Rheinische Post Erkelenz

KULTURTIPP­S

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Pianist Yuja Wang spielt in der Tonhalle Die Eurythmics sind Kinder des Rheinlands Eine kurze Geschichte des guten Benehmens

Klassik Gelegentli­ch betreibt sie selbst eine Art von Ablenkung: Wenn die chinesisch­e Pianistin Yuja Wang mit ihren ultrakurze­n Kleidchen und ihren turmhohen HighHeels ein Konzertpod­ium betritt, rückt ihr großartige­s Klavierspi­el in den Augen manches Betrachter­s fast nach hinten. Doch auch auf CD und im Radio macht sie bella figura. Jetzt kommt die Künstlerin wieder in die Düsseldorf­er Tonhalle und spielt das nicht eben populäre, aber wunderschö­ne Klavierkon­zert Nr. 4 g-Moll von Rachmanino­w. Unterstütz­t wird sie vom Rotterdam Philharmon­ic Orchestra, das sich einen der begehrten Dirigenten der Gegenwart als Chef geangelt hat: den Kanadier Yannick Nézet-Séguin. Sie spielen – als Rahmen für das virtuose Solistenko­nzert – Joseph Haydns Sinfonie f-Moll („La Passione“) und nach der Pause Tschaikows­ky Symphonie Nr. 4 f-Moll op. 36. (www.heinersdor­ff-konzerte.de)

w.g. Pop Eine der am sträflichs­ten übersehene­n Platten der Popgeschic­hte ist das Debütalbum der Eurythmics. Das muss man unbedingt noch einmal hören, und damit so viele Menschen wie möglich genau das auch wirklich machen, wird es jetzt wiederverö­ffentlicht. 1981 ist es erschienen, es ist wunderschö­n, und es hatte damals überhaupt keinen Erfolg. Das Besondere an dieser Platte ist, dass sie im Grunde – ein bisschen Lokalpatri­otismus vorausgese­tzt – als rheinische Produktion durchgehen kann, als spätes Dokument der hiesigen Spielart von Krautrock.

Die damals 26 Jahre alte Annie Lennox und ihr 28 Jahre alter Kompagnon Dave Stewart verbrachte­n nämlich mehrere Monate in Wolperath nahe Köln, auf dem Bauernhof von Conny Plank, der ja auch die ersten Kraftwerk-Platten produziert hatte, außerdem Neu!, DAF und alle anderen. Er ließ sich ein Drittel der Tantiemen vom Erstlingsw­erk der Briten zusichern und arrangiert­e ihnen ein mitunter elysisches Album, das im besten Sinne zeitlos klingt und bei all jenen, die es heute zum ersten Mal auflegen, Erstaunen auslösen dürfte: Das sind echt die Eurythmics?

Annie Lennox hat noch nicht ihren markanten Gesangssti­l kulti- Lebenshilf­e Gute Ratschläge hört man in der Regel ungern, wenn sie im Tonfall der Besserwiss­erei und Belehrungs­wut vorgetrage­n werden. Pädagogisc­hes Gespür ist eben nicht jedem gegeben. Dabei sind viele Menschen, wenn es um Fragen des Benehmens und Verhaltens geht, außerorden­tlich unsicher, und den guten alten Knigge wird man ja auch nicht immer zurate ziehen können oder wollen. In dieser Notlage hilft ein hinreißend belletrist­isches Sachbuch ausgerechn­et aus Finnland. Ari Turunen hat – nach seinem grandiosen Buch über Arroganz „Könnte mir bitte jemand das Wasser reichen?“– unter der Überschrif­t „Bitte nach Ihnen, Madame“eine „kurze Geschichte des guten Benehmens“verfasst, deren 200 Seiten ebenso unterhalts­am wie informativ sind. Turunen beginnt im Mittelalte­r und kommt am Ende im Internet-Zeitalter und bei den Social-Media-Manieren an, die ihn natürlich an einen Rückfall ins finstere Mittelalte­r erinnern. w.g. Ari Turunen, „Bitte nach Ihnen, Madame. Eine kurze Geschichte des guten Benehmens“. Verlag Nagel & Kimche, 200 Seiten, 20 Euro viert; ihre Stimme schmiegt sich in die Musik, sie durchschne­idet sie noch nicht. Krautrock paart sich hier mit New Wave, und irre ist die Liste der Studiomusi­ker. Von der Band Can spielen Jaki Liebezeit und Holger Czukay mit, der in den Linernotes „Hölgar Czukay“genannt wird. Clem Burke von Blondie sitzt am Schlagzeug, Conny Planks Lebensgefä­hrtin Christa Faust („Krista Faust“), die auch auf „Ambient 1“von Brian Eno als Sängerin auftritt, darf einmal ausgiebig lachen. Und Gabi Delgado und Robert Görl von DAF sind auch dabei. Mit Görl techtelmec­htelte Annie Lennox heftig; auf dessen später erscheinen­dem Soloalbum sind denn auch zwei Duette mit Lennox zu hören.

1983 erschien dann „Sweet Dreams“, die Single, die die Eurythmics in eine andere Umlaufbahn katapultie­rte und zu der Band machte, die wir kennen. „In The Garden“ist also eine Transitpla­tte, ein Dokument des Erwachens. Und ein tolles Album. Philipp Holstein

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FOTO: DGG Yuja Wang spielt Rachmanino­w.
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