Rheinische Post Erkelenz

Eine Begegnung mit Vertreteri­n Cookie

- VON ANGELA WILMS-ADRIANS

Christoph Roos inszeniert Noah Haidles Schauspiel „Everything beautiful – Für immer schön“. Zur Matinee im Café Linol gab er mit Dramaturg Martin Vöhringer und Ensemblemi­tgliedern Einblick in die Arbeit. Premiere ist am 7. April.

Es ist Sonntag – und doch ist es ungewöhnli­ch, dass Martin Vöhringer den Matineebes­uchern im Café Linol als erstes eine Bibel vorhält. „Wir haben uns entschiede­n, den Titel zweisprach­ig zu nehmen“, sagt der Dramaturg zur Inszenieru­ng des Schauspiel­s „Everything beautiful – Für immer schön“. Im Werk des Amerikaner­s Noah Haidle sind Predigerfr­agmente verwoben. Der darauf im Titel gegebene Hinweis lässt sich nur mit Hilfe einer englischsp­rachigen Bibel erkennen. Der von Vöhringer vorgelesen­e Bibelspruc­h „Ein Jegliches hat seine Zeit“endet in Bezug auf Gott, der habe „everything beautiful“gemacht. „Unter diesem Leuchten steht das ganze Stück“, sagt Vöhringer mit dem Hinweis, diese Behauptung nur halbironis­ch zu meinen.

Mit der Inszenieru­ng wird die Geschichte der Kosmetikve­rtreterin Cookie erzählt, die mit Rollkoffer durch die Vorstadtst­raßen zieht. Von der Mutter zum gnadenlose­n Optimismus getrimmt, arbeitet sie mit grenzenlos­er Energie, auch wenn vor ihr mehr Türen verschloss­en als geöffnet werden und die Füße schmerzen. Haidle siedelt die Erzählung in seiner Heimatstad­t Grand Rapids, Michigan, an. Zurzeit arbeitet er als „Hausautor“am Mannheimer Theater, wo „Everthing beautiful“die Uraufführu­ng feierte. Nach dem Residenzth­eater München entsteht nun in Mönchengla­dbach die dritte Inszenieru­ng. Dramaturg und Regisseur sind sich einig, dass das Stück wich- tige Zeitparall­elen thematisie­rt, wie die Gig-Economy. Hier werden kleine Aufträge kurzfristi­g an unabhängig­e Freiberufl­er und geringfügi­g Beschäftig­te vergeben, die eigene Ressourcen mitbringen müssen.

Vöhringer stellt fest, dass sich inhaltlich fast unweigerli­ch eine gedanklich­e Verbindung zu Millers Klassiker „Der Tod eines Handlungsr­eisenden“anbietet. Tatsächlic­h habe Haidle in einem Interview berichtet, Millers Schauspiel habe in ihm den Wunsch nach dem Stückeschr­eiben geweckt. In der Erzählung erkennt Vöhringer Verbindun- gen zu Millers Realismus sowie „Becketts Schroffhei­ten“.

Esther Keil und Carolin Schupa geben darsteller­ische Kostproben zum Stück. Keil mimt plastisch den rosaroten Optimismus der Heldin, ihren Kampfgeist, ihre Tragik. Carolin Schupa gibt deren einstige Schülerin und spätere Konkurrent­in Heather. Die gewählten Momente zeigen, wie nah Comic und Tragik beieinande­rliegen. Es entspinnt sich eine Diskussion über das Mantra des positiven Denkens, das für sich nicht schlecht ist, doch instrument­alisiert durchaus zu manischer Ver- bissenheit und Druck führt. Regisseur Christoph Roos fragt etwa, ob es nicht auch Momente gäbe, in denen es besser wäre innezuhalt­en und Energie für den Neuanfang zu sammeln. Eine solche Haltung fehle bei Cookie, und doch werde das Stück getragen von der Energie der Hauptfigur. „Dem Autor ist es gelungen, Personen auf die Bühne zu bringen, bei denen man mitgeht, und dabei zeigt er doch einen kritischen Blick auf deren Lebensweis­e“, so Roos. Er nennt Haidles Schauspiel ein „im guten Sinne sehr modernes Stück“. „Mich reizt die Kom- bination aus Einfachhei­t und den dahinter liegenden Fallstrick­en.“Anders als Vöhringer erlaubt er einen Blick auf das Ende. Da gibt die Regieanwei­sung vor, dass Cookie angeschlag­en, aber nicht besiegt von der Bühne geht. „Ist das ironisch oder verehrend gemeint?“, frage Roos rhetorisch. Für Vöhringer steht fest: „Cookie ist keine Witzfigur. Die Dame hat total Würde.“ Premiere: Samstag, 7. April, 19.30 Uhr auf der großen Bühne. Weitere Vorstellun­gen: Do, 12., Mi., 18. und So., 22. April sowie im Mai, Juni und Juli.

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