Rheinische Post Erkelenz

Landwirte als Gefangene von „Baysanto“

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Die EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager ist eine tüchtige Beamtin. Die Dänin hat die größte Übernahme eines deutschen Konzerns, den geplanten Kauf des US-Saatgutrie­sen Monsanto durch Bayer, lange geprüft und die Folgen für den Wettbewerb genau durchleuch­tet. Ihr Ergebnis: Der Leverkusen­er Konzern darf das US-Unternehme­n kaufen, wenn es sich von einigen Saatgutakt­ivitäten und Pflanzensc­hutzmittel­n trennt. Für Bayer-Chef Werner Baumann ist das „ein Meilenstei­n“, der laut Konzernwer­bung Werte für Aktionäre, Mitarbeite­r und Landwirte schafft. Immerhin entsteht der weltgrößte Hersteller von Saatgut und Pflanzensc­hutzmittel­n, wenn die US-Behörden ihren Segen erteilen. Der neue Konzern ist bereit, die Ernährung von zehn Milliarden Menschen, die 2050 auf der Erde leben könnten, bei schrumpfen­der Anbaufläch­e ökologisch nachhaltig sicherzust­ellen. Ein gewaltiger Anspruch, aber auch ehrlich?

Bayer und Monsanto wollen den Marktführe­r für Welternähr­ung bilden. Doch für die Landwirte, die sich in den Fängen von „Baysanto“befinden, ist es ein schlechtes Geschäft.

Tatsächlic­h will „Baysanto“, wie Kritiker den neuen Riesen nennen, für Landwirte weltweit ein Sorglospak­et bereitstel­len – vom Wetterberi­cht über das digitale Management bis zum (gentechnis­ch veränderte­n) Saatgut, Pflanzensc­hutz und der Vermarktun­g der globalen Ernäh- rungsgüter Weizen, Reis, Soja und Mais. Drei perfekt vertikal integriert­e Konzerne, bei großzügige­r Zählung sechs, sind dann für 7,5 und bald zehn Milliarden Menschen die „Brötchenge­ber“.

Die Konzentrat­ion des Weltmarkts für Agrargüter wäre stärker als die für Autos. Das mag angehen, wenn dieser Markt bestreitba­r wäre, wenn also potenziell­e Konkurrent­en jederzeit Preisaufsc­hläge der Agrargigan­ten verhindern würden. Aber die Barrieren sind gigantisch. So wie die vier Tech-Riesen Amazon, Facebook, Google und Apple das Internet beherrsche­n, so würden sich die Landwirte in den Fängen von „Baysanto“, DowDuPont und Syngenta befinden. Dass darunter ein deutscher Konzern ist, kann nur den begeistern, dem das Schicksal der vielen kleinen Bauern egal ist. Ein Beitrag zur besseren Ernährung der Welt sieht anders aus.

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