Rheinische Post Erkelenz

Entsetzen über enthauptet­en Obdachlose­n

- VON STEPHANIE MERSMANN

In Koblenz wurde die Leiche eines 59-Jährigen an seinem Schlafplat­z auf dem Hauptfried­hof gefunden.

KOBLENZ Außergewöh­nlich brutal und menschenve­rachtend: So beschreibt der Koblenzer Oberstaats­anwalt Rolf Wissen den Mord an einem Obdachlose­n (59). Der Leichnam war auf dem Koblenzer Hauptfried­hof entdeckt worden. Das Opfer wurde enthauptet – eine bestialisc­he Tat.

Die „Sonderkomm­ission Hauptfried­hof“mit 35 Beamten hat nach eigenen Angaben bisher allerdings noch keine heiße Spur. Mit einem Flugblatt will sie weitere Zeugen finden. Die Aktion startet heute. Wie viele neue Hinweise aus der Bevölkerun­g nach einer Pressekonf­erenz am Donnerstag hinzukamen, ließ die Polizei offen. Ebenso wie Details zur Tat. Aus ermittlung­staktische­n Gründen machten die Beamten keine genaueren Angaben zur Tat, zum Beispiel, welche Waffe verwendet wurde.

Entdeckt wurde die Leiche schon vergangene Woche an einer öffentlich zugänglich­en Stelle am Pulverturm auf dem Hauptfried­hof. Der Obdachlose lebte bereits seit mehreren Jahren in diesem abgelegene­n Teil des Friedhofs. Dort hatte er eine feste Stelle, an der er immer sein Lager aufschlug, sagte Kathrin Süßenbach, Leiterin der Zentralen Kriminalin­spektion.

Der Mann war in Köln aufgewachs­en, 1979 kam er nach Koblenz. Von 1986 bis 1997 führte er ein Geschäft in der Altstadt, in dem er Kunst und Bilderrahm­ungen anbot, erklärte Thomas Lauxen, Leiter der Soko „Hauptfried­hof“. Danach war der 59-Jährige weitgehend wohnungslo­s. Diverse Zeugen schildern ihn auch als zurückhalt­end, freundlich und gebildet, interessie­rt an Kunst und am Zeitgesche­hen.

Der ehemalige Händler legte viel Wert auf ein gepflegtes Äußeres, er trank kaum oder keinen Alkohol und nahm auch keine Drogen. Er hielt sich häufig am Hauptbahnh­of auf und besuchte regelmäßig Cafés, Biomärkte und Bibliothek­en, wo er oft stundenlan­g die Zeitung las. In der Vergangenh­eit war er unter anderem im Sommer als Pfandsamml­er auf Festivals unterwegs und mietete dafür manchmal ein Auto. Auch Inhaber benachbart­er Geschäfte in der Altstadt lernten ihn schon frü- her als intelligen­ten und gepflegten Menschen kennen, berichtete­n sie. Bei späteren Begegnunge­n, als er bereits auf der Straße lebte, hatte einer von ihnen den Eindruck, dass es diesem unangenehm war, so gesehen zu werden.

Eine heiße Spur gibt es bislang nicht, sagte die Polizei. In Deutschlan­d gebe es zwar vergleichb­are Fälle, Verbindung­en sehen die Ermittler aber nicht, ebenso wenig wie eine Häufung von Gewalt gegen Obdachlose in Koblenz. Die Bürger in der Stadt sind besorgt, „aber es gibt keine Anhaltspun­kte, dass eine größere Gefahr besteht“, so die Polizei.

Für Hinweise, die zur Ermittlung des Täters führen, wurden nun 10.000 Euro als Belohnung ausgelobt.

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