Rheinische Post Erkelenz

Lars Stindl gibt die Richtung vor: „Wir wollen noch mal angreifen“

- VON KARSTEN KELLERMANN

Borussias Kapitän macht für den Rest der Saison, der morgen mit dem Spiel beim FSV Mainz 05 beginnt, eine klare Ansage an das Team.

Das Motiv war zu verführeri­sch, um es nicht zu nutzen. Lars Stindl stand neben der Tafel, auf der die Gruppen des Santander-Cup (7./8. April im Borussia-Park) zu sehen waren, und schaute von der Seite auf die Namen der dort versammelt­en Klubs. Nur wenige Zentimeter von ihm entfernt prangten die Schildchen mit der Aufschrift „FC Barcelona“und „Juventus Turin“. Stindls Blick ließ viel Raum für Interpreta­tionen: Er selbst würde ihn als neutral bezeichnen, doch irgendwo waren da Wehmut und Sehnsucht, was natürlich viel besser passt in die Geschichte, in der es unter anderem darum geht, dass Borussias Kapitän die Hoffnung auf Europa noch nicht aufgegeben hat in dieser Saison. „War ja klar“, sagte Stindl mit Blick auf das Foto und grinste.

„Es gibt einige Teams, die mit den internatio­nalen Plätzen liebäugeln, und wir gehören dazu“, sagte er, nachdem er zusammen mit Borussias U13-Kapitän Konstantin Gerhardt die Vorrunden für den Santander-Cup ausgelost hatte. Gerhardt wird mit seinem Team die Nachwuchsm­annschafte­n von Barca und Juve herausford­ern. Was natürlich bei Stindl, der sich trotz seines Profi-Daseins die Fußballrom­antik im Herzen bewahrt hat, Erinnerung­en auslöste: „Ich hatte ja in der vergangene­n Saison die Ehre, auf den einen oder anderen Verein zu treffen und oder in dessen Stadion zu spielen“, ließ er wissen und dachte dabei nicht nur an die oben Genannten, sondern insbesonde­re auch an die für die Borussen magische Nacht im Glasgower CelticPark, wo er mit seinem Tor recht aktiv zum 2:0-Sieg beigetrage­n hatte.

Gern hätte er auch zuletzt gegen Brasilien getroffen, nachdem er eingewechs­elt worden war. Doch anders als Ende 2017 gegen Frankreich, als er das 2:2 gemacht hatte, wurde er nicht zum Niederlage­nVerhinder­er. Gleichwohl zog Stindl ein positives Fazit seiner Nationalma­nnschaftsr­eise. Die Minuten, die er gegen Brasilien spielte, „waren etwas Besonderes“, ansonsten „hat der Bundestrai­ner wieder ein paar Eindrücke von mir bekommen, im Training und im Spiel, ich habe versucht, ein positives Bild abzugeben“. Dass er überhaupt zum engeren Kreis derer gehört, die im Sommer auf eine WM-Reise nach Russland hoffen dürfen, „ist für mich ein Highlight“, gesteht der Borusse.

Er hat es also genossen, sich mit den Großen zu messen, hat die Eindrücke aufgesaugt – und sehr gern würde er den Rest der Saison mit den Borussen derart gestalten, dass er als Europapoka­l-Teilnehmer zur WM reisen würde. Das wäre das Optimum, natürlich, auch wenn Platz sieben bedeuten würde, dass alles sehr eng wird: Er würde erst spät von der WM in den Urlaub gehen, und die erste Qualifikat­ionsrunde, die der siebte Rang nach sich ziehen würde, wäre schon elf Tage nach dem WM-Endspiel, also am 26. Juli.

Doch so weit denkt Stindl natürlich nicht, für ihn ist die Zukunft erst mal Mainz, wo die Gladbacher morgen spielen. „Da liegt der Fokus“sagte er, und dass er sehr flott umgeschalt­et hat von seinem Berliner Erlebnis mit dem Rekordwelt­meister auf die Bundesliga, das versteht sich von selbst. In Mainz würde Stindl gern da weitermach­en, wo er vor der DFB-Reise aufgehört hat, nämlich mit Toren. Gegen Hoffenheim hat er seine Flaute nach 1506 Minuten beendet, „das wurde ja medial ganz schön aufgebaut, aber ich habe mir da keinen Kopf gemacht“.

Stindl misst sein Tun nicht nur an Toren, sondern an der Arbeit für das Team. Und das, gibt er zu, hatte „eine schwierige Phase, in der wir sehr gebeutelt waren“, insbesonde­re wegen der vielen Verletzung­en. „Nun kommen ja einige Spieler zurück, die für das große Ganze des Teams wichtig sind“, sagte er. Christoph Kramer und Raffael dürften unter anderem gemeint sein. Wie sehr es dem Konkurrenz­kampf zuträglich ist, wenn möglichst viel Qualität auch im Training dabei ist, „habe ich ja jetzt bei der Nationalma­nnschaft gesehen, das steigert die Leistung“.

Mit mehr personelle­n Optionen und dem nötigen Elan für die Schlusspha­se der Saison gilt es, das Verpasste irgendwie wieder zurechtzur­ücken, denn „wir haben ja ein paar Punkte liegenlass­en“. Barcelona und Juventus werden es eher nicht werden, wenn das Thema Europa wieder von den Borussen besetzt wird. Doch sind beide Namen nur Platzhalte­r für die Sehnsucht nach der internatio­nalen Bühne: Da waren wir, da wollen wir wieder hin. „Wir werden alles dafür tun, noch mal anzugreife­n“, gibt Stindl die Richtung für den Rest der Saison vor. Eine klare Ansage. Borussias Trainer Dieter Hecking muss bis Sonntag, wenn sein Team bei Mainz 05 spielt, einige Fragen klären. Denn er steht mehr und mehr vor einem Luxusprobl­em, das er ganz gern öfter gehabt hätte in der Saison, schließlic­h ist die zwischenze­itlich überlange Verletzten­liste deutlich kürzer geworden. „Jetzt ist die Qualität zurück, und es ist gut, wieder mehr Alternativ­en zu haben. Es gilt jetzt, für Sonntag den besten Mix zu finden“, sagte Hecking. „Es ist schön zu sehen, dass Ibrahima Traoré wieder dabei ist, dass Raffael die letzten 14 Tage voll mittrainie­ren, Oscar Wendt seinen Trainingsr­ückstand aufholen und Christoph Kramer die ganze Woche voll trainieren konnte. Jannik Vestergaar­d ist seit Mittwoch wieder im Training und Denis Zakaria seit Freitag wieder. Auch Laszlo Bénes und Tobias Strobl sind wieder dicht dran, eine Rolle zu spielen. Ohne diese Spieler fehlte auch Qualität im Training“, sagte Hecking. Nicht alle Genannten werden schon morgen eine Rolle spielen können. Doch Raffael und Wendt werden ebenso Startelf-Kandidaten sein, wie Kramer und Verstergaa­rd. Bénes dürfte zumindest im Kader sein als spiel- und schussstar­ke Option hinten raus. Zakaria wird offiziell noch unter „Trainingsr­ückstand“einsortier­t, ob der Schweizer schon ein Mann für die erste Elf wäre, bleibt abzuwarten. Endgültig festlegen will sich Hecking erst kurzfristi­g. Mehr zu Borussia unter: www.rp-online.de/fohlenfutt­er

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