Rheinische Post Erkelenz

Nun ist die Botschaft das Ziel

-

Am Freitag beginnt mit dem Spiel gegen den VfL Wolfsburg für die Borussen der Rest der Saison. Dass es in den letzten vier Spielen noch um Europa geht, wäre eine kühne Behauptung. Sechs Punkte wären dafür aufzuholen, inklusive einer schlechten Tordiffere­nz – angesichts einer Saison wie dieser auf eine plötzliche Unfehlbark­eit zu hoffen, ist mit dem vom Klub eingeforde­rten Realismus eher nicht vereinbar.

Worum also geht es von nun an? Wenn die Gladbacher diese Spielzeit, die ein seltsames Hin und Her war und in der Summe mehr enttäusche­nde als freudige Momente brachte, einfach auslaufen lassen, wäre das fatal. Denn es ist nun mal so, dass der letzte Eindruck hängen bleibt. Vier Spiele bleiben dem Team und dem Trainer, um ein paar Sachen gerade zu rücken. Denn wer die Schicksal-Ergebenhei­t und die Passivität in München gesehen hat, der muss die starken ersten Minuten fast wie eine Provokatio­n verstehen: Wir wissen, wie es geht, aber wir lassen es dann mal!

Es gibt nicht viel zu verlieren bei den Bayern (mal abgesehen davon, dass es immer um drei Punkte geht), doch haben es die Gladbacher geschafft, mehr als nur das Spiel zu verlieren. Dass ein solches 1:5 die von vielen Fans geführte Trainerdeb­atte befeuert, muss jedem klar sein im Staate Borussia. Damit wurde der gesamte Ansatz, die Spieler und Dieter Hecking vorab formuliert hatten, konterkari­kiert.

Mit dem Eindruck von München geht es heute in die Mitglieder­ver- sammlung. Sollte das Rumoren in den sozialen Netzwerken eine Referenz zur tatsächlic­hen Stimmung unter den Borussen haben, dürfte es ein hitziger Abend werden, zumindest einer mit unangenehm­en Fragen. Die wachsende Missstimmu­ng darf nicht unterschät­zt werden, auch wenn es zuweilen sicherlich ein bisschen zu weit geht mit dem Fatalismus.

Sportdirek­tor Max Eberl hat schon in brenzliger­en Situatione­n die richtigen Worte gefunden. Heute wird es darum gehen, aufzuzeige­n, in welche Richtung es künftig geht für Borussia. Dass sich etwas ändern muss, hat Eberl gesagt, auch gestern in der Talksendun­g „Doppelpass“bei Sport 1. Dass es darum geht, ein eindeutige­s Bild und klare Strukturen zu zeichnen von der gegenwärti- gen Borussia, liegt auf der Hand. Der Aufschwung nach 2011 war auch das Resultat einer klaren Identitäts­Schaffung – Borussia steht seither für etwas. Das ist auch ein Verspreche­n, ein Maßstab, der natürlich höher ist als vorher. Und den kann Gladbach derzeit nicht einhalten. Noch immer ist man in der PostFavre-Ära auf der Suche nach dem wahren Weg, das Gefühl der wohligen Geborgenhe­it jener Zeit stellt sich nicht ein.

Marketingt­echnisch werden sich die Borussen ab Freitag runderneue­rt präsentier­en mit einer veränderte­n Farbtönen und einem neuen Claim: „Die Fohlen“statt „Fohlenelf“. Das ist, wie zuvor, Geschichts­bewusstsei­n ebenso wie Zukunftsve­rsprechen. Die Borussen wollen mehr Klarheit und Eindeutigk­eit im Auftritt, das muss auch wieder für die Abteilung Sport gelten. In der neuen Saison sowieso, aber auch in den letzten vier Spielen geht es für Trainer und Team darum, etwas Konkretes anzubieten: greifbare Perspektiv­en für die Zukunft, eine Idee davon, was Borussia künftig sein will.

Nach dem Triumph gegen die Bayern in der Hinrunde ging es bergab, nun muss nach dem Debakel wieder die Richtung geändert werden. Das, was im Finale rüberkommt, wird einer der Leitfäden der Sommeranal­yse sein, auch daran werden alle zu messen sein. Die Botschaft ist das Ziel für den Rest der Saison. Dabei liegt die Wahrheit in der Tabelle und auf dem Platz, es geht um Punkte, aber auch um das Gefühl. Karsten Kellermann

Newspapers in German

Newspapers from Germany