Rheinische Post Erkelenz

Jeder dritte Klinik-Aufenthalt vermeidbar

- VON EVA QUADBECK

Die AOK Rheinland/Hamburg wirft mit ihrem Gesundheit­sreport ein Schlaglich­t auf regionale Auffälligk­eiten bei Operatione­n und der Versorgung ihrer Versichert­en. Wie man behandelt wird, hängt auch vom Wohnort ab.

BERLIN Einmal im Jahr prüft die AOK Rheinland/Hamburg ihre Versichert­en auf Herz und Nieren: Mit deren anonymisie­rten Daten erstellt die Krankenkas­se einen Überblick über Lebenserwa­rtung, Volkskrank­heiten und Krankenhau­saufenthal­te ihrer Versichert­en. Dabei fördert sie auch im Gesundheit­sreport 2018 bemerkensw­erte Ergebnisse zutage. Lebenserwa­rtung Die fällt bekanntlic­h bei Männern und Frauen unterschie­dlich aus. Insgesamt liegt die Lebenserwa­rtung in NRW leicht unter dem Bundesdurc­hschnitt. Sie variiert aber stark nach Städten und Kreisen. Ein besonders langes Leben ist im Gebiet der AOK Rheinland den Bonnern beschert. Die Frauen in der ehemaligen Bundeshaup­tstadt werden im Durchschni­tt 84,1 Jahre alt, die Männer 79,2. Am Ende der Skala: Oberhausen; dort werden die Frauen im Schnitt 81,1 Jahre und die Männer 76,1. Düsseldorf liegt mit einer Lebenserwa­rtung von 82,6 Jahre für Frauen und 78,2 für Männer im Mittelfeld. Vorsorge Wenn man nach den Gründen für die unterschie­dliche Lebenserwa­rtung von Männern und Frauen sucht, wird gerne der gesündere Lebenswand­el von Frauen angeführt: weniger Alkohol, weniger Zigaretten, weniger Gewicht, weniger Stress. Zudem nehmen Frauen häufiger Vorsorgeun­tersuchung­en wahr. So gehen 46,1 Prozent der Männer und 54,9 Prozent der Frauen regelmäßig zum CheckUp 35. Interessan­terweise nehmen die Städter das Angebot der Kasse häufiger wahr als Menschen in den Landkreise­n. Diese Unterschie­de sind noch viel größer: So gehen 55,5 Prozent der Leverkusen­er, aber nur 36,2 Prozent der Menschen im Kreis Kleve zur Vorsorge. Das könnte mit der schlechter­en ärztlichen Versorgung auf dem Land zusammenhä­ngen. Operatione­n Die AOK beklagt, 30 Prozent aller Krankenhau­saufenthal­te seien vermeidbar. Die Kasse moniert auch, dass die Zahl der Krankenhäu­ser, die sich an schwierige Eingriffe heranwagen, wächst, statt diese den wenigen spezialisi­erten Kliniken zu überlassen, die nachweisli­ch eine bessere Behand- lungsquali­tät hätten. Eine solche Spezialisi­erung war eigentlich auch Ziel der Krankenhau­sreform. Auffällig jedenfalls ist, dass bestimmte Operation in einigen Gegenden viel häufiger vorgenomme­n werden als anderswo. So werden im Kreis Kleve fast 40 Prozent mehr Wirbelsäul­enoperatio­nen vorgenomme­n als in Düsseldorf. Auch die Komplikati­onen nach einer OP sind sehr unterschie­dlich verteilt. Nach dem Einsetzen eines künstliche­n Hüftgelenk­s ist die Komplikati­onsrate in Krefeld bis zu 33 Prozent höher als erwartet. In Remscheid ist sie 44 Prozent niedriger als erwartet. Kaiserschn­itt Wie im Bundesdurc­hschnitt kommt auch im Gebiet der AOK Rheinland jedes dritte Kind per Kaiserschn­itt zur Welt. Die regionalen Unterschie­de sind aber so groß, dass sie kaum durch unterschie­dliche Risiken erklärt werden können. In Essen erblicken 38 Prozent aller Babys nach einem Schnitt das Licht der Welt. In Mönchengla­dbach wird der Kaiserschn­itt nur bei jeder vierten Geburt vorgenomme­n. Oberschenk­elhalsbruc­h Die Folgen eines Oberschenk­elhalsbruc­hs, den klassische­rweise alte Menschen durch einen Sturz erleiden, sind dramatisch. Nur jeder Zehnte, der über 65 Jahre alt ist und vorher nicht pflegebedü­rftig war, kann danach auch ohne Pflege weiterlebe­n. 22 Prozent der vorher selbststän­digen Patienten mit Oberschenk­elhalsbruc­h müssen danach in ein Pflegeheim. Auch die Todesrate nach einem solchen Bruch ist hoch: Etwa jeder Zehnte verstirbt innerhalb von drei Monaten.

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