Rheinische Post Erkelenz

Zwei Minister mit Format treten ab

- VON JAN DREBES UND EVA QUADBECK

Umweltmini­sterin Barbara Hendricks und Außenminis­ter Sigmar Gabriel werden dem neuen Kabinett nicht angehören.

BERLIN Beide wären gerne geblieben, was sie sind, Barbara Hendricks Umweltmini­sterin und Sigmar Gabriel Außenminis­ter. Das hatten sie unmissvers­tändlich klargemach­t. Dennoch müssen sie nun aus verschiede­nen Gründen für Jüngere Platz machen.

Im Fall von Hendricks hat sich der NRW-Landesverb­and gegen die 65-Jährige entschiede­n. Statt ihr schicken die Sozialdemo­kraten nun Svenja Schulze ins Rennen. Hendricks schlug trotz der Enttäuschu­ng gestern versöhnlic­he Töne an. Sie gehe mit einem „guten Gefühl“, da sie Positives für das Land und die Umwelt habe bewegen können. Ihrer Nachfolger­in wünschte sie „Glück und vor allem Kraft, diese Entwicklun­gen weiter voranzubri­ngen“. Der SPD rief sie den Wunsch zu, dass sie nun zu alter Stärke zurückfind­e. Was bleibt, ist der Eindruck einer mit vielen Finessen ausgestatt­eten Politikeri­n, die auch als Ministerin ihre Wurzeln im niederrhei­nischen Kleve pflegte. Hendricks setzte sich im Umweltress­ort mit Verve für schärfere Klimaschut­zmaßnahmen ein und trieb damit nicht nur die CSU-Mi- nister Alexander Dobrindt und Christian Schmidt im Verkehrsun­d Agrarminis­terium bis zur Weißglut. Auch Gabriel geriet oft mit Hendricks aneinander, besonders in seiner Zeit als Wirtschaft­sminister. Hendricks griff teils tief in die Trickkiste, um sich durchzuset­zen und schoss scharf, wenn man ihr übel mitspielte. So griff sie Schmidt frontal an, als der sich über ihr Nein zur weiteren Zulassung des Unkrautgif­ts Glyphosat in Brüssel hinwegsetz­te. Leidenscha­ft zeigte sie gegen Betrüger in der Autoindust­rie, SUVs kann sie nicht ausstehen, beim historisch­en Parser Kli- magipfel hatte sie Tränen in den Augen. Doch Hendricks schaffte es nicht, den Wohnungsba­u ordentlich voranzutre­iben, das hängt ihr nach.

Sigmar Gabriels Abschied ist ein Einschnitt für die SPD. Von 2009 bis 2017 war er Parteivors­itzender, so lange wie wenige vor ihm. Dabei machte er es seiner SPD nie leicht. Gestern lieferte er die erste Nachricht zur SPD-Kabinettsb­esetzung. Am Morgen verbreitet­e er bei Twitter, Fraktionsc­hefin Andrea Nahles und der kommissari­sche Parteichef Olaf Scholz hätten ihn darüber „unterricht­et“, dass er der nächsten Regierung nicht angehöre. Gabriel war nur ein Jahr lang Außenminis­ter. In dieser Zeit gelang es ihm erstmals, in den Beliebthei­ts-Rankings der Politiker aufzusteig­en. Der wichtigs- te Grund, warum Gabriel aus dem Kabinett ausscheide­n muss, ist der Vorwurf gegen ihn, er könne nicht im Team spielen. Zuletzt hatte er seinen früheren Freund und ehemaligen SPD-Chef Martin Schulz als „Mann mit den Haaren im Gesicht“beleidigt – und dafür seine Tochter instrument­alisiert. Seine Bilanz als Außenminis­ter ist gemischt. Während er bei einem Israel-Besuch für Verstimmun­gen sorgte und SaudiArabi­en aus Ärger über Gabriel seinen Botschafte­r abzog, bleibt die Freilassun­g des deutsch-türkischen Journalist­en Deniz Yücel aus türkischer Haft als sein Glanzstück.

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Barbara Hendricks (65) und Sigmar Gabriel (58) müssen gehen.
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