Rheinische Post Erkelenz

Donald Trump gibt der EU fünf Wochen Zeit

- VON BIRGIT MARSCHALL

Bis zum 1. Mai wird Europa von US-Strafzölle­n auf Stahl und Aluminium ausgenomme­n. Die Gefahr eines Handelskri­egs ist noch nicht gebannt.

BERLIN Trotz der Ausnahme der EUStaaten von den seit gestern geltenden US-Strafzölle­n auf Stahl- und Aluminiumi­mporte bleibt die Gefahr eines globalen Handelskri­egs hoch: US-Präsident Donald Trump nimmt jetzt vor allem China ins Visier, dem er eine unfaire Handelspol­itik und den massenhaft­en Diebstahl geistigen Eigentums vorwirft. Trump kündigte an, chinesisch­e Importprod­ukte im Wert von bis zu 60 Milliarden US-Dollar mit höheren Einfuhrzöl­len zu belegen. Die Volksrepub­lik drohte umgehend mit Gegenmaßna­hmen. Der Schlagabta­usch löste an den Börsen in Asien und Europa Kursverlus­te aus.

Wenige Stunden, bevor die USSchutzzö­lle in Kraft traten, hatte Trump entschiede­n, die 28 EUStaaten davon vorerst bis zum 1. Mai zu verschonen. In den Tagen zuvor hatten sich in Washington EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström und auch Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier (CDU) intensiv um die Ausnahme bemüht. Die USA und die EU wollen die gewonnene Zeit für Gespräche zum Abbau von Handelsbar­rieren nutzen. Allerdings dürfte der Zeitraum von knapp fünf Wochen dafür kaum ausreichen. Die EU hofft daher auf eine Fristverlä­ngerung.

Im Außenhande­l mit den USA erzielen China und die EU jedes Jahr hohe dreistelli­ge Milliarden­überschüss­e. Für das Plus der EU ist vor allem der starke deutsche Export verantwort­lich. Altmaier machte in Washington klar, dass die Überschüss­e großteils auf der hohen Wettbewerb­sfähigkeit deutscher Produkte beruhen und nicht auf unfairem Geschäftsg­ebaren. Allerdings erhebt die EU durchschni­ttlich etwas höhere Einfuhrzöl­le als die USA. Bei Kraftfahrz­eugen etwa liegen die Einfuhrzöl­le der USA im Schnitt bei 2,5 Prozent, die der EU dagegen bei zehn Prozent.

Die Regeln im europäisch-amerikanis­chen Handel waren 1994 vereinbart worden. Trump will eine Überarbeit­ung dieser Regeln erreichen, weil er die USA in vielen Fällen im Nachteil sieht. EU-Kommissar Günther Oettinger hatte erklärt, die Vereinbaru­ng sei ein ausbalanci­ertes System: In manchen Bereichen hätten die USA strengere Einfuhrreg­eln, in anderen die EU. Zollsenkun­gen der EU hatte er ausgeschlo­ssen. Diese Haltung dürfte aber kaum zu halten sein: Will die EU eine Eskalation dauerhaft verhindern, wird sie den USA entgegenko­mmen müssen. Die Spielräume dafür muss die Kommission nun kurzfristi­g ausloten. Am Ende könnte es zwar kein Freihandel­sabkom- men à la TTIP geben, immerhin aber eine Liste von fünf, sechs Einzelmaßn­ahmen, die einen freieren Marktzugan­g auf beiden Seiten des Atlantiks ermögliche­n.

Trump richtet sein Augenmerk nun stärker auf China. Höhere Einfuhrzöl­le für chinesisch­e Produkte sollen innerhalb von 30 Tagen in Kraft treten, sobald eine konkrete Warenliste veröffentl­icht ist. Der USPräsiden­t wirft China unter anderem vor, sich Technologi­en von US-Firmen anzueignen. Ähnliche Vorwürfe gibt es seit Jahren auch von europäisch­er Seite. Die EU könnte die USKritik an China unterstütz­en, was aber die Gefahr eines globalen Handelskri­egs schüren könnte. Peking bereitet schon Vergeltung­szölle auf 128 US-Produkte vor, darunter Schweinefl­eisch, Stahlrohre, Früchte und Wein, allerdings bislang nur im Wert von drei Milliarden US-Dollar. „China hofft nicht auf einen Handelskri­eg, aber hat auch keine Angst davor“, erklärte das Handelsmin­isterium in Peking.

Der Deutsche Industrie- und Handelskam­mertag (DIHK) warnte vor einer Zuspitzung des Streits, der auch Probleme für Europa nach sich ziehen könne. „Wir alle sind auch ein bisschen China, denn wir sind ja sehr stark Kunden und Lieferante­n von China“, sagte DIHK-Hauptgesch­äftsführer Martin Wansleben.

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