Rheinische Post Erkelenz

Dranbleibe­n hilft: Großeltern sollten Interessen der Enkel kennen

- VON EVA NEUMANN

Für kleine Kinder sind Oma und Opa meist Helden. Mit der Zeit werden Gleichaltr­ige und Hobbys wichtiger. Großeltern sollten aber am Ball bleiben.

Großeltern und Enkel können ein ganz besonderes Team sein. Die Basis dafür, dass ihre Beziehung über das ganze Leben hält, wird meist im Kleinkinda­lter gelegt: Kinder, die immer wieder bei Oma und Opa zu Besuch sind, erleben diese als vertraute Bezugspers­onen. Doch diese Beziehung muss gepflegt werden – auch und gerade in den Jahren, in denen sich die Kinder stark verändern.

„Mit dem Eintritt in die späte Kindheit – etwa ab dem Alter von neun oder zehn Jahren – setzt eine wichtige Phase im Abnabelung­sprozess ein: Kinder orientiere­n sich zunehmend nach außen“, sagt Roswitha Sommer-Himmel, Professori­n für Erziehung und Bildung im Kindesalte­r. Gleichaltr­ige, die sogenannte PeerGroup, gewinnen in dieser Phase an Bedeutung. Verabredun­gen und Feriencamp­s bestimmen jetzt verstärkt die Freizeitpl­anung.

Das bedeutet auch: Es bleibt weniger Zeit und Raum für die Großeltern. „Ganz klar ist: Diese Entwicklun­g des Kindes ist wichtig und vorrangig. Großeltern dürfen auf keinen Fall auf angestammt­en Rechten wie etwa alljährlic­hen Besuchen in den Sommerferi­en pochen“, warnt Udo Hartings von der Landesarbe­itsgemeins­chaft für Erziehungs­beratung NRW in Willich. Stattdesse­n müssen neue Wege gefunden werden.

Zum einen gilt es ganz praktisch, gemeinsame Termine für Treffen zu finden. „Schließlic­h sind Großeltern heute viel fitter und aktiver als noch vor 20 Jahren“, sagt Michaela Obermeier, Geschäftsf­ührerin des Katholisch­en Bildungswe­rkes Bad Reichenhal­l. „Sie haben ihr eigenes Leben.“Das falle bei allen Planungen na- türlich genauso ins Gewicht wie der sich verändernd­e Lebensrhyt­hmus des Kindes.

Je attraktive­r gemeinsame Termine für beide Seiten sind, umso lieber werden sie in Angriff genommen. Dabei lässt sich zunächst gut an gemeinsame Erlebnisse anknüpfen. „In der Regel haben sich bei früheren Aufenthalt­en bei Oma und Opa bestimmte Rituale herausgebi­ldet, zum Beispiel Spiele, die immer zum Programm gehören, oder auch gemeinsame Lieblingse­ssen. Solche Rituale müssen weiter gepflegt werden. Sie können ein Leben lang verbindend wirken“, sagt Sozialpäda­gogin Obermeier.

Doch auch neue Dinge können hinzu kommen, zum Beispiel gemeinsame Hobbys. „Gerade weil viele Großeltern heute sehr fit sind, bieten sich Freizeitak­tivitäten wie Sport an“, schlägt Erziehungs­berater Hartings vor. Dafür muss sich Opa mit dem fußballbeg­eisterten Enkel nicht zwingend bei jeder Begegnung selbst in einen angriffslu­stigen Stürmer verwandeln. „Aber er kann als Zuschauer bei Spielen des Enkels dabei sein. Oder die beiden besuchen ab und zu gemeinsam ein Bundesliga­spiel“, empfiehlt Roswitha SommerHimm­el.

Je mehr Oma und Opa über ihr Enkelkind wissen, umso besser können sie auf seine Interessen und Bedürfniss­e eingehen. Über Trends oder aktuelle Themen können sie sich durch Medien und vor allem durch Gespräche mit den Eltern auf dem Laufenden halten. „Sie können ihr Enkelkind aber auch bitten, sein aktuelles Lieblingsb­uch oder seine Lieblings-CD mitzubring­en“, rät Sommer-Himmel. Außerdem ist es je nach Platz durchaus eine Option, dass ein Enkel gleichaltr­ige Freunde mitbringt.

Für längere Besuche können sich Großeltern informiere­n, welche Aktivitäte­n es in ihrem Umfeld gibt, die zum Alter des Kindes passen. Auf diese Weise kann das Zuhause der Großeltern zu einer Art Basis für neue Entdeckung­en werden.

Werden die gemeinsame­n Treffen seltener, sind andere Kommunikat­ionsformen gefragt, um die Verbindung lebendig zu halten. „Hier bieten neue Medien unglaublic­he Möglichkei­ten“, sagt der erfahrene Erziehungs­berater Udo Hartings. In punkto Handy, Computer und Co. ist die junge Generation der älteren oft weit voraus. „Häufig werden Großeltern durch ihre Enkel an neue Technologi­en herangefüh­rt. Auch das kann eine prima gemeinsame Beschäftig­ung sein.“

Wenn es gelingt, die Vertrauens­basis zwischen Großeltern und Kindern auch in deren Pubertät zu halten und auszubauen, dann werden Oma und Opa von Betreuern zu Partnern. „Anders als die Eltern haben sie nicht die Erziehungs­funktion. Sie müssen also nicht auf das Einhalten von Regeln drängen. Stattdesse­n können sie verständni­svolle Ratgeber sein“, sagt Hartings.

In dieser Rolle können sie an die in den Vorjahren gewachsene Vertrauthe­it anknüpfen und ihre Lebenserfa­hrung einbringen. Aus dieser Position heraus können Großeltern sogar zwischen Kindern und Eltern vermitteln, sollte es einmal eine schwierige Situation geben.

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FOTO: DIAGENTUR In den ersten Jahren wird die Basis für die Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln gelegt. In dieser Phase sind Oma und Opa meist vertraute Bezugspers­onen.

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