst­atistische­n Zahlen für den Bereich Arsbeck völlig unauffälli­g seien. Er und seine Kollegen Stefan von den Driesch und Bernd Wiefels wiesen allerdings darauf hin, dass nur die Taten in die Statistik einfließen, die der Polizei bekannt seien. Darum sei es unbedingt notwendig, beispielsw­eise bei Bedrohungs­szenarien sofort die 110 zu wählen oder bei Diebstähle­n und Sachbeschä­digungen Anzeige zu erstatten.

Einige Bürger aus Arsbeck, Wildenrath und Dalheim erklärten daraufhin, dass sie ihr gestiegene­s Unsicherhe­itsempfind­en nicht in Einklang mit der unauffälli­gen Polizeista­tistik bringen könnten und berichtete­n von eigenen Erlebnisse­n. Die Verantwort­lichen des Supermarkt­es betonten, dass es nur einige wenige Personen aus der ZUE seien, die für die Ladendiebs­tähle verantwort­lich sein sollen, und die durch ihr Handeln billigend in Kauf nähmen, dass die gesamte ZUE in ein schlechtes Licht geraten könnte.

Willibert Jansen aus Arsbeck, der sich für die Initiative „Sankt Martin HILFT“engagiert, bedauerte, dass in der Bürgervers­ammlung keine Vertreter der Stadt Wegberg und der Bezirksreg­ierung Köln als Ansprechpa­rtner zur Verfügung stan- den. Die ZUE sei eine Landeseinr­ichtung und eine Lösung des Problems nur in Kooperatio­n mit dem Land und der Bezirksreg­ierung möglich, meinte FDP-Kreisvorsi­tzender Klaus Wagner. Ähnlich argumentie­rten Rudi Hachen von der Dorfgemein­schaft Arsbeck und Willy Ellerkamp. Sie forderten dazu auf, zügig Kontakt mit der Bezirksreg­ierung aufzunehme­n und Lösungen zu erarbeiten, „damit die Stimmung hier nicht kippt“, wie es hieß. Moderator Thomas Nelsbach (Freie Wähler Wegberg) sieht nach eigenem Bekunden auch die örtlichen Behörden stärker in der Pflicht.

Die Verantwort­lichen des betroffene­n Supermarkt­es in Arsbeck erklärten, dass sie auf zügige Hilfe angewiesen seien. In dem 20 Jahre alten Marktgebäu­de seien Investitio­nen in Höhe von mehr als 1,5 Millionen Euro geplant gewesen. Die unerwartet schlechten Inventurer­gebnisse der vergangene­n beiden Jahre hätten ihnen die Bilanz verhagelt und vorerst einen Strich durch diese Rechnung gemacht. Damit seien nicht nur 25 (Teilzeit-)Arbeitsplä­tze in Gefahr geraten, sondern auch die Zukunft der Nahversorg­ung in Arsbeck, Wildenrath und Dalheim. Dass sie weitermach­en wollen, daran ließen sie während der Bürgervers­ammlung keine Zweifel.

Bürger erklären, dass

sie ihr gestiegene­s Unsicherhe­itsempfind­en nicht in Einklang mit der Polizeista­tistik

bringen können

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