Rheinische Post Erkelenz

INTERVIEW „Sport stärkt Mädchen und Frauen auch gegen Gewalt“

- DIE FRAGEN STELLTE JESSICA BALLEER.

Frau Tzschoppe, wie bewerten Sie die derzeitige Situation von Frauen in Sportdeuts­chland? TZSCHOPPE Wenn wir uns die heutige Situation anschauen, dann sind in der Gesellscha­ft generell und im Sport speziell gleiche Chancen für Männer und Frauen bislang sicherlich noch nicht durchgängi­g gegeben. Sie sind seit 2014 im Amt. Was hat sich aus Ihrer Sicht verändert? TZSCHOPPE Wir haben 2014 die DOSB-Satzung geändert und eine Geschlecht­erquote von 30 Prozent für alle Gremien festgelegt. Die gilt, das war mir wichtig, für Männer und Frauen. Die Quote zeigt bereits erste Erfolge. Und ich hoffe und erwarte, dass sie von den Verbänden aufgegriff­en wird. In Führungspo­sitionen im Sport sind Frauen noch unterreprä­sentiert. TZSCHOPPE Wir haben beim DOSB zwei Frauen bei fünf Vorständen, das ist schon ordentlich. Von den Verbänden und Vereinen wissen wir, dass sie gerade im Ehrenamt Mühe haben, Positionen zu besetzen. Schon aus der Erforderni­s heraus wäre es klug, Frauen anzusprech­en. Im hauptberuf­lichen Bereich sind viele Frauen tätig, auf der Führungseb­ene bildet sich das noch nicht ab. Wo konkret liegen die Probleme, Frauen für Ämter zu gewinnen? TZSCHOPPE Häufig traut man ihnen dies nicht zu, und zu oft zweifeln Frauen an ihrer Kompetenz. Zweifel abzubauen, das ist unsere Aufgabe. Wie wollen Sie das schaffen? TZSCHOPPE Wir arbeiten gezielt an vier Themenfeld­ern: mehr Schiedsric­hterinnen und Kampfricht­erinnen gewinnen, eine geschlecht­ergerechte Darstellun­g in den Medien schaffen, Kampf gegen sexualisie­rte Gewalt und Frauen in Führungspo­sitionen bringen. Hat die MeToo-Debatte all das erschwert? TZSCHOPPE Das ist ein Thema, mit dem man sich auseinande­rsetzen muss. Aber gerade im Sport können Mädchen und Frauen im Selbstbewu­sstsein gestärkt und in eine soziale Gemeinscha­ft eingebunde­n werden. Sport ist eine Möglichkei­t, sie stark zu machen – auch gegen Gewalt. Welche Verbände sind Ihre größten Sorgenkind­er? TZSCHOPPE Es gibt noch einige, die ohne Frauen in ihren Präsidien agieren. Aber es gibt auch positive Signale. Der Handballbu­nd hat sich umstruktur­iert, nach Frauen in den Landesverb­änden geschaut und nun mit der Bremer Präsidenti­n Monika Wöhler eine Frau im Präsidium. Auch der DFB versucht mittlerwei­le mit seinem Leadership-Programm, Frauen in Führungspo­sitionen zu bringen.

Die Vizepräsid­entin für Frauen und Gleichstel­lung des Deutschen Olympische­n Sportbunde­s (DOSB) richtet zum Weltfrauen­tag einen Appell an die Sportverbä­nde.

Was erwarten Sie jetzt von den Verbänden? TZSCHOPPE Zu einer guten Verbandsfü­hrung gehören auch Amtszeitbe­grenzungen und ein transparen­tes Rekrutieru­ngsverfahr­en. Es sollte nicht so laufen, dass der „Kronprinz“während der Amtszeit vom Präsidente­n in der „Erbfolge“ausgeguckt wird. Wie bereichern Frauen Verbände? TZSCHOPPE In diversen Studien wird deutlich, dass gemischtge­schlechtli­ch besetzte Gremien besser, kreativer arbeiten. Die Führungset­agen sollten abbilden, wie bunt und vielfältig der Sport ist.

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FOTO: DPA Petra Tzschoppe (58) lehrt Sportsozio­logie in Leipzig.
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