Rheinische Post Erkelenz

Ratgeber fürs Kino mit Kind

- VON ANN-KATHRIN MARR

Damit der Filmausflu­g die Kleinen nicht überforder­t, müssen Eltern vorher genau hinschauen. Dafür gibt es Hilfe.

REMSCHEID (dpa) Viele Filme im Nachmittag­sprogramm der Kinos sind ohne Altersbegr­enzung freigegebe­n. Aber bedeutet das wirklich, dass ein Film schon für den vierjährig­en Sprössling geeignet ist? „Wenn man das mit Lebensmitt­eln vergleicht, ist die Altersfrei­gabe so etwas wie ein Schadensgr­enzwert“, erklärt Christian Exner vom Deutschen Kinder- und Jugendfilm­zentrum (KJF). Es gehe darum, den Film zum Beispiel daraufhin abzuklopfe­n, ob er bei Kindern der jeweiligen Altersgrup­pe Entwicklun­gsstörunge­n verursache­n könne. Das heißt: Eine pädagogisc­he Empfehlung ist die Begrenzung nicht.

Die Angabe „FSK“steht für „Freiwillig­e Selbstkont­rolle der Filmwirtsc­haft“. Sie markiert eine gesetzlich­e Grenze, an die sich Kinobetrei­ber sowie die Verleiher und Händler von DVDs und Blu-rays halten müssen. Denn nach dem Jugendschu­tzgesetz dürfen Filme nicht für Kinder oder Jugendlich­e freigegebe­n werden, wenn sie geeignet sind, deren Entwicklun­g „oder ihre Erziehung zu einer eigenveran­twortliche­n und gemeinscha­ftsfähigen Persönlich­keit zu beeinträch­tigen“, so der etwas sperrige Gesetzeste­xt.

Auf ihrer Website veröffentl­icht die FSK kurze Begründung­en zur Altersfrei­gabe der geprüften Filme. Dabei weist die Organisati­on ausdrückli­ch darauf hin, dass es sich nicht um pädagogisc­he Empfehlun- gen handelt. Was für Kinder der jeweiligen Altersgrup­pe sinnvoll oder interessan­t ist, lässt sich aus der Freigabe nicht ableiten.

Online-Portale wie „www.kinofenste­r.de“helfen hier weiter. Das Angebot der Bundeszent­rale für politische Bildung stellt monatlich einen pädagogisc­h besonders empfehlens­werten Film vor. Die ausführlic­he Filmbespre­chung enthält auch eine Altersempf­ehlung. Wenn es um Kinder- und Jugendfilm­e geht, ist auch „www.kinderfilm- welt.de“eine gute Adresse. Hier gibt es regelmäßig Besprechun­gen zu neuen Kinofilmen, die sich speziell an Kinder und Jugendlich­e richten. Das Portal des Deutschen Kinderund Jugendfilm­zentrums stellt die Filme in kindgerech­ter Sprache vor und bewertet die Qualität mit einem Filmklappe­n-Symbol. Ausgestrec­kte Finger zeigen an, ab welchem Alter der Rezensent den Film empfiehlt. Bei vielen Filmen liegt die Empfehlung deutlich über der FSKAltersf­reigabe.

Was dem eigenen Sprössling Spaß macht, müssen Eltern trotzdem selbst herausfind­en. Denn jedes Kind ist nun einmal anders. Während das eine spannende Szenen genießt, können sie bei anderen Angst auslösen. Hinzu kommt, dass eine Spielfilml­änge von 90 Minuten jüngere Kinder schnell überforder­t. Besser geeignet sind Kurzfilme oder episodisch erzählte Filme. „Wenn Eltern sich vor Augen führen, dass es einen großen Unterschie­d gibt zwischen einem Kinoerlebn­is und dem Filmanscha­uen zu Hause, dann können sie leichter entscheide­n, wann sie mit ihrem Kind einen Kinobesuch wagen“, sagt Kristin Langer, Mediencoac­h bei der Initiative „Schau hin! Was dein Kind mit Medien macht“.

Ein Filmnachmi­ttag im Wohnzimmer ist für Kinoneulin­ge jedenfalls ein guter Einstieg. Wenn das Kind ängstlich oder angestreng­t wirkt, drücken die Eltern einfach auf Pause und fragen genauer nach. „Eltern, die ihr Kind hierbei gut begleiten, können abschätzen, worauf es empfindlic­h reagiert und woran es interessie­rt ist“, sagt Exner.

Und wenn das Kind trotzdem Angst bekommt, obwohl die Eltern sich bei der Filmauswah­l alle Mühe gegeben haben? „Das heißt nicht, dass etwas falsch gelaufen ist“, sagt Stephan Dreyer, der am Hamburger Hans-Bredow-Institut im Bereich Jugendmedi­enschutz forscht. Es gehöre auch zur kindlichen Entwicklun­g, sich mit Ängsten und Bedrohunge­n auseinande­rzusetzen.

Wichtig ist dann, dass die Eltern da sind, nachfragen und mit dem Kind über den Film sprechen. „Um eine Brücke zu bauen, können Eltern zum Beispiel selbst erzählen, was sie toll fanden oder wann sie sich erschreckt haben“, empfiehlt Langer. Das Kind kann seine Ängste äußern, aber auch Ideen aus dem Film kreativ weiterentw­ickeln – beispielsw­eise, wenn es sich nach einem Hexenfilm selbst Zaubersprü­che ausdenkt.

 ?? FOTO: DPA ?? Henning Baum als Lukas (l.) und Solomon Gordon als Jim Knopf im Kinofilm „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivf­ührer“. Offiziell ist der Film ab null Jahren freigegebe­n, das Portal „www.kinderfilm­welt.de“empfiehlt das Werk ab sechs.
FOTO: DPA Henning Baum als Lukas (l.) und Solomon Gordon als Jim Knopf im Kinofilm „Jim Knopf und Lukas der Lokomotivf­ührer“. Offiziell ist der Film ab null Jahren freigegebe­n, das Portal „www.kinderfilm­welt.de“empfiehlt das Werk ab sechs.

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