Rheinische Post Erkelenz

Sprunghaft­er Anstieg bei Polizisten-Trick

- VON ANDREAS SPEEN

2017 wurden der Kreispoliz­ei 140 Fälle mitgeteilt, in denen Unbekannte versuchten, sich als Polizisten auszugeben, um an Geld und Schmuck älterer Menschen zu kommen. In den ersten zwei Monaten dieses Jahres waren es schon 298 Fälle.

KREIS HEINSBERG Für die Opfer brechen ganze Welten zusammen. Sie glauben, der echten Polizei zu helfen, werden stattdesse­n aber Opfer falscher Polizisten, die ihnen Geld und Schmuck wegnehmen. „Diese Menschen werden um die Ersparniss­e ihres Lebens gebracht“, sagt Dieter Prosch, der Leiter der Direktion Kriminalit­ät bei der Kreispoliz­ei in Heinsberg ist, und ergänzt: „Das macht mich wütend.“

140 Mal haben es falsche Polizisten im Vorjahr im Kreis Heinsberg versucht, ältere Menschen dazu zu bewegen, mit ihnen bei der Aufklärung vermeintli­cher Kriminalfä­lle zu kooperiere­n. Sie forderten diese Personen unter verschiede­nen Vorwänden dazu auf, ihnen Wertsachen auszuhändi­gen. „In den ersten zwei Monaten dieses Jahres hat sich die Anzahl der Anrufe bereits mehr als verdoppelt“, ist Polizeidir­ektor Andreas Bollenbach, der Leiter der Abteilung Polizei der Kreispoliz­eibehörde Heinsberg, alarmiert. 298 Fälle seien seiner Behörde bereits gemeldet worden: „Wir müssen von einer noch viel größeren Dunkelziff­er ausgehen.“

Neun Mal erreichten die Täter im vergangene­n Jahr im Kreis Heinsberg ihr Ziel und erbeuteten Geld und Schmuck in einem Gesamtwert von 337.480 Euro. Einmal richteten sie dabei einen Gesamtscha­den von 146.500 Euro und einmal von 90.000 Euro an. Im Januar und Februar dieses Jahres sind schon drei Fälle vollendet worden. „In zweien wurden jeweils 50.000 Euro übergeben, und in einem wurde eine Dame aufgeforde­rt, die Beute aus dem Fenster zu werfen, was sie auch tat“, berichtet Prosch. „Bei ihr wurden 12.500 Euro erbeutet.“Dass die Opfer unter großen Druck gesetzt und großem Stress ausgesetzt werden, ergänzt Bollenbach: „Oft rufen die Täter zum Beispiel abends oder nachts an, um zu verhindern, dass sich die Opfer zu dieser Zeit noch bei Verwandten oder Bekannten zurückvers­ichern.“So lasse sich erklären, warum die Opfer – bis auf einen Mann alles Frauen zwischen 71 und 92 Jahren – Geld oder Schmuck an ihnen fremde Menschen aushändige­n. Außerdem komme es vor, dass die Täter nicht davor zurückschr­ecken, ihre Opfer mehrere Male um Geld zu bringen.

Über einen solchen Fall, der sich am Montag und Dienstag in ÜbachPalen­berg zugetragen hat, berichtet Angela Jansen, die Pressespre­cherin der Polizei in Heinsberg: „Eine 66jährige Frau erhielt Montag gegen 22.25 Uhr einen Anruf einer angebliche­n Polizistin. Die Frau sprach akzentfrei Hochdeutsc­h und teilte ihr mit, dass ein Einbruch unmittelba­r bevorstehe­n würde. Sie solle alles Bargeld und ihren Schmuck an Polizisten übergeben, die gleich bei ihr klingeln würden, um den Diebstahl zu verhindern.“Kurz darauf sei dann ein etwa 30 Jahre alter, arabisch wirkender Mann an der Haus- tür erschienen: „Er trug einen Vollbart und war mit einem grünen Parka bekleidet. Die Kapuze hatte er über den Kopf gezogen. Er ließ sich Geld und Schmuck aushändige­n und ging davon. Am Dienstag meldete sich dann gegen 8.15 Uhr telefonisc­h ein Mann und gab sich ebenfalls als Polizist aus. Er drängte die Übach-Palenberge­rin auf Hochdeutsc­h, auch ihre Ersparniss­e von der Bank zu holen und das Geld auf dem Parkplatz eines Supermarkt­es an ,die Polizei’ zu übergeben. Dies tat die Frau. Das Geld wurde durch denselben Mann abgeholt, der am Abend zuvor bei ihr war.“

Niemals würde die Polizei Geld oder Schmuck an sich nehmen, erklärt Prosch. Auch rufe die Polizei niemals unter der Nummer 110 an, betont Bollenbach und erklärt, dass neuerdings auch mit der jeweiligen Vorwahl des Opfers und der anschließe­nden 110 angerufen werde. Aus seiner Sicht stehen „erkennbar organisier­te Strukturen hinter den Anrufen, die eine Region nach der anderen abarbeiten“. Anders lasse sich der „sprunghaft­e Anstieg“der Fälle nicht erklären.

Die Polizei appelliert, dass die Menschen – Verwandte, Bekannte, Freunde wie auch Bankangest­ellte – stärker aufeinande­r aufpassen und sich gegenseiti­g warnen sollten. So wie am Montag in Geilenkirc­hen, wo sich Bankangest­ellte wunderten, als eine 82-jährige Frau einen hohen Geldbetrag abheben wollte, erzählt Jansen: „Sie konnten die Frau davon abhalten, ihr Geld abzuheben und an angebliche Polizeibea­mte zu übergeben und informiert­en die Polizei sowie Angehörige. So gelang es ihnen, die Dame vor einem Vermögensv­erlust zu bewahren.“

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RP-FOTO: ILGNER (ARCHIV) Falsche Polizisten riefen in diesem Jahr im Kreis Heinsberg schon 300 Mal bei älteren Menschen an, um an Geld und Schmuck zu gelangen.

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