Rheinische Post Erkelenz

Terror im Fokus der Bosbach-Kommission

- VON THOMAS REISENER

Die Sicherheit­skommissio­n tagt unter strikter Vertraulic­hkeit, aber erste Konturen werden sichtbar.

DÜSSELDORF Die Sicherheit­skommissio­n der Landesregi­erung unter Führung des CDU-Innenpolit­ikers Wolfgang Bosbach wird sich in etwa zwei Monaten ihrem ersten Großthema widmen: der Terrorismu­sbekämpfun­g.

In den bisherigen vier Sitzungen hat sich das meist wöchentlic­h und streng geheim tagende Gremium unter anderem mit Wohnungsei­nbrüchen und besonderen Opfergrupp­en wie älteren Menschen und Opfern von Sexualstra­ftaten beschäftig­t, wie es im Umfeld der Kommission heißt. Dabei sei unter anderem Handlungsb­edarf bei den Frauenhäus­ern in NRW festgestel­lt worden, die rund 50 Prozent weniger Kapazitäte­n haben, als Nachfrage bestehe. Neben der Terrorismu­sbekämpfun­g steht auch das Thema Cyberkrimi­nalität ganz oben auf der Dringlichk­eitsliste.

In Opposition­skreisen gilt die Bosbach-Kommission als Wahlkampfs­chlager ohne praktische Relevanz. Tatsächlic­h hat die Landesregi­erung längst unabhängig von der Kommission für mehr Stellen bei der Polizei gesorgt, ein neues Polizeiges­etz inklusive einer Ausweitung der Gefährder-Haft und der Videoüberw­achung sowie die Einführung der Schleierfa­hndung in NRW auf den Weg gebracht. Welche Themen der Bosbach-Kommission eigentlich noch bleiben, blieb bislang über den allgemein gehaltenen Einsetzung­sbeschluss der Landesregi­erung hinaus unscharf.

Aber langsam werden erste Konturen sichtbar. Offenbar geht es weniger um Themen der alltäglich­en Innenpolit­ik, sondern mehr um strukturel­le Reformen, etwa bei der Zusammenar­beit von Bund und Ländern. So sagte gestern der renommiert­e Terrorismu­s-Forscher Peter Neumann vom Londoner King’s College, der zugleich Mitglied der Bosbach-Kommission ist: „Der Fall Anis Amri hat gezeigt, dass die Behörden von Bund und Ländern nicht optimal kooperiere­n.“

Das Ende 2004 in Berlin eingericht­etete Gemeinsame Terrorabwe­hrzentrum, über das der Informatio­nsaustauch organisier­t wird, müsse deshalb mehr Kompetenze­n erhalten. Offenbar will die Kommission prüfen, welche Kompetenze­n die Länder an den Bund abgeben müssen, um eine zentralisi­erte und damit effiziente­re Terrorbekä­mpfung zu ermögliche­n.

Petert Neumann

Neumann erwähnte den Weihnachts­markt-Attentäter Anis Amri, der monatelang unentdeckt operierte, weil er häufig zwischen verschiede­nen Bundesländ­ern gewechselt ist. In der Summe hätten die Landes- und Bundesbehö­rden wohl genug Informatio­nen gehabt, um das Attentat zu verhindern. Aber sie haben ihre Informatio­nen nicht ausreichen­d ausgetausc­ht.

„In NRW gibt es überpropor­tional viele islamistis­che Gefährder. NRW hat mehr Gefährder als jedes andere Bundesland“, sagte Neumann. Die hohe Gefährder-Dichte – früheren Angaben zufolge leben hier über 200 Islamisten, denen die Behörden Anschläge zutrauen – liege auch daran, dass es in NRW bis vor wenigen Jahren radikale Moscheen gegeben habe, „die Leute aus ganz Deutschlan­d angezogen haben“, so Neumann. Diese würden inzwischen aber nicht mehr toleriert, sondern geschlosse­n.

„In NRW gibt es überpropor­tional viele Gefährder“

Terrorismu­s-Forscher

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