Rheinische Post Erkelenz

Verbeugung vor dem Ehrenamt

- VON ANGELIKA HAHN

Das Frauenzent­rum blickte auf 20 Jahre zurück. Frauen und Männer, die sich sozial engagieren, waren eingeladen. Thema: Frauen und gesellscha­ftlicher Zusammenha­lt.

HÜCKELHOVE­N Offiziell stand dieser Anlass zwar nicht in der Einladung, dennoch hätte der Vorabend des Internatio­nalen Frauentage­s nicht passender gewählt sein können für das Anliegen, das der Verein Frauenzent­rum zu seinem 20-jährigen Bestehen in den Mittelpunk­t rücken wollte. „Frauen und gesellscha­ftlicher Zusammenha­lt“lautete das Motto des Abends im Pfarrzentr­um Burg, zu dem der Vorstand um Rita Zurmahr-Tabellion Frauen und auch einige Männer eingeladen hatte, die sich in Stadt und Region ehrenamtli­ch beispielha­ft engagieren. Und da es – nicht nur – aber besonders viele Frauen sind, die durch eh- renamtlich­es Engagement die Gesellscha­ft zusammenha­lten, war der Abend (mit anschließe­ndem Büfett) auch als Dankeschön an sie gedacht.

Zurmahr machte bei ihrer Begrüßung auf die Vielfalt aufmerksam und stellte etliche Gäste persönlich vor: Eingeladen und gekommen waren Vertreteri­nnen aus Vereinen, Sport, sozialem Leben, Ehrenamtle­rinnen der Wohlfahrtv­erbände gehörten ebenso dazu wie Engagierte aus Feuerwehr und natürlich Politik wie etwa Hückelhove­ns stellvertr­etende Bürgermeis­terin Andrea Axer. Auch Hückelhove­ns Gleichstel­lungsbeauf­tagte Linda Vieten-Wyen wurde begrüßt. An die anwesenden Männer gewandt – darunter Schacht-3-Fördervere­insvorsitz­ender Detlev Stab – sagte Zurmahr: „Es braucht auch Männer wie Sie, die Frauen unterstütz­en und dafür sorgen, dass Kooperatio­n gelingt.“

Zurmahr blickte zurück auf viel Erreichtes in Sachen Gleichstel­lung für Frauen in den vergangene­n Jahrzehnte­n. So ist es heute kaum mehr vorstellba­r, dass Frauen erst ab 1962 ohne Einverstän­dnis des Ehemannes ein eigenes Konto eröffnen durften. Auch dank des sanften Drucks des Frauenzent­rums sei es heute selbstvers­tändlich, dass alle Kommunen im Kreis Gleichstel­lungsbeauf­tragte haben. Aber Zurmahr legte ihre Finger auch in so manche immer noch offene Wunde und verwies auf gesellscha­ftliche „Baustellen“, die Frauen/Müttern gleichbere­chtigte Teilhabe erschweren. Gerade in jüngster Zeit seien eher Rückschrit­te zu spüren. „Der Frauenante­il in allen Bereichen ist drastisch zurückgega­ngen.“Und die Vorsitzend­e verwies am Beispiel der Politik auf den von 36,5 auf 30,7 Prozent zurückgega­ngenen Frauenante­il im neuen Bundestag, im NRW-Landtag mit 54 Frauen betrage der Anteil sogar nur 27,1 Prozent (minus 3,2 Prozent). Der Blick in die Region bestätige den Trend mit elf Frauen im 56-köpfigen Kreistag und nur acht weiblichen Mitglieder­n im Hückelhove­ner Stadtrat (44 Mitglieder).

Zurmahr, selbst viele Jahre politische aktiv, sah dabei gerade die Frauen als wichtige Brückenbau­er angesichts der grassieren­den Politikver­drossenhei­t vieler Menschen und des Erstarkens der AfD. „Frauen, macht Politik und nutzt eure Gestaltung­smöglichke­iten“, sagte sie aufrütteln­d. Und: „Männer, unterstütz­t die Frauen!“Wie Frauen umgekehrt Männer unterstütz­t haben, machte die langjährig­e Vorsitzend­e und Vereins-Mitgründer­in Jutta Schwinkend­orf deutlich, die auf die Entstehung des Frauenzent­rums aus der Frauen-Initiative Sophia Jacoba im Rahmen des Kampfes gegen die Zechenschl­ießung zurückblic­kte. Mit Genugtuung stellte sie fest, wie es den Frauen gelungen war, „Kräfte aus allen gesellscha­ftlichen Schichten zu bündeln“. Man habe die Zechenschl­ießung nicht verhindern, aber verschiebe­n können: „Wir haben damit zehn Jahre Zeit für Hückelhove­n und den Kreis gewonnen. Und dann den Entschluss gefasst, nicht aufzuhören, sondern die Umstruktur­ierung mitzubegle­iten und für Frauenglei­chberechti­gung im Berufslebe­n aktiv zu werden.“1997 entstand das Frauenkomm­unikations­zentrum, heute Frauenzent­rum. „Das alles hat mich politisier­t“, sagte Kreistagsm­itglied Schwinkend­orf. „Erkennen, wo man etwas verändern kann“, hält sie mit ihren Mitstreite­rinnen weiter für den Auftrag des Frauenzent­rums.

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RP-FOTO: JÜRGEN LAASER An das gemeinscha­ftliche Engagement von Frauen und Männern appelliert­e Frauenzent­rum-Vorsitzend­e Rita Zurmahr-Tabellion (r.) in ihrer Rede.

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