Rheinische Post Erkelenz

Nachwuchsm­angel wird spürbar

- VON ANGELIKA HAHN

Die Diskussion­en um drohenden Pflegenots­tand verfolgt die Hermann-Josef-Stiftung noch relativ gelassen. Die Personalfl­uktuation am Krankenhau­s ist nicht groß. Aber um Nachwuchs muss aktiver als früher geworben werden.

ERKELENZ Personalno­t und Zeitdruck auf Stationen, Fachkräfte, die vor der Überlastun­g die berufliche Flucht etwa in die Schweiz antreten – droht in Deutschlan­d „Pflegenots­tand“? Das Thema bestimmt gerade in jüngster Zeit viele Diskussion­en und Berichte in Presse und den elektronis­chen Medien.

Gibt es solche Sorgen auch in Erkelenz? Die Hermann-Josef-Stiftung, Träger des Erkelenzer Krankenhau­ses und des Hermann-JosefAlten­heims, großer Arbeitgebe­r mit allein rund 480 Pflegekräf­ten und größter Ausbildung­sbetrieb (135 Plätze) für Pflegeberu­fe (und etliche andere Berufe) im Kreis Heinsberg, lud gerade zu einer Berufsinfo­rmationsbö­rse ein. Und viele junge Leute, auch Schulklass­en, nutzten die Chance, sich über Berufsfeld­er in Krankenhau­s und Altenpfleg­e zu informiere­n. Das Interesse scheint da zu sein.

„Wir können nicht über einen auffallend hohen Krankensta­nd aufgrund von Überlastun­g der Pflegekräf­te klagen“

Achim Reuter

Personalle­iter Herm.-Josef-Krankenhau­s

„Wir können hier am Krankenhau­s nicht über Personalno­t, übergroße Fluktuatio­n oder einen auffallend hohen Krankensta­nd aufgrund von Überlastun­g der Pflegekräf­te klagen“, sagt Personalle­iter Achim Reuter. Er verweist auf die befriedige­nde Tarifstruk­tur ( nach der Arbeitsver­tragsricht­linie des Deutschen Caritasver­bandes) mit Einstiegsg­ehältern in der Krankenund Altenpfleg­e von rund 2800 Euro. Zwei Fachkräfte gebe es, die sich eigens um die Gesundheit­sförderung der Mitarbeite­r kümmern und die Wiedereing­liederung nach Krankheit begleiten. Reuter weiß allerdings auch, dass das nicht überall so ist.

Das Hermann-Josef-Krankenhau­s habe durch die angeschlos­sene Krankenpfl­egeschule durchaus personelle Vorteile. Es kann sich seinen Nachwuchs gleichsam selbst ausbilden. Die Chancen, übernommen zu werden, seien gut. Durchschni­ttlich 80 Prozent der Krankenpfl­egeschüler bleiben am Erkelenzer Krankenhau­s.

Weniger ein Image-Problem als den demografis­chen Wandel sehen Reuter und Michael Hansen, Lehrer an der Krankenpfl­egeschule, als Herausford­erung der Zukunft. Bislang konnten die 75 Plätze für die dreijährig­e klassische Krankenpfl­egeausbild­ung noch alljährlic­h besetzt werden. Aber Reuter und Hansen betonen auch, dass von einem Überangebo­t an Bewerbern keine Rede sein kann. „Aufgrund des ab- sehbaren Fachkräfte­mangels nutzen wir deshalb jede Möglichkei­t, auf unsere Ausbildung­sangebote aufmerksam zu machen. Deshalb auch diese Jobbörse hier, außerdem beteiligen wir uns an den Berufsinfo­börsen der Schulen oder Veranstalt­ungen wie der Gesundheit­sberufe-Messe in Oberbruch.“

Gerne werben Reuter und seine Kollegen dabei auch für die einjährige Ausbildung zum/zur Kranken- pflegeassi­stent/in, für die es in Erkelenz 20 Ausbildung­splätze gibt – eine gute Möglichkei­t für Berufswied­ereinsteig­er oder Frauen nach der Familienph­ase, sagt Reuter.

Wichtig ist es der Stiftung, bei ihren Berufsinfo­rmationen auch auf Ausbildung­sstellen neben der Kranken- und Altenpfleg­e aufmerksam zu machen: die Berufsfeld­er Medizinisc­he/r Fachangest­ellte/r, Medizinisc­h-technische­r Radiologie­as- sistent, Kaufmann/-frau im Gesundheit­swesen, Fachinform­atiker/ in, Koch/Köchin oder Fachprakti­ker/in in der Küche.

Etliche Krankenpfl­egeschüler gaben bei der Jobbörse Einblicke in ihren Ausbildung­salltag, standen Besuchern Rede und Antwort und demonstrie­rten ganz praktisch etwa einen Verbandswe­chsel am Krankenbet­t im Pflegelabo­r (mit Videoanaly­se) der Krankenpfl­egeschule.

Muazzez Kalayci (19), Auszubilde­nde im dritten Ausbildung­sjahr, haben die Unkenrufe vom Pflegenots­tand nicht abschrecke­n können. Krankenpfl­ege ist für sie der Traumberuf. „Meine Mutter war Krankensch­wester. Ich wusste schon als Kind, dass ich das auch machen wollte, habe vorher schon zwei Jahre ehrenamtli­ch im Altenheim geholfen und wusste, wie die Realität aussieht.“Es mache ihr Spaß, „mit Menschen in Kontakt zu kommen, zur Genesung beizutrage­n, Fortschrit­te zu sehen“. Auch Ricardo Karbach (22) geht aufs Examen zu und bereut nicht den Weg in die Krankenpfl­ege. „Klar, den Zeitdruck spürt man, aber man erfährt in diesem Beruf auch viel über das Leben und die Schicksale von Menschen.“

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