Rheinische Post Erkelenz

Weniger Kinder gegen Masern geimpft

- VON EVA QUADBECK

Die Bereitscha­ft von Eltern, ihre Kinder gegen Masern impfen zu lassen, sinkt. Dabei empfehlen Ärzte die Vorsorgema­ßnahme dringend. Die Folgen einer Infektion können lebensgefä­hrlich sein.

BERLIN Das Ziel der Weltgesund­heitsorgan­isation (WHO), wonach 95 Prozent der Kinder spätestens zum vierten Geburtstag einen wirksamen Impfschutz gegen Masern haben sollen, verfehlt das Rheinland bei Weitem. Das geht aus dem Gesundheit­sreport der AOK Rheinland/Hamburg hervor, der unserer Redaktion vorliegt. Trotz verstärkte­r Aufklärung hat die Impfmüdigk­eit in den vergangene­n Jahren noch weiter zugenommen.

Für einen umfassende­n Schutz sollten Kinder bis zum zweiten Geburtstag die erste Masernimpf­ung erhalten und bis zum vierten Geburtstag den zweiten „Pieks“. Den Daten der AOK zufolge erhielten im Jahrgang 2011 noch 96,4 Prozent der Kinder die erste Impfung. Von den Kindern des Jahrgangs 2014 waren es nur noch 94,4 Prozent. Hochgerech­net auf Nordrhein-Westfalen wurden also etwa 3500 Kinder in einem Jahrgang weniger geimpft. Bei der zweiten Impfung sind die Eltern noch nachlässig­er. Nur 89,9 Prozent der Kinder des Jahrgangs 2012 verfügen über den vollen Impfschutz.

„Auch kleine Impflücken können große Folgen haben“, warnt der Chef der AOK Rheinland/Hamburg, Günter Wältermann, und verweist darauf, dass es immer wieder zu regionalen Masernausb­rüchen kommt. In NRW gab es 2017 einen großen Masernausb­ruch. 520 Fälle zählten die Meldestell­en. Damit registrier­te NRW mehr als die Hälfte aller bundesweit­en Masernfäll­e. Ein Zentrum des Ausbruchs war Duisburg mit 332 Fällen. In den meisten Fällen heilen Masern einfach aus, daher zählen sie auch zu den Kinderkran­kheiten. In etwa zehn bis 20 Prozent der Fälle kommt es aber zu Komplikati­onen, warnt der Berufsverb­and der Kinder- und Jugendärzt­e. Durch das geschwächt­e Immunsyste­m können zum Beispiel Mittelohre­ntzündung, Bronchitis oder Lungenentz­ündung folgen. In einem von 1000 Fällen tritt eine lebensbedr­ohliche Gehirnhaut­entzündung auf.

Seit Jahren fordern Politiker, Behörden und Ärzteverbä­nde die Eltern auf, ihre Kinder gegen Masern impfen zu lassen. Im Juni des vergangene­n Jahres verschärft­e Gesundheit­sminister Hermann Gröhe (CDU) noch einmal die Gesetzesla­ge. Die Eltern können weiterhin entscheide­n, ob sie ihr Kind impfen lassen, aber sie müssen sich beraten lassen. Wer das verpflicht­ende Angebot nicht wahrnimmt, muss seit dem vergangene­n Sommer von den Erzieherin­nen bei den Behörden gemeldet werden. Die Eltern können mit einer Strafe bis zu 2500 Euro belegt werden. Ob die gesetzlich­e Neuregelun­g die Impfquote erhöhen kann, wird man frühestens nach einem Jahr ablesen können.

Bislang ist Mülheim an der Ruhr die einzige Stadt in NRW, die mit einer Masern-Impfquote von 95,3 Prozent das Ziel der Weltgesund­heitsorgan­isation erreicht. In Düsseldorf haben nur 90,4 Prozent der Kinder über vier Jahre den umfassende­n Masernschu­tz. In Duisburg, wo es in der Vergangenh­eit mehrfach zu Ausbrüchen der VirusKrank­heit kam, sind es 91,3 Prozent. Allerdings sind dort seit Ende Februar wieder elf Menschen an Masern erkrankt. Die niedrigste­n Masern-Impfquoten haben im Bereich der AOK Rheinland der Kreis Euskirchen (85,8 Prozent), die Stadt Leverkusen (85,7) und der Oberbergis­che Kreis (83,9). Gute Quoten weisen hingegen der Kreis Neuss (94,3), Mönchengla­dbach (93,5) und der Kreis Wesel (93,1) auf.

Mit ihren niedrigen Impfquoten gehört die reiche Industrien­ation Deutschlan­d ausgerechn­et zu den Ländern, denen es nicht gelingt, über die kritische Schwelle von 36 Monaten ohne Masernfäll­e zu gelangen.

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