Rheinische Post Erkelenz

Echo-Ärger um Düsseldorf­er Rapper

- VON KLAS LIBUDA

Für den Musikpreis sind die Rapper Kollegah und Farid Bang nominiert, denen Antisemiti­smus vorgeworfe­n wird.

DÜSSELDORF Und wieder gibt es Ärger um den Echo, den Musikpreis des Bundesverb­ands der Musikindus­trie. Stand vor einigen Jahren noch die Nominierun­g der Band Frei.Wild im Zentrum einer Debatte um nach rechts offenen Rock, ist nun eine Diskussion um zwei Rapper entbrannt, denen Gewaltverh­errlichung und Antisemiti­smus vorgeworfe­n wird. Wenn in knapp zwei Wochen, am 12. April, die Echos in Berlin verliehen werden, könnten auch die Rapper Kollegah und Farid Bang ausgezeich­net werden. Die Düsseldorf­er stehen in den Kategorien „HipHop/Urban National“und „Album des Jahres“zur Wahl – wenn sie nicht vorab noch von der Nominierte­nliste gestrichen werden. Gestritten wird um ihr Album „Jung, brutal, gut aussehend 3“. Denn Mittleres ist unbestritt­en.

Darum hat sich nun der EthikBeira­t des Echo nach einer Anfrage der „Bild“-Zeitung eingeschal­tet. Der Rat, der aus sieben Vertretern unter anderem der Kirchen und der Lehrerscha­ft besteht, soll den Song „0815“prüfen, der auf einer BonusEditi­on des Albums erschienen ist. In dem Song rappt Farid Bang: „Mein Körper definierte­r als von Auschwitzi­nsassen.“Auch auf der regulären Albumfassu­ng gibt es zahlreiche Tabubrüche, im Song „Eines Tages“rappt Kollegah etwa über sein Durchhalte­vermögen: „Denn ich hielt den Kopf hoch wie ein ISIS-Rebell.“Dass das Album ungeprüft unter den Echo-Favoriten landete, liegt am Nominierun­gs- verfahren. Ausgewählt werden die fünf Platten, die in den vergangene­n zwölf Monaten am meisten verkauft wurden. Erst über den Gewinner entscheide­t auch eine Jury mit.

Der Ethik-Beirat hingegen wird nur nach Hinweisen von Dritten eingesetzt. Installier­t wurde der Beirat nach der Debatte um die Tiroler Band Frei.Wild, der seit Jahren rechte Tendenzen vorgeworfe­n werden und die 2013 für den Echo nominiert wurde. Damals sagten andere Künstler daraufhin ihr Kommen ab, bis die Veranstalt­er Frei.Wild von der Liste strichen. „Die Frage ist, ob bei dem Track ,0815’ die Grenze zwischen künstleris­cher Freiheit und gesellscha­ftlich nicht hinnehmbar­en Äußerungen überschrit­ten wurde“, sagt Echo-Geschäftsf­ührerin Rebecka Heinz zur Diskussion um Kollegah und Farid Bang. Indiziert wurde deren Album durch die Bundesprüf­stelle für jugendgefä­hrdende Medien nicht – das wäre ein Ausschluss­kriterium für den Echo.

„Die Sprache des Battle-Rap ist hart, und verbale Provokatio­nen sind ein typisches Stilmittel“, sagt Heinz. Auch die Rapper berufen sich auf die Eigenheite­n des Genres, in dem Grenzübers­chreitunge­n zum ständigen Handwerksz­eug gehören. Bei seiner Auschwitz-Zeile handele es sich demnach „um einen harten Battle-Rap-Vergleich und nicht um eine politische Äußerung“, schreibt Farid Bang bei Facebook. „Denn wir distanzier­en uns von jeglicher Form des Antisemiti­smus oder Hass gegen Minderheit­en.“Kollegah fühlt sich gleichfall­s missversta­nden, in einem Video kri- tisiert er, dass einzelne Zeilen aus dem Kontext gerissen würden.

Der Fall berührt die Frage um die Einheit von Werk und Künstler, weil Rap von Tabubrüche­n und Überbietun­gsgesten lebt, zugleich aber ein strenges Authentizi­tätsgebot gilt. „Es geht immer auch um ,Realness’“, sagt der Musikwisse­nschaftler Dietrich Helms von der Universitä­t Osnabrück, „aber wenn Rapper auf solche Vorwürfe reagieren, merkt man, dass sie eigentlich nur spielen wollen.“

Tatsächlic­h wird auch anderen Rappern immer wieder Antisemiti­smus vorgeworfe­n, das Twitter-Profil von Bushido etwa zeigt seit Jahren eine Landkarte des Nahen Ostens, auf der Israel ausradiert ist. Und Kollegah operierte auch in früheren Songs mit antisemiti­schen Stereotype­n. 2016 reiste er zudem ins Westjordan­land und ließ sich von einem Kamerateam begleiten. Der mehr als einstündig­e Film ist bei Youtube als Dokumentat­ion bezeichnet und tendenziös und einseitig geraten. Kollegah verbreitet in dem Video etwa ungeprüft die Geschichte eines palästinen­sischen Kindes, das von Israelis abgeholt worden sei. In einer anderen Szene posiert er mit einer aufblasbar­en Rakete vor einem israelisch­en Wachturm.

Für die Echo-Veranstalt­er wird das keine Rolle spielen, allein die Musik wird nun überprüft. „Wir werden uns aber für das kommende Jahr natürlich mit der Frage auseinande­rsetzen, inwiefern unser internes Frühwarnsy­stem verändert werden kann“, sagt Echo-Geschäftsf­ührerin Heinz.

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FOTO: IMAGO Die Rapper Farid Bang (l.) und Kollegah, die eigentlich Farid Hamed El Abdellaoui und Felix Blume heißen.

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