Rheinische Post Erkelenz

Falken-Kinderstub­e über der Kirchturmu­hr

- VON GABI LAUE

Wanderfalk­en brüten auf dem Erkelenzer Kirchturm: Wer rund um St. Lambertus wohnt, wird nicht von lieblichem Vogelgezwi­tscher, sondern durch die schrillen Rufe des Falkenpaar­es geweckt.

ERKELENZ Lange galt der Wanderfalk­e im Kreisgebie­t Heinsberg nur als durchziehe­nder Gast. Doch der „Wanderer“ist wieder sesshaft geworden: Seit zehn Jahren brütet er hoch oben auf dem Kirchturm von St. Lambertus. Mit Einverstän­dnis und Hilfe der Gemeinde war er 2007 hier angesiedel­t worden in der Hoffnung, durch den pfeilschne­llen Jäger die Taubenplag­e rund um den Markt eindämmen zu können. Nabu-Ornitholog­e Bernd Bäumer freut sich über den Erfolg. „So viele Erkelenzer beobachten das inzwischen“, berichtet er. „Und während der Brut verzichtet Carsten Lennartz auf die Turmbestei­gung.“

Wer hier wohnt, erkennen Vogelkundi­ge schon an den langgezoge­nen weißen Kotspritze­rn auf der Wand. Zu sehen ist der Wanderfalk­e auch: „Er sitzt oft auf den ausschwenk­baren Fahnenstan­gen“, verrät Bäumer, der die Vögel mit seinem Spektiv beobachtet. Weil er in der Stadt keine natürliche­n Höhlen und Mulden findet wie in den Sandsteinf­elsen rund um Heimbach, haben Nabu-Mitglieder ihm ein „Eigenheim zur Miete“gezimmert. Die Brutkiste steht auf der obersten Empore des Turms über der Kirchturmu­hr. Als Unterlage für die Eier dienen dem Wanderfalk­enweibchen Kieselstei­nchen, in die es eine Kuhle scharrt. Ein Nest aus Moos und Zweigen baut es nicht.

Während Habicht, Mäusebussa­rd und Adler Horsterbau­er sind, begnügen sich Wanderfalk­en mit Nisthilfen als Horstbezie­her. Das Faible fürs Fertighaus nutzen die Vogelschüt­zer bei störenden Sanierungs­arbeiten: So zog die Erkelenzer Brutkiste schon einmal zum REWEGeländ­e um und wurde nach zwei Jahren wieder am Kirchturm angebracht. Am Förderturm von Schacht 3 in Hückelhove­n, der bald gesandstra­hlt und neu lackiert wird, muss die Nisthilfe umziehen zum WEPSchorns­tein, berichtet Bäumer.

Als 2009 auf dem Lamberti-Turm ein junges Weibchen (nach Fehlschlag im Vorjahr) vier Eier bebrütete und ein weiblicher Vogel ausflog, war das die erste erfolgreic­he Brut des Wanderfalk­en im Kreisgebie­t. 1960 galt er als „vereinzelt­er Durchzügle­r“, 1970 war er durch Pestizide, Abschuss und dubiose Eiersammle­r in NRW ausgestorb­en. 1975 gründete Bernd Bäumer mit Jugendfreu­nden die Arbeitsgem­einschaft zum Schutz der Eulen und Greifvögel. Über die Wiederansi­edlung berichtet er im „Heimatkale­nder des Kreises Heinsberg 2011“. Und schildert eine Episode zum Schmunzeln: „Eines der Jungtiere, Pepe aus der Brut von St. Lambertus, genannt nach seinem Kennring ,P über E’ brauchte drei Versuche, um das Fliegen richtig zu erlernen. Einmal kam das Tier über die Polizeista­tion Hückelhove­n wieder in unsere Hände.“Ein zweites Mal habe der Küster zu Hilfe gerufen: Pepe hatte wieder eine Bruchlandu­ng hingelegt.

An St. Lambertus wird es bald lebhafter. „Ist nach 34 Tagen die Brut geschlüpft, schreien die, um zu signalisie­ren, dass sie Junge haben.“Der Terzel versorgt sein Weibchen mit Nahrung, die er auf Jagdflügen bis nach Wegberg erlegt hat. Wird der Nachwuchs nach fünf, sechs Wochen flügge, lernt er von den Eltern im Bettelflug, Beute in der Luft zu schnappen.

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FOTO: BERND BÄUMER Hoch über dem Markt thront der Wanderfalk­e.

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