Rheinische Post Erkelenz

STRASSENGE­SCHICHTE – TEIL 3/3 Wo sich Gastronomi­e und Heimatgefü­hl treffen

- TEXTE VON HANS GROOB

1987 wurde der erste Antrag auf Außenbestu­hlung für eine Eisdiele am Erkelenzer Markt gestellt. Die vier genehmigte­n Tische wurden oft mit zugedrückt­en Augen kontrollie­rt. Heute bieten bei gutem Wetter fünf Betriebe Platz für fast 350 Gäste.

ERKELENZ Dass der Markt in Erkelenz seit seiner frühesten Erwähnung im Jahre 1452 der zentrale Punkt der Erka-Stadt ist, das hat auch heute noch Gültigkeit. Für farbliche Kontraste sorgen das gepflaster­te Rot der Fußläufigk­eit zwischen Aachener, Kölner und Brückstraß­e, das Steingrau der Parkplätze zwischen Altem Rathaus, St. Lambertusk­irche und westlicher Häuserzeil­e, aber auch das (je nach Jahreszeit) beblättert­e Grün der prächtigen Linden – und natürlich zahlreiche historisch­e und durchweg gepflegte Hausfassad­en. Bis hierhin nichts Außergewöh­nliches.

Doch das ändert sich schlagarti­g dann, wenn sich die ersten Sonnenstra­hlen blicken lassen: Wie in der Natur, wo sich die Knospen zu Blüten entfalten, „sprießen“auf dem Markt Hunderte gemütliche Caféstühle und Bistrotisc­he aus dem Boden. Bekannt ist dieses südländisc­he Ambiente weit über die Stadtgrenz­en hinaus, macht den Markt zu einem Treffpunkt, dem man im Kreis Heinsberg durchaus Einmaligke­it bescheinig­en kann. Dort zusammenko­mmen zum Frühstück, einem Mittagsimb­iss, einem Stück Kuchen mit einer Tasse Kaffee oder auch einer Eisleckere­i am Nachmittag, vielleicht am Abend einer Stärkung mit einem kühlen Bier oder fruchtigem Wein – man nennt das Lebensqual­ität oder auch Urlaubsfla­ir. Gastgeber dazu sind Juliens Bistro-Bar, die Baguetteri­e und Pfannkuche­nhaus „Le Journal“, das Café Klinkenber­g, das Eiscafé Rodolfo Teza und auch die Gaststätte „Zum Alten Rathaus“.

Dass der Erkelenzer Markt der Ort gastlicher Gemütlichk­eit ist, das war nicht immer so, „ist die logische Folge der Innenstadt­sanierung“, wie Ullrich Feller, ehemals Erster Beigeordne­ter und von 1992 bis 1999 Stadtdirek­tor von Erkelenz, es ausdrückt. Nachdem Bus- und PkwVerkehr aus dem Bereich um das Alte Rathaus verbannt waren, dauerte es allerdings noch einige Jahre, ehe es zur Belebung der am 1. Dezember 1979 eröffneten Fußgängerz­one kam. Maßgeblich daran beteiligt war Werner Engels, in dessen Haus mit der Nummer 19 nach umfangreic­her Sanierung im Jahr 1987 ein Eissalon aus Düsseldorf Einzug hielt, „aber nur mit der Möglichkei­t einer Außenbestu­hlung, sonst lohnt es sich nicht“. Engels’ Verhandlun­gspartner bei der Stadtverwa­ltung war Beigeordne­ter Feller, der die sich bietenden Möglichkei­ten schnell erkannte und auch der Politik schmackhaf­t machte. Allerdings war es ein Weg kleiner Schritte, „denn es wurden nur vier Außentisch­e genehmigt“(Engels) und die mit einer von älteren Ratsherren belegten Kontrollfu­nktion versehen waren. Da hieß es: „Passt genau auf, dass die sich auch an die genehmigte Tischzahl halten“, erinnert sich Feller, der heute als Rechtsanwa­lt in Mönchengla­dbach tätig ist.

Ein waches Auge auf diese Aktion hatte Engelbert Eggerath vom Ordnungsam­t zu halten, der in Erkelenz bei seinen Kontrollgä­ngen den stets nett gemeinten Spitznamen „Kojak“hatte. Dies in Anlehnung an die berühmte US-Krimiserie Kojak – Einsatz in Manhattan, in der Hauptdarst­eller Telly Savals wie Eggerath eine markante Glatze trug – nur der Erkelenzer kam mit seiner Größe Richtung zwei Meter noch eindrucksv­oller daher. Und der an heißen (Eis-) Tagen nicht nur ein, sondern beide Augen zudrückte, denn schnell waren auch die 40 Stühle rund um zehn Tische besetzt.

Und heute ist der Erkelenzer Markt ein gastronomi­scher Renner erster Güte, auf dem bei schönsten Witterungs­bedingunge­n Platz für bald 350 Menschen ist, die zu vielen Gelegenhei­ten Lebensqual­ität tanken.

Oben links:

Oben rechts:

Mitte:

Unten links:

Unten rechts:

 ??  ?? Markt 1932 (v.l.) Nr. 22 Löwen-Apotheke, Nr. 21 und 22 Lebensmitt­el Otto Mess und Kaisers Kaffee gleich nebeneinan­der. Markt 2012, die Gruppe „beets ’n’ berries“macht an einem Samstagabe­nd Straßenmus­ik und alle Plätze in der Außengastr­onomie sind...
Markt 1932 (v.l.) Nr. 22 Löwen-Apotheke, Nr. 21 und 22 Lebensmitt­el Otto Mess und Kaisers Kaffee gleich nebeneinan­der. Markt 2012, die Gruppe „beets ’n’ berries“macht an einem Samstagabe­nd Straßenmus­ik und alle Plätze in der Außengastr­onomie sind...
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