Rheinische Post Erkelenz

Wegberger SPDler treten aus Partei aus

- VON MICHAEL HECKERS

Das Ja zur Groko sorgt für Krisenstim­mung bei der SPD Wegberg: 15 Mitglieder, darunter der Vorsitzend­e des Ortsverein­s Rüdiger Birmann, erklären ihren Parteiaust­ritt. Zwölf Alt-SPDler wollen eine Ortsgruppe der Partei „Die Linke“gründen.

WEGBERG Wenige Tage nach dem Ja zur Großen Koalition von CDU/CSU und SPD auf Bundeseben­e erklären 15 Mitglieder aus dem Ortsverein Wegberg ihren Austritt aus der SPD, darunter der bisherige SPD-Ortsverein­svorsitzen­de Rüdiger Birmann und seine Stellvertr­eterin Annette Dahmen-Langela. Zur Begründung heißt es in einer Mitteilung: „Leider sind die Unterschie­de zwischen uns und der Partei auf allen Ebenen mittlerwei­le so groß geworden, dass wir uns gezwungen sehen, unseren Austritt aus der SPD zu erklären, um weiterhin unsere Ziele verfolgen zu können.“

Die 15 Mitglieder erklärten ihren Schritt am Mittwochab­end während einer Vorstandss­itzung des Wegberger SPD-Ortsverein­s. Die Austrittse­rklärungen seien bereits unterschri­eben, sagte Rüdiger Birmann. Der Ortsverein Wegberg hatte bislang 117 Mitglieder, jetzt sind es 102. SPD-Kreisvorsi­tzender Norbert Spinrath nahm die Austritte im Gespräch mit unserer Redaktion mit Bedauern zur Kenntnis. Spinrath erklärte, dass es sich in Wegberg aus seiner Sicht um ein Einzelphän­omen handele und ihm nach dem Ja zur Groko keine weiteren Austritte aus der SPD auf Kreisebene bekannt seien. Die Zahl der SPDMitglie­der im Kreis Heinsberg stieg nach Angaben des Kreisvorsi­tzenden seit Anfang 2017 um 80 auf 977 (Stand: 6. Februar 2018).

Wie Rüdiger Birmann gegenüber unserer Redaktion erklärte, wollen sich zwölf der 15 ausgetrete­nen SPD-Mitglieder nach einer rechtlich vorgeschri­ebenen sechswöchi­gen Übergangsf­rist der Partei „Die Lin- ke“anschließe­n. Es sei geplant, mit sechs weiteren Linke-Mitglieder­n aus Wegberg eine neue Ortsgruppe zu gründen. Bisher gibt es im Kreis Heinsberg vier Ortsgruppe­n der Linken: Hückelhove­n, Wassenberg, Übach-Palenberg, Geilenkirc­hen.

Die SPD Wegberg kündigt nach den Austritten eine Erklärung fürs Wochenende an. Bürgermeis­ter Michael Stock, einer der beiden stellvertr­etenden Vorsitzend­en des SPD-Ortsverein­s Wegberg, befindet sich bis dahin noch in Urlaub. Der Wegberger SPD-Fraktionsv­orsitzende Ralf Wolters hat kein Ver- ständnis für das Verhalten seiner ehemaligen Parteifreu­nde und besonders des bisherigen Ortsverein­svorsitzen­den Rüdiger Birmann: „Ich finde es befremdlic­h, dass jemand, der sich immer für Basisdemok­ratie eingesetzt hat, die Mehrheitse­ntscheidun­g der SPD für die Groko nicht akzeptiert.“So sieht es auch Norbert Spinrath, der die Entwicklun­g bedauert und Birmann als sehr engagierte­n Ortsverein­svorsitzen­den bezeichnet. Das Ja zur Groko sei ein Lehrstück für die Demokratie, ein urdemokrat­isches Verfahren, das für die Streit- und Diskussion­s-

Rüdiger Birmann kultur innerhalb der SPD auf Kreis-, Landes- und Bundeseben­e erfrischen­d und belebend gewesen sei. Deshalb könne er den Schritt der nun ausgetrete­nen SPDler nicht nachvollzi­ehen. Er selbst habe großen Respekt vor dem Ergebnis des SPD-Mitglieder­entscheids, „auch wenn es nicht das Ergebnis war, dass er erwartet habe“, sagt Spinrath. Wenn man eine andere Auffassung habe, stünden innerhalb der Partei genügend Instrument­e und Methoden zur Verfügung, um für seine Meinung und eine entspreche­nde Mehrheit zu werben.

Norbert Spinrath

Die 15 ausgetrete­nen SPD-Mitglieder begründen ihren Schritt nicht nur mit dem Ja zur Groko, das aus ihrer Sicht ein schlichtes „Weiter so“und eine weitere Spaltung der Gesellscha­ft in Arm und Reich bedeute. „Auf Kreisebene fällt uns die Identifika­tion mit diversen Entscheidu­ngen, unter anderem CETA, und vor allem die Art der Entscheidu­ngsfindung schwer“, heißt es in ihrer Erklärung. Auf städtische­r Ebene sei beispielsw­eise ihr dringender Wunsch nach einer Elternbefr­agung zum Thema Gesamtschu­le durch Teile der Fraktion konterkari­ert worden. „Es sind nicht die Grundwerte der Sozialdemo­kratie an sich, mit denen sich unsere Unzufriede­nheit begründet.“

Die Austritte haben Auswirkung­en auf den Wegberger Stadtrat. Mit Annette Dahmen-Langela und Detlev Kuhr erklärten zwei Personen ihren Austritt, die bislang für die SPD im Rat saßen. Rüdiger Birmann erklärt, dass beide ihre Mandate behalten und in dieser Funktion künftig für die Linken Politik im Rat der Stadt Wegberg machen wollen.

Die SPD Wegberg war bereits 2014, vier Monate vor der Kommunalwa­hl, von einer Austrittsw­elle betroffen. Damals traten sechs langjährig­e Mitglieder der SPD um die damalige Ortsverein­svorsitzen­de Nicole von den Driesch aus der Partei aus, nachdem Michael Stock seine Bereitscha­ft zur Bürgermeis­terkandida­tur erklärt hatte. Ihren Austritt begründete­n sie damals mit unüberbrüc­kbaren Differenze­n innerhalb des SPD-Ortsverein­s. Die ehemaligen Sozialdemo­kraten gründeten die Wählergeme­inschaft Aktiv für Wegberg (AfW), die bei der Kommunalwa­hl drei Ratsmandat­e holte.

„Die Unter

schiede zwischen uns und der SPD sind zu groß“

„Bei der Entwicklun­g in Wegberg handelt es sich um ein Einzelphän­omen“

SPD-Kreisvorsi­tzender

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FOTOS: HELDENS, LAASER (ARCHIV)
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