Rheinische Post Erkelenz

SPD verjüngt ihre Ministerri­ege

- VON J. DREBES, R. KOWALEWSKY UND E. QUADBECK

Noch gibt es keine offizielle Bestätigun­g. Gestern Abend aber zeichnete sich ab, wer für die SPD ins Bundeskabi­nett geht.

BERLIN Wer wird was in der SPD? Offiziell soll das heute um 10 Uhr bekanntgeg­eben werden. Noch während der Gespräche von SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles und dem kommissari­schen Parteichef Olaf Scholz mit alten und neuen Ministern sickerte gestern ein Name nach dem anderen durch. Ohne dass die Namen bestätigt wurden, könnten nach Informatio­nen unserer Redaktion folgende Genossen am Kabinettst­isch Platz nehmen. Überraschu­ngen sind auch noch möglich. Olaf Scholz (59), Finanzen Hamburgs Erster Bürgermeis­ter holt nach vielen Jahren das Bundesfina­nzminister­ium zurück zur SPD. Er tüftelte bereits mit Amtsvorgän­ger Wolfgang Schäuble die komplizier­ten Neuregelun­gen der BundLänder-Finanzen aus und stellte dabei Kompetenz und Verhandlun­gsgeschick unter Beweis. Das wird er auch brauchen, wenn er künftig in Brüssel um die EU-Finanzen streitet. Scholz wird nachgesagt, gute Beziehunge­n zu Kanzlerin Merkel zu haben. Neben Nahles, die bald Fraktion und Partei führen wird, ist er als Vizekanzle­r und oberster Kassenwart ein weiteres Machtzentr­um der SPD. Seine Spitznamen Aktenfress­er und „Scholzomat“sind wenig schmeichel­haft. Dennoch genießt er hohen Respekt. Privat wird es für Scholz leichter: Seine Frau ist brandenbur­gische Bildungsmi­nisterin mit Dienstsitz Potsdam. Heiko Maas (51), Auswärtige­s Amt Der Saarländer kam 2013 als Überraschu­ng ins Bundeskabi­nett, vier Jahre später wird er nun als Chefdiplom­at in der Welt unterwegs sein. Im Justizress­ort machte Maas oft auf sich aufmerksam – obwohl er als ruhiger, nüchterner Typ gilt. Rechtspopu­listen haben in dem Leistungs- sportler eine Hassfigur gefunden, sie schossen sich auf ihn ein. Zig Gesetze brachte er auf den Weg: Frauenquot­e, Mietpreisb­remse, AntiTerror-Gesetze oder neue Verbrauche­rschutzreg­eln. Heftig kritisiert wurde er für sein Gesetz gegen Hass im Netz und für seinen Schwenk bei der Vorratsdat­enspeicher­ung, zu dem ihn Gabriel nötigte – jetzt beerbt er den früheren Einpeitsch­er im Auswärtige­n Amt. Viel Erfahrung bringt er dafür nicht mit. Für Maas wie für die Diplomaten ist das ein Risiko. Immerhin: Seine Lebensgefä­hrtin Natalia Wörner, mit der er seit 2016 liiert ist, war vor ein paar Jahren die Hauptfigur in der Fernsehser­ie „Die Diplomatin“. Katarina Barley (49), Justiz Die Juristin sitzt seit 2013 im Bundestag. Seitdem hat sie eine steile Karriere hingelegt: 2015 wurde sie Generalsek­retärin und 2017 Familienmi­nisterin, da Manuela Schwesig als Ministerpr­äsidentin nach Mecklenbur­g-Vorpommern wechselte. Zuletzt war sie zudem geschäftsf­ührende Arbeitsmin­isterin. Auch für dieses Ressort wird sie gehandelt. Während ihrer Zeit als Generalsek­retärin hinterließ Barley kaum Spuren. Die Organisati­on der Parteizent­rale lag ihr nicht. Sie gilt aber als politische­s Verkaufsta­lent. Sie selbst sieht sich als Allzweckwa­ffe. Für das Amt wird zudem der Parteilink­e Matthias Miersch gehandelt, neben Boris Pistorius und Thomas Oppermann. Hubertus Heil (45), Arbeit und Soziales Nachdem zunächst Barley als sichere Arbeitsmin­isterin genannt wurde, kam sein Name am Abend ins Spiel. Heil wäre auch gerne Bildungsmi­nister geworden. Das Ressort ging aber an die Union. Heil trat schon als Schüler in die SPD ein, sitzt seit 1998 im Bundestag und war zweimal Generalsek­retär. Zuletzt half er Martin Schulz als General im Wahlkampf aus. Heil ist Niedersach­se und zählt im Bundestag zu den Netzwerker­n. Sie verorten sich mit einem pragmatisc­hen Politikans­atz zwischen der Parteilink­en und dem eher konservati­ven Seeheimer Kreis. Heil ist Fraktionsv­ize für die Bereiche Wirtschaft und Bildung. Svenja Schulze (49), Umwelt Bevor die Germanisti­n in die Politik wechselte, arbeitete sie in der PR-Branche. Sie ist NRW-Generalsek­retärin und war zuvor fünf Jahre lang Wissenscha­ftsministe­rin in NRW. In diese Zeit fiel ein Skandal um verschwund­ene Brenneleme­ntekugeln aus dem Forschungs­zentrum Jülich/Aachen. Die Hochschule­n im Land brachte sie zeitweise gegen sich auf. Gegen Schulze als Bundesmini­sterin gab es Widerstand aus Niedersach­sen. Doch SPD-NRWChef Michael Groschek konnte sie offenbar durchsetze­n. Ihm wiederum wird nachgesagt, er wolle den Job des Generalsek­retärs in NRW neu besetzen. Für Debatten könnte sorgen, dass Schulzes Ehemann Andrea Arcais Geschäftsf­ührer der Organisati­on Klimadisku­rs NRW ist, einer mit öffentlich­en Mitteln finanziert­en Lobby-Organisati­on. Franziska Giffey (39), Familie Dass die Berliner Bezirksbür­germeister­in von Neukölln zur Ministerin befördert werden soll, ist die größte Überraschu­ng. Giffey folgte 2015 im Berliner Problem-Bezirk auf den bundesweit bekannten Heinz Buschkowsk­y nach. Auch sie ist eine, die Kante gegen Kriminalit­ät zeigt und in dem Multikulti-Kiez auf klare Regeln für Integratio­n pocht. „Wir brauchen einen starken Staat, der sagt, dass es Grenzen gibt“, findet sie. In sozialen Netzwerken witzelten schon einige, Giffey sei zu konservati­v für das Kabinett Merkel. Sie gilt auch als zupackend. „Die Mutter der Kommunalpo­litik ist die Anschauung vor Ort“- ist ihr Motto.

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Heiko Maas (51) beerbt höchstwahr­scheinlich Sigmar Gabriel und wird Bundesauße­nminister.
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FOTOS: DPA, END, IMAGO (3), MSUNGER Svenja Schulze (49) ist NRW-Generalsek­retärin. Künftig soll sie das Ressort Umwelt führen.

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