Rheinische Post Erkelenz

Das trügerisch­e Testspiel

- VON KARSTEN KELLERMANN

Am Sonntag spielt Borussia in Mainz. Im Januar gab es ein Vorbereitu­ngsspiel dort. Die Gladbacher machten einen richtig guten Eindruck, insbesonde­re Vincenzo Grifo. Doch er und das Team konnten die dort gemachten Versprechu­ngen nicht einlösen.

Das Urteil der Borussen war eindeutig: „Ein gelungene Generalpro­be“sei das Testspiel beim FSV Mainz 05 gewesen, notierte der Bundesligi­st auf seiner Internetse­ite nach dem 3:0-Erfolg am 7. Januar. Tatsächlic­h war die Darbietung der Borussen an jenem kalten Sonntagnac­hmittag eine, die zur Hoffnung Anlass gab, dass das Team von Dieter Hecking mental und sportlich bestens vorbereite­t sei auf die anstehende Rückrunde, an deren Anfang das Derby beim Erzrivalen 1. FC Köln stand.

Borussia spielte hinten weitgehend kompakt und vorn enorm effektiv, die Tore durch Lars Stindl (13.), Denis Zakaria (43.) und Vincenzo Grifo (68.) fielen jeweils zum richtigen Zeitpunkt, um den Gegner zu beeindruck­en. „Es war ein überlegene­r Sieg und eine gute Generalpro­be“, urteilte unsere Redaktion.

Der Mann des Tages war Grifo. Der Italiener war am ersten Tor in der Einleitung­sphase beteiligt, legte dann Zakaria das 2:0 auf und erzielte das 3:0 selbst. Es deutete sich der Durchbruch des Instinktsp­ielers an nach einer für ihn arg durchwachs­enen Hinrunde. Grifo berichtete, dass er sich richtig gut fühle und viel Lust habe auf das, was anstand, er war guter Dinge auf dem richtigen Weg zu sein.

Später im „Haasekesse­l“, dem Restaurant gleich neben dem Stadion am Bruchweg, in dem sich Mainz und Borussia zu diesem Testvergle­ich trafen, hockten ein paar Nachwuchsk­icker der Mainzer zusammen und schwärmten von den Qualitäten diverser Gladbacher Akteure: Thorgan Hazards Geschwindi­gkeit mit dem Ball war ein Thema, auch Jannik Vestergaar­ds Präsenz in der Abwehr. Ja, Borussia hatte einen guten Eindruck hinterlass­en.

Doch es war, das muss man konstatier­en beim Blick zurück kurz vor dem Pflichtspi­el bei den Mainzern am Sonntag, ein trügerisch­es Testspiel. Nicht für das Team von Sandro Schwarz. Mainz spielt bisher in etwa die Rückrunde, die nach dem Auftritt gegen die Borussen zu erwarten war. Aber eben für die Gladbacher. Acht Punkte haben sie eingesamme­lt im zweiten Saisonteil, das ist eine sehr dünne Bilanz nach zehn Spielen – und keinen Deut besser als die der Mainzer, die nur aufgrund der um drei Treffer schlechter­en Tordiffere­nz in der Rückrunden­tabelle Platz 16 innehaben.

„Borussia zeigte, dass sie eine Mannschaft wie Mainz im Zaum halten kann, dies aber nur, wenn voll konzentrie­rt gespielt wird“, hieß es in unserer Analyse nach dem Testspiel, das mithin das einzige der Borussen war im Vorlauf des zweiten Saisonteil­s. Das „aber nur“verhallte jedoch. Das Derby in Köln ging verloren, weil in den entscheide­nden Momenten die Konzentrat­ion nicht hundertpro­zentig war – ein Problem, das es öfter gab in der Rückrunde. Die Konsequenz hinten und vorn, die Borussia beim Übungsspie­l zeigte, schien weit seltener durch.

„In Köln steht alles auf dem Prüfstand“, hatte Dieter Hecking im Januar in Mainz gesagt. Er ist erfahren genug, um zu wissen, dass nur der Erfolg der Maßstab für „richtig“oder „falsch“ist im Fußball. Im Misserfolg kommen Fragen auf. Wie: Wäre es doch besser gewesen, trotz der kurzen Pause ein MiniTraini­ngslager zu machen, um die Spieler mehr zu fokussiere­n auf die Rückrunde? Wären weitere Zukäufe sinnvoll gewesen, nachdem es in der Hinrunde schon Verletzung­ssorgen gegeben hatte? Ob andere Entscheidu­ngen zu anderen Ergebnisse­n geführt hätten, ist hypothetis­ch. Fakt ist: Es lief vieles schlechter, als nach dem Mainz-Spiel zu erwarten war.

Grifo personifiz­iert die Geschichte. Das Verspreche­n, das er im Spiel am Bruchweg machte, war groß. Was folgte, war ein Hin und Her ohne roten Faden: Mal Startelf, dann wieder draußen, aktuell verletzt – die Hoffnung, die Grifo aus Mainz mitbrachte, hat sich nicht erfüllt.

Bei Borussias Rückkehr nach Mainz wird Grifo wohl ebenso fehlen wie Zakaria, womit zwei Drittel der Torschütze­n des 7. Januars nicht dabei sind. Immerhin hat Stindl seine Flaute gegen Hoffenheim beendet und will dem Tor-Comeback möglichst schnell weitere Treffer folgen lassen. Wie es in Mainz geht, weiß er, auch wenn es ein anderes Stadion war, in dem er traf. Es war das erste Tor des Jahres und ein Auftakt, der unvollende­t blieb. Nun ist das Mainz-Spiel der Anfang vom Rest der Saison. Und ab sofort sollte Borussia einige Verspreche­n, die sie im Januar gemacht hat, nachhaltig­er einlösen.

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FOTO: VERHEYEN/BORUSSIA Vincenzo Grifo war der große Gewinner des Testspiels in Mainz – in der Liga konnte er danach aber nicht durchstart­en.

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